Der Fall
Einbrecher. Nach Durchsuchung der Taschen des Täters kamen eine diamantenbesetzte Ebel-Uhr, ein Golfball aus Sterlingsilber und vierhundertundsiebzig Dollar zum Vorschein, die alle dem Opfer gehörten.«
»Damit«, sagte Moore, »haben Sie etwa drei Prozent dessen, was tatsächlich passiert ist.«
»Warum?«, fragte Sara verwirrt.
»Weil das bei Festnahmen immer so ist – jeder versucht sich im besten Licht darzustellen.« Moore beugte sich vor und nahm Sara die Anzeige aus der Hand. »Hier zum Beispiel: Der Cop spricht von einem ›Einbruch‹. Es ist nicht Aufgabe des Cops, die Straftat zu definieren, die verfolgt werden soll. Das ist Ihre Aufgabe. Und woher wissen wir, dass die über Funk durchgegebene Personenbeschreibung tatsächlich mit dem übereinstimmt, was Kozlow anhatte? Und wer hat den Einbruch gemeldet? War es das Opfer, oder ging ein anonymer Hinweis ein? Falls es ein anonymer –«
»Wenn die Quelle nicht verifiziert werden kann, brauchte der Richter das Beweismaterial nicht zuzulassen«, sagte Sara. »Sie wollen also sagen, ich muss mit dem Cop sprechen.«
»Genau.« Moore nickte und deutete auf die winzige Videokamera auf dem ECAB-Computer. »Und zwar von Angesicht zu Angesicht. Auf dem Videophon.«
»Ein bisschen arg technisch.« Sara bewegte den Kopf auf die Kamera zu.
»Ich finde es, ehrlich gesagt, absolut schrecklich«, sagte Moore, »aber darüber möchte ich mich jetzt nicht weiter auslassen.«
»Also, ich finde es toll«, warf Guff ein. »Dinge wie diese bringen uns den Jetsons und ihrer Welt der Zukunft einen Schritt näher.«
Ohne sich um Guff zu kümmern, sagte Sara: »Okay, ich rufe also den Cop an und kläre alle Einzelheiten mit ihm. Und anschließend setze ich die offizielle Anzeige auf und fange wieder von vorne an.«
»Was meinen Sie damit: Sie fangen wieder von vorne an?«
»Damit meine ich, wenn ich fest entschlossen bin, diese Stelle zu behalten, werde ich mehr als diesen einen popligen Fall brauchen.«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, sie will es wirklich wissen«, sagte Guff zu Moore.
»Ohne Frage sollten Sie sich jeden Fall unter den Nagel reißen, dessen Sie habhaft werden können«, sagte Moore zu Sara. »Aber vergessen Sie dabei eines nicht: Solange Stockwell ECAB-Supervisor ist, lässt er Ihnen nur Ramsch zukommen. Sie werden jeden Taschendieb in Manhattan belangen.«
»Und daran führt kein Weg vorbei?«
»In Anbetracht der Tatsache, dass Sie es sich mit Evelyn bereits verscherzt haben, wohl kaum.«
»Na schön. Meinetwegen. Darum spricht man ja auch von Lehrgeld zahlen.« Sara gab sich Mühe, zuversichtlich zu klingen. »Egal, was kommt, ich bin bereit, es zu tun.«
»Das ist genau die richtige Einstellung«, sagte Moore. »Aber wenn Sie sich ein paar Fälle beschafft haben, fahren Sie unbedingt nach Hause und ruhen sich etwas aus. Die Anklageerhebung ist heute Abend gegen elf Uhr.«
»Heute Abend?«, fragte Sara. »Finden Anklageerhebungen noch so spät statt?«
»Wir sind hier in New York«, erklärte ihr Moore. »Der Heimat von sechzehn Millionen Menschen, von denen jeder jeden hasst. Hier finden die Anklageerhebungen rund um die Uhr statt.«
»Ich werde da sein.« Als sie nach dem Telefon griff und die Nummer von Officer Michael McCabe wählte, erhob sich Moore von seinem Platz. »Wo wollen Sie hin?«, fragte Sara.
»Ich habe selbst einiges zu tun. Wir sehen uns bei der Anklageerhebung – sie findet im ersten Stock dieses Gebäudes statt. Kommen Sie sicherheitshalber etwas früher.«
»Bis heute Abend«, sagte Sara, als Moore das Büro verließ.
Als sich der Beamte am Telefon meldete, erklärte ihm Sara, sie rufe wegen der Verhaftung Kozlows an und wolle über das Videophon mit ihm sprechen. Dann legte sie auf und wartete, dass der Polizist zurückrief. Zwei Minuten später läutete ihr Telefon.
»Nehmen Sie ab, und drücken Sie auf ›Empfang‹«, sagte Guff und deutete auf ein Symbol auf ihrem Computerbildschirm.
Als sie Guffs Anweisung folgte, erschien Officer McCabes Gesicht in Farbe auf ihrem Monitor. »Können Sie mich hören?«, fragte Sara und beugte sich zu der winzigen Videokamera vor.
»Na, großartig!« Der Polizist verdrehte die Augen. »Eine Neue.«
»Sparen Sie sich das Gestöhne. Ich weiß, was ich tue.«
»Sie hat sechs Jahre Kanzleierfahrung«, sagte Guff und reckte seinen Kopf in den Blickwinkel des Kameraobjektivs.
»Wer ist das denn?«, wollte McCabe wissen.
»Niemand«, sagte Sara und schob Guff beiseite. »Fangen
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