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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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dir, Großmutter“, sagte er und stopfte die Schuppen zurück in den Beutel. „Ich gehe jetzt. Großvater wartet sicher schon.“
    Alep stand auf und ging hinaus. Wenige Augenblicke später war er wieder da. „Großmutter, wo liegt Kahlitaer!“
    „Na hier! Vor ein paar tausend Jahren waren das heutige Flache Land und die Ländereien Duckmoor und Velotas vereinigt unter dem Namen Kahlitaer. Erinnere dich an die Legende von Hann T’Brien. Er war Statthalter des Königs in Kahlitaer und lebte im Fürstenpalast zu Duckmoor.“
    „Danke, Großmutter.“
    Alep lief in sein Zimmer und schnappte sich den Schlagstock, den er hinter der Tür aufbewahrte. Er lag schwer aber angenehm in der Hand. Der Stab war voller Schrammen und Furchen von den Stockhieben seines Großvaters. Das Holz fühlte sich kühl an.
    Zweimal hatte er mit diesem Stock in der Hand seinem Vater, dem Meister der letzten elf Jahre, beim Stockkampfwettbewerb zum Pflückfest in Bitterquell gegenübergestanden. Alep hatte beide Male verloren. Dieses Jahr wollte er es zum letzten Mal versuchen. Sein Blick fiel auf Baks Eichenholzbogen, der ebenfalls hinter der Tür stand. Bak hatte als älterer Bruder vor ihm an den Wettbewerben teilnehmen dürfen und sich für das Bogenschießen entschieden und war Velde Elders so aus dem Weg gegangen. Alep bewunderte ihn für seine Findigkeit. Dann erinnerte er sich an seinen wartenden Großvater und verließ sein Zimmer. Plötzlich blieb er stehen. Nach einem kurzen Zögern ging er zurück und trat an den kleinen Nachttisch neben seinem Bett. Er öffnete die Schublade und holte den kleinen Holzdrachen hervor. Alep konnte sich noch gut an den Tag im letzten Jahr erinnern, als Kwin ihm den Drachen überreicht hatte. Ohne nachzudenken stopfte Alep den Drachen in seine Hosentasche. Auf dem Weg zum Platz hinter der Scheune kamen Alep Vater Elders und die kleine Rina entgegen. Rina ritt auf den Schultern ihres Vaters und jauchzte. Auf seinem Gesicht war ein breites Lachen.
    „Ist mit deinem Hahn alles in Ordnung, Vater?“, fragte Alep.
    „Ja. Es hat wohl doch an deinem Golem gelegen.“
    „Er ist nicht mein Golem“, sagte Alep. Aber Velde Elders hörte seinen Sohn schon nicht mehr. Alep sah den beiden hinterher, bis sie im Haus verschwunden waren.
    Alep fand Opa Elders sitzend an die verwitterte Scheunenwand gelehnt. Er ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Seine Augen waren geschlossen. Als Alep neben ihm stehenblieb, sah er zu seinem Enkel auf und blinzelte im Sonnenlicht.
    „Ereignisreicher Morgen, was?“
    „Ja!“ Alep sah sich um. Die Sonne schien warm auf die schmale Fläche zwischen Scheune und Fels. In zehn Schritt Entfernung erhoben sich die Steinholzberge in steilen felsigen Terrassen bis hinauf zum Spielmann, der höchsten Erhebung der Steinholzberge. Den eigentümlichen Namen hatte der Berg aufgrund seiner Form. Die abgeflachte, fast runde Bergkuppe war einer Trommel nicht unähnlich und die steil aufragende Felsspitze an der Seite vermittelte aus der Ferne den Eindruck eines Trommlers, der sein riesiges Instrument spielte.
    Der Boden zu Aleps Füßen war hart und eben von den täglichen Übungen, die er hier mit Großvater abhielt.
    „Lass uns beginnen“, forderte Alep seinen Großvater auf.
    „Nicht so schnell.“ Langsam erhob sich Opa Elders. Als er stand, sah er seinen Enkel prüfend an. „Vielleicht bist du dieses Jahr so weit. Dein Vater ist mir böse, weil ich mit dir übe.“
    Großvater und Enkel stellten sich in einem Abstand von zwei Metern auf und suchten einen festen Stand.
    „Ich glaube, er hat Angst, gegen dich zu verlieren.“
    Der feine Staub unter Aleps Stiefeln knirschte leise, als er seine Füße in die trockene Erde drückte. Dann begannen sie. Es war ein Tanz aus Harmonie und Beweglichkeit. Die Stöcke wirbelten und drehten sich so schnell, dass die einzelnen Figuren ineinander verschmolzen und kaum noch zu erkennen waren. Lange standen sie nahezu reglos. Nur ihre Stöcke kreisten umeinander, ohne sich zu berühren. Dann schob Opa Elders sich etwas nach vorn. Laut krachte Holz auf Holz. Er kannte seinen Enkel und konnte seine Reaktionen fast immer voraussagen. Mit dem langen Stockende wischte Opa Elders kurz in Richtung von Aleps rechtem Knie. Alep drehte sich ein wenig nach links und zog den rechten Fuß nach. Opa Elders grinste. Ohne die Bewegung zu Ende zu führen, drehte er den Stock vor seinem Körper, ließ das glatte Holz durch seine leicht geöffneten Hände

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