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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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überführen?«
    Fidelma schüttelte den Kopf. »Das Grab auszurauben war in erster Linie Fiaccs Idee. Er war mit einer raffgierigen jungen Frau
     verheiratet. Obendrein hatte er in der Rechtsprechung etliche Fehler gemacht und war durch die Zahlung von Entschädigungsgeldern
     mittellos geworden. Er hatte sich hoch verschuldet und brauchte dringend Geld. Und zwar brauchte er es noch vor seiner Vernehmung
     morgen beim Obersten Richter. Geld, um seine Schulden zu begleichen und seine junge Frau bei Laune zu halten. So war er auf
     den Gedanken gekommen, Tigernmas’ Grab auszurauben, denn den Chronisten zufolge |431| würden sich dort wahre Reichtümer befinden. Aber wie sollte er das allein anstellen?«
    »Hast du eine Erklärung?«, wollte Colmán wissen.
    »Nach seiner Ankunft in Tara hat er sich ein oder zwei Tage ausgiebig auf dem Friedhof umgetan. Dabei reifte in ihm die Erkenntnis,
     dass es nur eine Möglichkeit gab, sich Zugang zu der Grabkammer zu verschaffen, ohne Aufsehen zu erregen. Für sein Vorhaben
     musste er Garbh mit einbeziehen, er brauchte seine Hilfe. Als der die Sache durchschaute und merkte, wie einfach sie zu bewerkstelligen
     war, wuchs in ihm die Gier. Dem Reiz des Geldes kann selten jemand widerstehen.
    Garbh ist ständig auf dem Friedhof, wo er mit der Instandhaltung der Gräber beschäftigt ist. Auch hatte er die Aufgabe, Gräber
     auszuheben, wenn ein Hochkönig oder ein Mitglied seiner Familie gestorben ist. Es fand also niemand etwas Besonderes dabei,
     als er sich daran machte, in der Nähe der Grabstätte von Tigernmas herumzuschaufeln. Keiner kam auf den Gedanken, ihn danach
     zu fragen, wieso er ein Grab aushob. Jedermann nahm es als selbstverständlich hin, schließlich gehörte es zu seinem Tagewerk.
    Heute Abend nun verschafften sich Garbh und Fiacc Zugang zu Tigernmas’ Grabstätte. Wenn ihr euch das neu ausgehobene Grab
     näher anschaut, das Garbh morgen wieder zuzuschaufeln gedachte, werdet ihr Spuren eines kurzen Tunnelgangs finden. Er endet
     unter der Grabkammer, unter einer der Granitplatten. Das ist die mit den Schleifspuren, Irél, die du sachkundig auf Seile
     bei ihrem Wiedereinsetzen zurückgeführt hast. Der Plan von Garbh und Fiacc sah vor, die Grabbeilagen zu entwenden und den
     Zugang wieder zu verschließen, sodass niemand merken würde, dass jemand die heilige Stätte betreten hatte. In der Eile, möglichst
     alles mitgehen zu lassen, hatten sie einige wenige |432| Dinge leider übersehen. Ein Silberbarren und ein paar Edelsteine blieben zurück, mehr aber auch nicht.«
    »Und wie ist Fiacc zu Tode gekommen?«, forschte Irél, der versuchte, den Verlauf der Geschichte zu erfassen.
    »Vielleicht hat ihn der Fluch des Tigernmas niedergestreckt«, mutmaßte Tressach angsterfüllt.
    »Fiacc starb, weil Garbh für sich entschieden hatte, den Schatz, zu dem er so unverhofft kam, nicht mit einem anderen zu teilen.
     Als er begriffen hatte, wie vergleichsweise mühelos man zu Reichtum gelangen konnte, wollte er alles für sich. Er musste nur
     den richtigen Moment abpassen. Er und Fiacc nahmen die Beute an sich und verwischten die Spuren. Als Richter hatte Fiacc alles
     peinlich genau durchdacht. Unvorhergesehene Ereignisse könnten ja mal dazu führen, dass man das Grab öffnete, also war es
     in seinen Augen erforderlich, den Staub, den sie aufgewirbelt hatten, wegzufegen, um keinerlei Spuren zu hinterlassen.«
    Irél stöhnte auf. Auch darauf hatte ihn Fidelma hingewiesen, und er hatte ihre Bemerkung als unwichtig abgetan. »Weshalb Fiacc
     sterben musste, wissen wir jetzt. Aber wie ist er umgebracht worden?«
    »Nachdem die Beute herausgeschafft und die Spuren getilgt worden waren, nahm Garbh den

, den Messstock für Gräber, und stach ihn mit Gewalt Fiacc in den Rücken. Im Glauben, ihn getötet zu haben, verließ er die
     Grabkammer, verschloss den Zugang und begab sich zurück in das von ihm geschaufelte Grab, füllte vielleicht auch den Tunnel
     gleich auf. Das werden wir später noch sehen. Ich könnte mir vorstellen, dass er das Raubgut in seiner Hütte oder irgendwo
     in deren Nähe versteckt hat.«
    Unruhig trat Garbh von einem Fuß auf den anderen, und Fidelma deutete das als Zeichen dafür, dass sie mit ihrer Vermutung
     recht hatte.
    |433| »Ja, Irél, du dürftest den Grabschatz in oder bei Garbhs Hütte finden.«
    »Fiacc war doch aber nicht auf der Stelle tot«, gab Tressach zu bedenken. »Garbh hat ihn verwundet liegenlassen und ihn

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