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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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zu gehen.
    |28| Er war ein großer, stämmiger Mann mit breiten Schultern, hatte fuchsrotes Haar, eine frische Hautfarbe und wasserblaue Augen.
     Das Gesicht war übersät von Sommersprossen, als hätte ein vorbeifahrender Karren ihn über und über mit Dreck bespritzt. Er
     mochte in den Mittvierzigern sein, ein treuherzig wirkender Mensch, mehr wie ein großer Junge, der noch unschuldig in die
     Welt blickte. Alles in allem ein einfaches Gemüt.
    »Hast du von dem, was vorgefallen ist, gehört, Follaman?«
    Er öffnete den Mund, sodass Fidelma leicht angewidert seine schwärzlichen Zähne sehen konnte, die nicht von einem übertriebenen
     Hang zur Reinlichkeit zeugten.
    Er nickte schweigend.
    »Erzähl, was du über Sillán weißt.«
    Nachdenklich kratzte er sich den Kopf. »Er war Gast hier.«
    »Und weiter? Seit wann ist er hier in Kildare?«
    Follamas Gesicht hellte sich auf. Fidelma begriff, dass sie ihm am besten konkrete Fragen stellte, denn mit seinem Denk- und
     Kombinationsvermögen schien es schlecht bestellt. Er konnte ihr nur langsam folgen, und von Scharfsinn konnte schon gar keine
     Rede sein.
    »Er ist vor acht Tagen angekommen, Cailech.« Follaman sprach alle Nonnen mit dem förmlichen Titel »Cailech« an. In weltlichen
     Kreisen nannte man sie so; es bedeutete »jemand, der den Schleier genommen hat« und ging auf das Wort
caille
zurück, was so viel wie »Schleier« hieß.
    »Weißt du, wer er war oder was ihn hergeführt hat?«
    »Das weiß doch jeder, Cailech.«
    »Du musst mir schon auf die Sprünge helfen. Ich war zwei Wochen lang auf Reisen und nicht hier.«
    »Ach ja, stimmt«, erklärte der kräftige Mann, nachdem er eine Weile gebraucht hatte, bis ihre Worte bei ihm angekommen |29| waren. »Also Sillán hat mir erzählt, er wäre ein
bruithneóir
, ein Schmelzer aus den Gruben in den Kilmatanbergen.«
    »Und was für Gruben sind das?«
    »Goldminen natürlich, Cailech. Er hat in den Goldminen gearbeitet.«
    Sie konnte gerade noch ihre Verwunderung zurückhalten.
    »Aber was suchte er in Kildare? Wir haben doch keine Goldminen hier.«
    »Angeblich hat ihn der Uí Failgi geschickt.«
    »Ach so? Weißt du, warum?«
    Follaman schüttelte den roten Haarschopf.
    »Nein, Cailech. Er war immer nur kurz im Gästehaus, schlief dort, ging bei Tagesanbruch aus dem Haus und kehrte erst zum Abendessen
     zurück.«
    »Hast du eine Ahnung, wo Sillán heute Nachmittag war?«
    Er kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Heute kam er schon zeitig zurück und blieb in seiner Kammer.«
    »Den ganzen Nachmittag?«
    Follaman bedachte sich einen Moment. »Bald nach seiner Rückkehr begab er sich zur Äbtissin. Er war eine ganze Weile bei ihr,
     und als er ihr Gemach verließ, sah er reichlich verärgert aus. Er ist dann in sein Zimmer gegangen.«
    »Hat er ein Wort darüber verloren, was ihn so verärgert hat?«
    »Nein, Cailech. Ich habe ihn nur gefragt, ob er irgendwelche Wünsche hätte. Das und nicht mehr, wie es meine Pflicht ist.«
    »Hat er eine Erfrischung verlangt?«
    »Nur Wasser …, nein, er bat um Met. Das war alles.«
    »Hast du ihm den Met gebracht?«
    »Ja. In einem Steinkrug aus der Küche.«
    »Wo ist der Krug jetzt?«
    »Ich habe das Gästehaus noch nicht saubergemacht. Er muss also noch dort sein.«
    |30| »Weißt du, was giftiger Schierling ist?«
    »Eine schlimme Sache. Soviel ist mir bekannt.«
    »Weißt du, wie er aussieht? Ich meine, Form und Farbe der Pflanze?«
    »Wie soll ich das wissen, Cailech? Ich bin doch nur ein einfacher Diener. Schwester Poitigéir, die weiß so was.«
    »Sillán hat also nach Met verlangt, und du hast ihm welchen gebracht. Hat er ihn sofort getrunken, oder hast du den Krug bei
     ihm stehenlassen?«
    »Ich habe den Krug bei ihm gelassen.«
    »Könnte sich jemand daran zu schaffen gemacht haben?«
    Angestrengt dachte Follaman nach. »Wie soll ich das wissen, Cailech? Möglich wäre es.«
    »Macht nichts, Follaman«, meinte sie lächelnd. »Aber eins noch. Bist du dir sicher, dass sich Sillán den ganzen Nachmittag
     bis zur Vesper im
tech-óired
aufgehalten hat?«
    Er legte die Stirn in Falten und schüttelte langsam den Kopf.
    »So sicher bin ich mir da nicht. Es hatte den Anschein, ja. Er traf Vorkehrungen, die Abtei bei Tagesanbruch zu verlassen.
     Er packte seine Taschen und bat mich, dafür Sorge zu tragen, dass sein Kastanienbrauner fertig gesattelt war.« Follaman hielt
     inne und fuhr dann einfältig fort: »Ja, er begleitete mich zu den Ställen, Cailech.

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