Der Fall von Katara
bereitstand. Er erzeugte ein permanentes Magnetfeld, das so stark war, dass es die Gehirntätigkeit beeinträchtigen und sogar schädigen konnte. Als Frau Alonis vorhin den Jet verließ, hatte sie das Magnetfeld deaktiviert und danach wieder aktiviert, damit der Jet nicht geklaut werden würde.
Jetzt ging die Tele-Funktion aber nicht mehr, sodass sie nun vor verschlossenen Türen stand und getrennt von einem starken Magnetfeld war, durch das sie hindurchgehen musste. Jede Sekunde war kostbar. In der Mitte des Feldes wäre die Beeinträchtigung nicht mehr relevant, dachte sie sich. Sie könnte dann sogar die Maschinen und alles andere steuern. Sie musste unbedingt an den Spezial-Gleiter herankommen, der in der Nase des FK-19-Jets untergebracht war. Sie konzentrierte sich auf das Magnetfeld. Obwohl es lange her war, dass sie ihren Körper diesen Belastungen ausgesetzt hatte, war sie als Kampfpilotin so einiges gewohnt. Sie näherte sich dem Magnetfeld und wusste, dass es jetzt ernst für sie werden würde.
Sie versuchte, schnell hindurchzuschreiten, aber die Zeit verlangsamte sich auf magische Weise. Das war ein Nebeneffekt, den sie ignorieren musste. Sie spürte ein starkes Ziehen im Hinterkopf, als würde irgendetwas sie zurückhalten wollen. Sie nahm jetzt aber all ihren Mut zusammen und ging in das Magnetfeld hinein. Ihr kam dabei in den Sinn, wie sie damals in jungen Lehrjahren von ihrem Meister Don Kobayaschy den widrigsten Prüfungen unterzogen worden war. Sie erinnerte sich daran, wie sie stundenlang auf nur einem Zehen auf dem Stumpf eines Bambusstockes balancieren und dabei die Yakkische Nationalhymne singen musste. Sie hatte diese Höllenqualen nur deswegen ausgestanden, weil sie Don Kobayaschy wie einen vermenschlichten Gott geliebt hatte.
Das Ziehen in ihrem Kopf entwickelte sich plötzlich zu einem starken Druck, sodass sie glaubte, jemand hätte ihr Gehirn in einen Schraubstock eingespannt. Dann wechselte sich das Drücken und Ziehen immer wieder ab, als würde etwas oder jemand versuchen, ihre Gehirnwindungen zu verdrehen, aufzublasen und zu zerquetschen. Sie kämpfte mit all ihrer Kraft gegen diese Tortur an. Sie schien in einem unsichtbaren Käfig aus Strahlung gefangen zu sein. Doch bald war der dumpfe Schmerz verschwunden, und die Benommenheit wich der Klarheit.
Frau Alonis hatte den Gefahrenbereich passiert und befand sich nun unter dem Aufzug des Jets. Sie dachte an einen bestimmten Zahlencode, woraufhin die Startrampe herabschwebte und die Plattform auf dem Boden sachte zum Stehen kam. Sie stieg ein und fuhr nach oben ins Cockpit. Sie checkte sofort alle Systeme durch und stellte zufrieden fest, dass sie noch bestens funktionierten. Sie liefen auf Sparflamme, weil das Magnetfeld sehr viel Energie benötigte. Auf den Magnetfeldgürtel des Jets war Verlass. Sogleich entriegelte Frau Alonis die elektronische Sperre der Bodenklappe, öffnete die Durchgangsluke zum Spezial-Höhlengleiter und schob sich durch den engen Spalt hinein.
In einem Zwischenraum gab es noch zwei Sicherheitsbolzen, die sie von Hand entfernte. Als sie die Bolzen sprengte, gab es einen unsanften Rückstoß, wobei sie sich die Fingerknöchel am Metallrahmen des Innenraumgewölbes anschlug. Kurze Zeit später glitt eine Schiebetüre unterhalb des kleinen Cockpitfensters nach hinten. Wie eine gelenkige Spinne kroch Frau Alonis durch den Eingang ins Innere des Spezial-Gleiters hinein. Sie machte mit der ID-Karte den Bordcomputer an und überprüfte auch hier wieder alle Funktionen, wie Kabinendruck, Sauerstoff-Stickstoffgehalt der Atemluft, Klimaanlage und Tankanzeigen. Mit einem Knopfdruck startete sie den Motor, während gleichzeitig die Laderampe unter ihr aufging. Augenblicklich sank das Flugzeug nach unten und schwebte einen halben Meter über dem Boden.
Es war ein katarischer Silberpfeil und hatte eine ähnliche Form, wie die Spezial-Gleiter der Yakkis, konnte aber mit sieben Antriebsarten gefahren werden. Wasserstoff-, Strom-, Wasserstoffperoxyd-, Kernreaktor- und Pressluftantrieb waren der serienmäßige, übliche Standard. Der katarische Silberpfeil konnte jedoch, wenn sämtlicher Treibstoff aufgebraucht war, auch mit Helium geflogen werden, wobei sich eine Doppelwand mit diesem Gas füllte und dem Gleiter den gewünschten Auftrieb gewährte. Man musste dann nur noch von hinten anschieben und wie beim Bob-Rennen schnell einsteigen. Oder man benutzte den sechsten Antrieb, den Ionenantrieb, um weite Strecken reibungslos
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