Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Lomen hob seinen Kopf und begegnete dem Blick des Chetekken. Angewidert spuckte er ihm vor die gekrümmten Echsenfüße. „Ehrloser Lump!“
Wieder traf ihn ein Schlag ins Gesicht und Tallis Lomen glaubte, dass irgendetwas darin gebrochen war. Er konnte es nicht sagen, da alles ein einziger Schmerz war. Er sah unauffällig in den nächtlichen Himmel. Offenbar hatte er lange mit dem Schlangenmagier gerungen. Der Mond stand hoch, noch zwei Stunden bis Mitternacht.
Tallis spürte einen scharfen Ruck an seinem Hals und setzte sich widerwillig in Bewegung. Die Angreifer brachen auf. Ihr Ziel war Lindenbrunn.
Sie bewegten sich viel schneller, als Tallis Lomen erwartet hatte. Er lief eilig neben den weit ausschreitenden Nat Chatkas dahin, um nicht wie zuvor am Seil hinterhergezogen zu werden. Dort, wo das Seil um seinen Hals lag, war von seiner Haut nichts übriggeblieben.
Plötzlich vernahm er ein klatschendes Geräusch. Stöhnend fiel ein Nat Chatka auf die Seite. Aus seiner Brust ragte das Ende eines armlangen Pfeiles. Arigan! Guter Jäger, frohlockte Tallis Lomen.
Siznik fuhr herum und zischte einen kurzen Befehl. Drei Chetekken lösten sich aus der Marschordnung und rannten in wilden Sprüngen zum Nachtwald hinüber. Siznik setzte sich wieder in Bewegung. Tallis Lomen blieb nichts anderes übrig, als zu folgen. Er wünschte Arigan Glück.
Prak vom roten Stein
Gegenüber des Palastportals, das von N’Gucha und ihren Schützen bewacht wurde, führte eine breite Treppe zu den oberen Etagen. Prak stürmte sie empor, ohne darauf zu achten, ob die Veteranen ihm folgen konnten und erreichte in Windeseile die nächste Ebene. Hier war alles ruhig, aber er hatte auch nichts anderes erwartet. N’Gucha hatte ihm gesagt, dass er hier kaum auf Wachtposten treffen würde. Erst auf der dritten Ebene standen Königsgardisten vor den Gemächern der Königskinder, selbst dann, wenn diese nicht da waren. Prak nahm den nächsten Aufstieg in riesigen Sätzen und erreichte alsbald die dritte Etage. Die Veteranen waren weit zurückgefallen. Er scherte sich nicht darum. Dies war sein Kampf. Er stand hier für sein Volk, focht für seine Brüder und Schwestern aus den Bergen um Ehre und Ruhm und ihre Anerkennung. Er nahm die letzten Stufen mit einem einzigen Schritt, bog in den breiten Gang, der zu den Wohnräumen führte, und stand plötzlich vor zwei Gardisten, die auf dem Weg nach unten waren.
Keulenschwingend und laut „Für Ruhm und Ehre“, schreiend rannte er zwischen beiden hindurch und stieß sie um. Sein Kampfruf fand Gehör. Türen wurden geöffnet und verschlafene Gardisten streckten schlaftrunken ihre Köpfe in den Flur hinaus. Prak stellte sich aufrecht hin, die rechte Hand auf die angestellte Keule gestützt und lachte ihnen entgegen.
„Tretet vor, ihr Helden. Ich fordere euch heraus. Alle! Gemeinsam oder einer nach dem anderen. Ganz wie ihr wollt.“
Die königlichen Wachen zögerten. Ehrfurchtgebietend ragte der Troll vor ihnen auf. Dann erreichten endlich die Veteranen den Korridor und blieben schnaufend stehen. Prak sah sich nach ihnen um und grinste ihnen aufmunternd zu. „Haltet mir den Rücken frei, solange ich hier beschäftigt bin“, befahl er.
Inzwischen hatte sich der erste Soldat entschieden. Nur mit einem langen Nachthemd bekleidet, näherte er sich Prak, Schwert und Schild zum Kampf erhoben.
Der Troll gluckste vor Vergnügen. Dann wurde sein Gesicht plötzlich ernst. „Für mein Volk“, sagte er leise und es klang wie die Einlösung eines Schwurs. Prak packte seine Keule mit beiden Händen, stürmte dem überraschten Angreifer entgegen und stieß sie ihm ins Gesicht. Es krachte, als Nasenbein und Kiefer zerbrachen. Der Soldat fiel besinnungslos auf den Rücken und blieb bewegungslos liegen.
Durch das Scheitern ihres Kameraden gewarnt, näherten sich die übrigen Gardisten vorsichtiger.
Sie kamen paarweise. Prak bückte sich und nahm das Schild des ersten Angreifers auf. Er wartete angespannt auf den nächsten Angriff.
Hinter ihm trafen Schwerter aufeinander. Die Veteranen wurden von oben oder unten angegriffen. Prak wusste es nicht und es kümmerte ihn nicht, auch wenn die Gefahr bestand, dass er mit einem Schwert im Rücken fiel. Noch immer schien das halbe Dutzend Gardisten auf eine günstige Gelegenheit zum Angriff zu warten. Prak gab ihnen keine. Mit einem mächtigen Satz sprang er vor, blockte mit dem Schild den Schwerthieb des ersten Gegners ab, und brach mit einem Schlag seiner
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