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Der Fall

Titel: Der Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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beschloss, einkaufen zu gehen, solange Sara duschte. Fünfzehn Minuten später machte er sich mit zwei Tüten voller Lebensmittel und einem halben Dutzend Bagels auf den Heimweg. Auch als er an Scharen anderer New Yorker mit ähnlichen Einkaufstüten vorbeiging, musste er ständig an seine Frau denken. Ihr wird nichts passieren, sagte er sich. Sonst müsste er -
    Die schrille Sirene eines Krankenwagens riss ihn aus seinen Gedanken. Die Ampeln standen auf grün, als der Wagen den Broadway hinunterraste. Als Jared zum ersten Mal aufblickte, war er vier Querstraßen entfernt. Sekunden später hatte der Wagen fast die Eightieth Street erreicht – den Block, in dem er und Sara wohnten.
    Nicht abbiegen, nicht abbiegen, bitte nicht abbiegen, flüsterte Jared, als er an der Ecke zur Seventy-ninth stehen blieb. Rings um ihn herum hielten sich die Leute wegen des durchdringenden Sirenenjaulens die Ohren zu, aber Jared nahm es gar nicht wahr. Er war ganz auf den Krankenwagen konzentriert. Vor allem, als er in die Eightieth Street bog.
    Und im selben Moment rannte er los. Es war reiner Instinkt. Die Einkaufstüten fest umklammert, sprintete er, so schnell er konnte, den Broadway hinauf. Nicht Sara, betete er. Bitte mach, dass es nicht sie ist! Er kam gut voran, aber ihm war es nicht schnell genug. Ohne zu überlegen, ließ er die Einkaufstüten los und legte einen Zahn zu. Er konnte das Sirenengeheul durch die schmale Straße hallen hören. Als er um die Ecke bog, sah er, dass der Krankenwagen etwa in der Mitte des nächsten Blocks angehalten hatte, direkt vor dem Haus, in dem sie wohnten. »Sara!«, stieß er hervor. Doch schon nach wenigen Schritten die Eightieth Street hinunter sah er, dass der Krankenwagen weiterfuhr. Er hatte nur angehalten, um an einem in zweiter Reihe geparkten Auto vorbeizukommen. Und als er das Hindernis umfahren hatte und in die Columbus Avenue bog, hörte Jared endlich zu laufen auf. Es ist alles in Ordnung, dachte er, während er mit zitternden Händen dastand. Sara war nichts passiert. Alles andere war undenkbar.
     
    Mit festem Schritt und selbstbewusstem Blick schlenderte Sara durch den Gerichtssaal. »Meine Damen und Herren Geschworenen, Sie sind heute hier, um eine ganz bestimmte Aufgabe zu erfüllen – und diese Aufgabe ist, Gerechtigkeit walten zu lassen.«
    »Diese Aufgabe ist, Gerechtigkeit walten zu lassen«, unterbrach sie Conrad Moore, der in der vorderen Reihe der Geschworenenbank saß. »Das ist kein Kongresshearing – wir wollen, dass die Geschworenen Sie ernst nehmen.«
    »Ich kann einfach nicht anders.« Sara warf ihren Block auf den Tisch im vorderen Teil des Raums. »Jedes Mal wenn ich nervös werde, gebe ich irgendwelche unsäglichen Klischees von mir. Dann beginnen sich diese zahllosen schlechten Filme zu rächen.«
    »Haben sie Ihnen denn in Ihrer alten Kanzlei nichts über Geschworene erzählt?«, fragte Guff, der neben Moore saß.
    »Ich sagte Ihnen doch: In sechs Jahren habe ich ganze zwei Prozesse geführt. In allen anderen Fällen haben wir uns verglichen.«
    »Ah, die Paralyse passiven Widerstands«, sagte Guff. »Wie ich mich nach diesem sanften Stillstand sehne.«
    »Noch so ein Witz, und ich stecke Ihnen meinen sanften Stillstand in Ihren sanf–«
    »Lassen Sie den Jungen in Ruhe«, fiel ihr Moore ins Wort. »Zurück zu den Geschworenen.« Er stand auf und stellte sich neben Sara. »Egal, ob es sich um eine Grand-Jury-Sitzung oder einen normalen Prozess handelt, müssen Sie vor allem das Vertrauen der Geschworenen gewinnen. Wenn sie Ihnen vertrauen, ergreifen sie für Sie Partei. Wenn nicht, verlieren Sie. Aber es ist ein Unterschied, die Geschworenen dazu zu bringen, Sie zu mögen oder auch in Ihrem Sinn zu entscheiden. Wenn Sie wollen, dass die Geschworenen gegen den Angeklagten entscheiden, ist mehr nötig als ein freundliches Lächeln und ein paar wohlgesetzte Worte und Gesten.«
    »Und was ist der Trick dabei?«
    »Der Trick dabei ist die Sprache«, erklärte Moore. »Einer Grand Jury gehören zwischen sechzehn und dreiundzwanzig Leute an. Sie müssen lediglich zwölf von ihnen davon überzeugen, dass die Beweislage eine Anklage wegen eines Verbrechens rechtfertigt. Sie stimmen nicht darüber ab, ob der Angeklagte verurteilt wird; sie müssen ihn nicht hinter Gitter bringen. Sie müssen nur einen berechtigten Grund für die Annahme finden, dass Kozlow das Verbrechen begangen hat. An sich ist das eine ziemlich niedrige Schwelle, aber man stolpert trotzdem leicht

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