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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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Fidelma den Becher. »Fürwahr, eine traurige Geschichte.« Er
     seufzte. »Ein habgieriger Totengräber und ein verderbter Richter. Wie lässt sich solche Schlechtigkeit der Menschen erklären?«
    »Du vergisst in deiner Aufzählung Étromma«, meinte Fidelma. »Sie war der Auslöser allen Übels. Ihretwegen brauchte Fiacc so
     dringend Geld, und ihretwegen kam die ganze Geschichte ins Rollen. Auf ihre fehlende Liebe, ihren Eigennutz und vor allen
     Dingen auf ihre Raffgier ist diese menschliche Tragödie zurückzuführen. Wie heißt es doch in der Heiligen Schrift im ersten
     Brief an Timotheus –
radix omnium malorum est cupiditas

    »Die Wurzel aller Übel ist die Gier«, übersetzte Abt Colmán und neigte zustimmend das Haupt.

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    |436| GIFT IM VERSÖHNUNGSTRUNK
    Man hatte das Mahl in kühler Höflichkeit eingenommen. Unter den Speisenden herrschte eine frostige und angespannte Stimmung.
     Es waren sieben an der Zahl, die Nechtan, der Stammesfürst der Múscraige, zu Tisch geladen hatte. Schwester Fidelma, die als
     Letzte den Saal betreten hatte, war die Unglückszahl auf den ersten Blick aufgefallen. Sie hatte sich etwas verspätet, weil
     sie nicht auf den Genuss eines heißen Bades vor dem Essen hatte verzichten wollen. Man hatte an einem runden Tisch Platz genommen;
     zusammen mit Nechtan waren sie acht, auch keine gute Zahl, wie Fidelma mit Unbehagen fand. Natürlich schalt sie sich insgeheim,
     abergläubischen Gedanken nachzuhängen, führte es aber auf den Umstand zurück, dass über allen eine gedrückte Stimmung lag.
    Alle, wie sie da saßen, hatten Grund, Nechtan zu hassen.
    Schwester Fidelma gehörte nicht zu denen, die leichtfertig mit Urteilen umgingen, denn als Anwältin bei den Gerichten der
     fünf Königreiche und auch als Nonne wählte sie wertende Begriffe mit Bedacht und hütete sich vor Fehleinschätzungen. Trotzdem
     fiel ihr für die Empfindung, die einem bei Nechtans Anblick überkam, kein passenderes Wort ein als »widerwärtig«.
    Gleich den anderen Gästen hatte auch Fidelma guten Grund, den Anführer des Stammes der Múscraige nicht ausstehen zu können.
     Weshalb aber hatte sie dann die Einladung zu dem absonderlichen |437| Festmahl angenommen? Weshalb war auch keiner der anderen Gäste einer solchen Zusammenkunft ferngeblieben?
    Sie konnte die Frage nur für die eigene Person beantworten. Wäre sie nicht zufällig in Nechtans Stammesgebiet unterwegs gewesen,
     um sich einer Aufgabe bei den Sliabh Luachra zu entledigen, wohin sie der dortige Stammesfürst gerufen hatte, hätte sie die
     Einladung abgelehnt. Sie sollte über einen Diebstahl befinden; da sie das Rechtswesen studiert und den Grad eines
anruth
erlangt hatte, den zweithöchsten in der Gesetzeskunde möglichen, besaß sie sogar die Befugnis, Rechtsstreitigkeiten als Richterin
     zu entscheiden. In diesem Falle hatte sich herausgestellt, dass Daolgar, Fürst der Sliabh Luachra, der ebenfalls seine Gründe
     hatte, Nechtan zu grollen, auch zu dem Essen geladen war, und so waren sie überein gekommen, gemeinsam zu Nechtans Burg zu
     ziehen.
    Es gab aber noch etwas, das Fidelma bewogen hatte, der Einladung halbherzig Folge zu leisten, und das war die Sprache, in
     der sie verfasst war. In schmeichlerischen Worten bat Nechtan um Entschuldigung für die Schmach, die er ihr einst angetan
     hatte. Ihn reue sein Fehlverhalten, und da er erfahren hätte, dass sie ohnehin durch seine Lande reiste, würde er die Gelegenheit
     nutzen wollen, sie zu sich zu laden gleich anderen, denen er Unrecht zugefügt hätte. Sie alle wolle er um sich scharen, gemeinsam
     mit ihnen speisen und sie vor aller Ohren um Verzeihung bitten. Wortwahl und Formulierungen hatten sie betört, zudem wäre
     die Zurückweisung eines Feindes, der um Vergebung ersuchte, gegen die Lehren Christi gewesen. Hatte nicht der Apostel Lukas
     berichtet, was Christus seine Jünger lehrte: »Lie bet eure Feinde; tut denen wohl, die euch hassen; segnet die, so euch verfluchen; bittet für die, so euch beleidigen. Und wer
     dich schlägt auf einen Backen, dem biete auch den anderen dar …«
    |438| Wie wäre es um ihren Glauben bestellt, wenn sie sich nicht an das oberste Gebot hielt, das vorschrieb, einem jeden, der ihr
     Leid zugefügt hatte, zu vergeben?
    Wie sie nun unter den Gästen saß, musste sie feststellen, dass sie nicht die Einzige war, die Groll gegen den Gastgeber hegte.
     Zwar hatte sie sich als Christin gemüht, Nechtans Verlangen nach Vergebung

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