Der Fall
darüber.«
»Was meinen Sie mit Sprache? Was haben Sie? Irgendwelche Zaubersprüche?«
»Und ob wir ein paar Zaubersprüche haben«, erwiderte Moore. »Regel Nummer eins: Nehmen Sie nie den Namen des Angeklagten in den Mund. Nennen Sie ihn nie Kozlow oder Anthony oder Tony. Das lässt ihn automatisch menschlicher erscheinen und macht es den Geschworenen schwerer, gegen ihn zu entscheiden. Nennen Sie ihn ›den Beschuldigtem oder ›den Angeklagtem. Regel zwei: Verwenden Sie im Fall des Opfers, des Polizisten und der Zeugen immer den Namen. Ms. Doniger, Officer McCabe, Ms. Harrison. Das lässt sie menschlicher und glaubwürdiger erscheinen. Regel drei: Benutzen Sie nie die tatsächliche Bezeichnung des Verbrechens, dessen Sie den Angeklagten beschuldigen. Mit anderen Worten, sagen Sie nicht: ›Er verübte einen Einbruch‹ oder ›Er beging einen Mord‹. Diese Worte hören sich für die Leute beängstigend an, nicht zu reden davon, dass die Geschworenen nach den Einzelheiten des Verbrechens zu fragen beginnen werden, bevor sie abstimmen. Um das Ganze einfacher zu machen, sagen Sie: ›Wenn Sie glauben, der Angeklagte hat Ms. Doniger bestohlen …‹«
»Und das soll funktionieren?«, fragte Sara skeptisch.
»In meinen neun Jahren bei dieser Behörde«, sagte Moore, »habe ich vor einer Grand Jury kein einziges Mal verloren. Es mag zwar sein, dass ich den Prozess nicht gewinne, aber ich bringe es zumindest immer so weit, dass es zu einem Prozess kommt. Und ich komme so weit, weil ich beigebracht bekommen habe, mich auf die Details zu konzentrieren.«
»Und wer hat Ihnen diese Perlen der Weisheit vermacht?«
»Die Regierung der Vereinigten Staaten«, erklärte Moore stolz.
»Sie waren beim Militär?«, fragte Guff sarkastisch. »Auf gar keinen Fall. Dafür sind Sie viel zu locker.«
»Ich habe mich für drei Jahre verpflichtet, sie haben mir das Jurastudium finanziert. Aber nach drei Jahren lassen sie einen keine Strafsachen mehr machen. Als ich plötzlich so langweilige Zivilsachen wie Testamente und Steuern und Scheidungsfälle machen sollte, setzte ich mich hierher ab.«
»Sie brauchen es einfach, dass Ihnen an der Front die Fetzen um die Ohren fliegen, wie?«
»Ohne das könnte ich nicht leben«, gestand Moore. »Aber zurück zum Thema. Wissen Sie schon, wie Sie vorgehen wollen?«
»Ich rufe die Leute in der Reihenfolge ihrer Beteiligung auf. Zuerst den Cop, dann Ms. Doniger und dann Ms. Harrison. Kozlow kommt am Schluss.«
»Hat Kozlow also beschlossen auszusagen?«
»Er hat eine entsprechende Erklärung abgegeben«, sagte Sara. »Vermutlich denkt Jared, er gibt einen sympathischen Zeugen ab. Ich hoffe, der Entschluss der Geschworenen steht bereits fest, wenn er als letzter in den Zeugenstand tritt.« Sara hielt einen Moment inne, um über ihre anderen Zeugen nachzudenken. Ms. Harrison war eindeutig die beste, da sie die einzige war, die Kozlow tatsächlich aus dem Haus hatte kommen sehen. Aber wenn sie sich weigerte auszusagen oder, was noch schlimmer wäre, leugnete, etwas gesehen zu haben, würde Jared mit seiner Einschätzung der Lage Recht behalten: Dann stand es schlecht um sie. Mit einem Blick auf Moore fuhr sie fort: »Ein Letztes – ich weiß zwar, dass Sie von dieser Möglichkeit nicht begeistert sind, aber wenn morgen alles in die Binsen zu gehen droht, muss ich mir über eine mögliche Einstellung des Verfahrens Gedanken machen.«
»Da würde ich mich nie auf Diskussionen mit Ihnen einlassen«, sagte Moore. »Es ist Ihr Fall. Und ob Sie es glauben oder nicht, ich akzeptiere die Konsequenzen.« Als er Saras erstaunte Miene sah, fügte er hinzu: »Das ist mein voller Ernst. Es ist vollkommen in Ordnung, die Dinge realistisch zu sehen.«
»Sagt der Mann, der sich nie auf einen Vergleich einlässt.«
»Sara, man kann nicht jeden Fall gewinnen. Denken Sie nur mal, welche Schwierigkeiten Sie haben: wacklige Zeugen, ein gerissener Angeklagter und nicht zuletzt Ihr eigener Mann als Anwalt der Gegenseite. Das ist nicht gerade wenig an emotionalem Ballast, was Sie da mit sich herumschleppen müssen.«
»Aber dieser Fall –«
»Ich weiß, Sie wollten mit diesem Fall den Durchbruch schaffen, aber wenn Sie gar nichts in den Händen haben, ist es schlecht möglich, etwas daraus zu machen. Das heißt, manchmal kann man selbst aus nichts etwas machen, aber das ist schwerlich eine solche Gelegenheit. Wenn Sie morgen vor die Grand Jury treten, entscheiden Sie einfach selbst. Und ganz egal, was
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