Der Fall
Gedanke ist mir bisher kein einziges Mal gekommen – bis ich Sie beide vorhin zusammen in der Kabine gesehen habe.«
»Was ist in der Kabine passiert?«, fragte Sara.
»Ja«, schloss sich Moore an. »Was soll da passiert sein?«
»Nichts für ungut – schließlich bedeuten Sie mir beide sehr viel –, aber sind Sie wirklich so blind?«
»Ich?«, fragte Sara. »Ich bin nicht –«
»Vergessen Sie einfach mal, wie er darauf gekommen ist«, sagte Moore zu Sara. »Das braucht uns im Moment nicht zu interessieren.« Moore verließ das Abteil und trat auf Guff zu. »Wenn das Motiv wirklich Wollust war, was heißt das für uns konkret?«
»Keine Ahnung«, sagte Guff. »Diese Idee ist mir eben erst gekommen. Ich hatte noch keine Zeit, weiter darüber nachzudenken.«
»Vielleicht war Arnold Doniger schwer krank. Vielleicht hat sie ihn getötet, um ihn von seinem Leiden zu erlösen«, schlug Moore vor. »Dann hätten wir einen Mord aus Liebe.«
»Auf keinen Fall«, sagte Sara. »So nett ist sie nicht.«
»Vielleicht war sie in jemand anders verliebt«, sagte Guff, »und sie hat ihren Mann getötet, um mit ihrem Geliebten leben zu können.«
»Zu romantisch«, sagte Moore. »Außerdem sind sogar New Yorker so zivilisiert, dass sie in so einem Fall die Scheidung einreichen.«
»Nicht, wenn sie durch den Tod ihres Ehepartners etwas zu gewinnen haben«, hielt Sara dem entgegen.
»Wie meinen Sie das?«, fragte Moore.
»Was ist, wenn die Person, die Claire Doniger liebt, eine der Personen ist, die einen Teil des Erbes erhalten?«
»Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen«, sagte Guff. »Demnach haben also beide Kozlow damit beauftragt, ihren Mann umzubringen. Sie sorgt dafür, dass er problemlos ins Haus kommt, ihr Geliebter bezahlt die Rechnung.«
»Da wäre nur ein kleines Problem«, sagte Moore. »Laut Testament geht der ganze Besitz an gemeinnützige Organisationen.«
»Bis auf einen Posten«, korrigierte ihn Sara. »Echo Enterprises. Die Firma geht an die anderen Teilhaber.«
»Sie glauben also, einer von Arnold Donigers Partnern geht mit Claire Doniger ins Bett, und als sie merken, Arnolds Tod würde ihnen nicht nur ermöglichen zusammenzuleben, sondern sie auch beide reich machen, heuern sie Kozlow an und bringen Arnold um die Ecke?«
»Klingt durchaus einleuchtend«, sagte Guff.
»Finde ich auch«, sagte Sara. »Obwohl ich noch mal klarstellen möchte, dass eben in der Kabine absolut nichts war.«
»Jetzt hören Sie aber mal«, protestierte Guff. »Geht die Sonne im Osten unter? Tragen die New Yorker gern Schwarz? Wurde Elvis in einem weißen Anzug, einem taubenblauen Hemd und einer Kaschmirkrawatte begraben? Ja, ja und ja. Wir sind alle einfache Geschöpfe. Merke ich also, was Sache ist, wenn ich jemanden flirten sehe? Auf jeden Fall.«
»Die Sonne geht nicht im Osten unter«, machte Moore geltend. »Sie geht im Westen unter.«
Guff sah kurz Sara an, dann wieder Moore. »Das ändert nichts an den Tatsachen!«, übertönte Guff Saras Gelächter. »In diesem Abteil wurde geflirtet!«
14
Rafferty saß schlecht gelaunt hinter dem antiken Schreibtisch in seinem Büro bei Echo Enterprises. Das Frühstück mit Claire war anstrengend gewesen, das Geschäftsessen bei CBS eine Qual, und trotzdem stand ihm das Schlimmste noch bevor – Kozlow war in seinem Büro. »Sie sollten mal mit Elliott reden. Wir kriegen langsam Probleme.«
»Das brauchen Sie mir nicht zu sagen«, erwiderte Kozlow, der auf einem der zwei Stühle vor Raffertys Schreibtisch saß. »Sie sind derjenige, der –« Das Läuten von Raffertys Telefonanlage unterbrach ihn mitten im Satz.
»Was ist, Beverley?«, fragte Rafferty.
»Sir, hier ist eine Sara Tate«, sagte seine Sekretärin. »Sie sagt, sie möchte Sie sprechen.«
»Sie ist schon hier?« Raffertys Hand schloss sich fester um den Hörer.
»Ja, Sir. Sie sagt, sie sei von der Bezirksstaatsanwaltschaft und würde Sie gern einen Moment sprechen.«
Rafferty überlegte einen Augenblick, bevor er sagte: »Beverley, hören Sie mir jetzt bitte sehr genau zu. Ganz gleich, was Ms. Tate sagt, lassen Sie sie auf keinen Fall wissen, wer gerade bei mir in meinem Büro ist. Wenn sie Sie fragt, haben Sie keine Ahnung, wer Tony Kozlow ist, und haben nie etwas von ihm gehört. Lassen Sie mir fünf Minuten Zeit. Dann gebe ich Ihnen Bescheid, dass Sie sie reinlassen können.«
Im selben Moment, in dem Rafferty den Hörer auflegte, sagte Kozlow: »Sara Tate hat hier angerufen?«
»Wenn es nur das
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