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Der Fall von Katara

Der Fall von Katara

Titel: Der Fall von Katara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo L. Wuldt
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Sachkundigen einzuholen, mit dem Ziel
    1. ihre eigenen Positionen abzusichern
    2. unangenehmen Entscheidungen Immunität zu verleihen
    3. die finanzielle Belastung auf die arme Volksmasse umzuwälzen
    4. die Kriegstreiberei weiterhin zu legitimieren
    5. die Schuldenlast des Einzelnen in die Höhe schnellen zu lassen
    6. Bankenrettung, Staatenrettung und Finanzdiktate zu etablieren
    7. die Gesellschaft durch unterbewusst geschorene Ängste zu kontrollieren und
    8. die Gleichschaltung der Medien durch Tabuthemen, Pflichtthemen und identische Wetternachrichten zu gewährleisten. Schließlich geschah dies alles zum Wohle des Friedens zwischen den Völkern und durfte von Querdenkern oder Oppositionellen nicht in Frage gestellt werden.
    In den hinteren Räumen des Blumenladens war die Operationseinheit der Denkfabrik untergebracht, deren Hauptaufgabe es war, Erdachtes in die Tat umzusetzen. Hier lagerten Waffen, Überwachungshardware, Kampfdrohnen und jede Menge modifiziertes Obst und Gemüse mit einer Sprengkraft von zwei Supervulkanen. Diese hochmoderne und von Steuergeldern finanzierte Anlage wurde von keinem Geringeren geleitet als dem Geheimdienstchef des Bundes Poligäischer Staaten, Kotan Hariri der Erste. Er war ehemaliger Fallschirm- und Schürzenjäger der Malakka-Einheit im rebellischen Ostterritorium gewesen, bevor er eine Anstellung als Florist bekam. Danach arbeitete er sich bis an die Spitze dieser illustren Gesellschaft aus Rosenkriegern und Blumenpräparatoren hoch. Kotan Hariri, sein Name war Programm. Alle Geheimdienstoperationen des Landes trugen seine Unterschrift. Sein Wort war ehernes Gesetz.
    Er hatte Massen an Profilern, Analysten und Informanten hinter sich, auf die er sich verlassen konnte. Ihre Loyalität reichte bis weit über den Tod hinaus. Gemeinsam planten sie Einsätze unter falscher Flagge, um kontraproduktive Kräfte der Gesellschaft zu destabilisieren. Diese Vorgehensweise war in einer Technokratie unumgänglich. Doch Kotan Hariri war nur ein Mittelsmann, ein unkritischer Befehlsempfänger, der in letzter Instanz seine Anweisungen von ganz oben bekam. Genauer gesagt vom Stockwerk über ihm, in dem die Kommandozentrale der Denkfabrik von Katara und zugleich die Sammelstelle für alle Gehirnaktivitäten untergebracht war.
    Die letzte Etage über der Denkfabrik wurde bewusst leer gelassen, damit alle darunter ungestört denken konnten, zumal bis zum letzten Jahr noch umtriebige Mietnomaden darin gehaust hatten, die herausgeklagt werden mussten. Der Lärm war stellenweise so unerträglich gewesen, dass man sich geschworen hatte, das obere Stockwerk nie wieder zu vermieten. Stattdessen füllte man die etwa vierhundert Quadratmeter Wohnfläche mit verdichtetem Stroh auf, das ein Strohbauer aus dem Umland zum Selbstkostenpreis bereitgestellt hatte. Dennoch war dieses Spezialstroh so immens teuer, dass es mit Gold aufgewogen wurde, weil auf ganz Poligäa nur ein einziger Bauernhof darauf spezialisiert war. Es war der Simbel-Hof. Das jüngst verstorbene Oberhaupt dieser rustikalen Kleinfamilie, der Bauer Sokrates Simbel, hatte bis vor Kurzem dieses Spezial-Stroh auf einem kargen Acker in rauen Mengen angebaut. Es war eine Stelle, an der vor ungefähr tausend Jahren der Müll eines entfernten Planeten entsorgt worden war.
    Ein Müllfrachtschiff der Akujoner hatte damals einen heißen Tipp von befreundeten Dadelanern bekommen, dass man sensiblen Sondermüll in unscheinbaren Kratern auf Tenemos verklappen könnte. Auf jeden Fall enthielt diese brisante Ladung ausschließlich Bleibatterien, deren Haltbarkeitsdatum schon über Hunderte von Jahren abgelaufen war. Da die Akujoner den Müll aber nicht auf legalem Wege loswerden wollten, hatten sie die vielen Batterien in einer Nacht- und Nebelaktion in jenes Loch gekippt und Erde darauf geschüttet, sodass Bauer Simbel fast tausend Jahre später diesen Acker erfolgreich bestellen konnte. Aus diesem Grund war sein Stroh so stark mit Blei verseucht gewesen, dass es die höchsten Preise auf den Strohmärkten weltweit erzielt hatte; denn es gab bis dato noch keinen besseren Schutz gegen die gefährliche UV-Strahlung von Sirius.
    So war jedes dieser metallisch glänzenden Grashälmchen einzeln kontrolliert, katalogisiert und gestriegelt worden. Dieser Acker war eine wahre Goldgrube für Bauer Simbel gewesen, sodass er dadurch steinreich geworden war. Doch man sollte nicht glauben, dass ihm dieser Reichtum zu Kopf gestiegen wäre. Nein. Ganz im Gegenteil.

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