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Der Fall von Katara

Der Fall von Katara

Titel: Der Fall von Katara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo L. Wuldt
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kann aber nicht schießen“, gestand Erek.
    „Das macht nichts. Ich schieß für dich mit.“
    „Hast du diese Waffen auch aus dem Müll gezogen?“, fragte Erek, als er in Zardoschs Tasche hineinschaute und deren Innenleben bewunderte.
    „Nein, nein. Das ist eine hochmoderne Minikaliberwaffe. Sie hat einen 1,5-Millimeter-Lauf. Ihr Gehäuse ist aus Kunststoff, und sie schießt mit Druckluft zweihundert Geschosse in der Minute ab. Man verwendet Spezialkunststoffmunition, die mit Nanopartikeln beschichtet ist. Sie lösen sich auf, sobald sie mit Blut in Berührung kommen. Das führt zu einer biochemischen Reaktion, die augenblicklich ein schnell wirksames LSD-Derivat mit einer langen Depotwirkung freisetzt. Das verhindert jede Form von Aggression. Diese Waffe verwandelt eine Kampfeinheit von blutrünstigen Soldaten in einen Streichelzoo für Kinder. Es gibt sogar Leute, die sich diese Munition selbst irgendwohin schießen, nur um einmal die Sorgen des Alltags zu vergessen. Aber keine Angst! Ich mache das nicht“, erklärte Zardosch ausführlich.
    Nachdem sich der Hochgeschwindigkeitsreisebus geschlossen hatte, rangierte er aus der Parkbucht hinaus und fädelte sich in die Hauptverkehrsader ein. Als Erek aus dem Busfenster einen kurzen Blick wagte, sah er eine Gruppe wütender Männer, die mit verzerrten Gesichtern vergeblich versuchten, den fahrenden Bus zu erreichen. Er erkannte, dass einer dieser Männer eine modifizierte Banane aus seiner Innentasche herausholte und damit auf das Busfenster zielte. Doch er wurde von einem anderen Mann aufgehalten, der die Banane nach unten drückte und anfing, den Bananenmann zu beschimpfen. Die mysteriösen Angreifer ersparten sich weitere Aktionen und ließen vom Bus ab. Nach wenigen gefahrenen Kilometern gab die Statusanzeige von Ereks neuer Brille Entwarnung. Auch die Pop-up-Fenster verschwanden augenblicklich, ohne dass er daran denken musste.
    Diese sonderbaren Brillen waren Vorläufermodelle der Spezial-Tele-Sonnenbrillen, die TSBs genannt wurden und sich momentan in der Geheimausstattung des katarischen Militärs befanden. Diese TSBs waren nur sehr wenigen bekannt, da Militärtechnologie für die breite Masse nicht zugänglich war und auch Informationen darüber der strengsten Geheimhaltung unterlagen. Deswegen wurde auch die Existenz solcher Technologien vehement bestritten.
    Der Hochgeschwindigkeitsreisebus befand sich auf seinem Weg nach Negidu und würde erst an der nächsten Haltestelle in Fuchshausen wieder einen kurzen Zwischenstopp einlegen. Erek war froh, dass er sich durchgerungen hatte, heute das Haus zu verlassen, sonst wäre wahrscheinlich alles anders gekommen. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass es eine gute Idee war, sich Zardosch anzuschließen. Erek hatte sich schon immer für die Yakkis und deren Kultur interessiert, bisher aber noch nicht die Gelegenheit gehabt, eine Reise ins Malakka-Gebirge zu unternehmen. Usiris hatte ihn gefangen gehalten. Diese Megastadt war ein riesiger Schrottmagnet; und Erek war nur ein Eisenspan unter vielen Eisenspänen.
     
     

Kapitel 2: Die Denkfabrik von Katara
     
    Im Innenstadtbereich von Usiris zwischen der Meldebehörde und dem Sozialamt gab es ein Gebäude, in dem sich ein alteingesessener Blumenladen befand. Darin war die Denkfabrik von Katara versteckt. Nur die Besten der Besten, die Elitedenker, trafen sich dort heimlich unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit und analysierten die Probleme des Landes. Sie berieten jeden, der angemessen bezahlte: Spitzenpolitiker, Drohnenkönige oder die Müllmonopolisten.
    Sie planten Geheimoperationen und überwachten alle Arten von Denkprozessen. Jede Regierung brauchte diese Fachleute, die sich tief in die Materie einarbeiteten, indem sie mit neuartigsten Logarithmen und Parametern die kompliziertesten Sachverhalte ausrechneten. Manche behaupteten sogar, dass diese Gedächtnisjongleure mit wasserstoffgekühlten Hochleistungscomputern die Zukunft bestimmen könnten. Das hätte durchaus einiges erklärt.
    Zum Beispiel die Tatsache, dass Politiker nachweislich nicht besonders gerne nachdachten, sondern ihre Fähigkeit eher darin bestand, dem Volk aufs Maul zu schauen, um genau das zu sagen, was das Volk hören wollte. Diese Situation überforderte das politisch-neurale System bis aufs Äußerste, sodass die Abgeordneten keine Zeit mehr hatten, über alles nachzudenken. Sie verschwendeten lieber Millionen Euro von Steuergeldern, um sündhaft teure Expertisen von diesen

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