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Der falsche Engel

Der falsche Engel

Titel: Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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auf die Moshaisker Chaussee.
    Die Mechaniker schlossen sich in der Werkstatt ein, breiteten eine große Plastikfolie auf dem Boden aus, wickelten Mila darin
     ein, legten sie in eine Ecke und deckten eine Plane darüber. Dann kümmerten sie sich um den Shiguli. Sie wechselten die Nummer,
     durchsuchten gründlich das Wageninnere, fanden die Spritze unterm Sitz, warfen sie weg, wischten mit einem mit einer Reinigungsflüssigkeit
     getränkten Lappen Lenkrad und Türgriffe ab. Den Wagen umzuspritzen war nicht nötig – hellblaue Shigulis gab es in Moskau wie
     Sand am Meer.
    Später, tief in der Nacht, fuhren sie Mila im Kofferraum des Shiguli auf einen nahe gelegenen Friedhof. Mit den Totengräbern
     war alles abgesprochen.
    Sie versenkten das große Paket in einer frischen Grube und schütteten Erde darüber.
    Am nächsten Tag fand eine Beerdigung statt. Unter den Klängen einer Blaskapelle und dem Weinen der Angehörigen wurde ein Sarg
     in das Grab hinabgelassen und begrub Milas Körper für immer unter sich.

Sechsunddreißigstes Kapitel
    Zum Schlafen blieben nur noch knapp drei Stunden, und Sergej nahm freudig Nataljas Vorschlag an, bei ihnen zu übernachten.
     Sie machte ihm das Bett im ehemaligen Zimmer ihres Sohnes.
    Um acht weckte ihn das hartnäckige Sirren seines Handys. Mit geschlossenen Augen griff er nach dem Telefon auf dem Nachtschrank
     und vernahm Raiskis muntere Stimme.
    »Gratuliere, Sie brauchen nicht zu Angela zu fahren.«
    »Was ist passiert?«, fragte Sergej verwirrt und zwang sich aufzuwachen.
    »Sie wurde entführt.« Der Oberst kicherte nervös. »Direkt vor der Nase meiner Leute. Verdammt, wie soll man mit solchen Idioten
     arbeiten, Major? Obwohl – die Schweine haben das Ganze wirklich genial arrangiert, das muss ich schon sagen. Kein Fremder
     hat das Haus betreten. Ihre Haushälterin hat angeblich ein Taxi gerufen, um Angela um vier Uhr früh ins Krankenhaus zu bringen,
     weil die Nähte der Ärmsten aufgeplatzt waren. Aber in der Klinik ist sie nie angekommen, sie hat ihre Ärztin nicht angerufen,
     und ihre Nähte können nicht aufgeplatzt sein.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Sergej rasch.
    »Was soll diese idiotische Frage?«, blaffte Raiski gereizt. »Ich habe mit der Ärztin gesprochen!«
    »Mit Julia?«, fragte Sergej.
    »Da halten Sie sich bitte raus«, Raiski wechselte zu einem drohenden Flüsterton, »das geht Sie nichts an, Major.«
    Sergej hatte den Oberst noch nie so unbeherrscht erlebt. Er presste den Hörer ans Ohr und zog sich an.
    »Michail, meinen Sie nicht, dass die Geheimhaltung auch vernünftige Grenzen haben muss?«, fragte er, während er in seine Hose
     schlüpfte. »Ich kann nicht normal arbeiten, wenn Sie mich behandeln wie eine hirnlose Marionette. Wo ist Julia jetzt?«,
    »Zu Hause«, knurrte Raiski.
    »Und Sie muss bald in die Klinik fahren, nicht?«
    »Ja. Aber vorher bringt sie noch ihre Tochter in die Schule. Hören Sie, was erlauben Sie sich eigentlich, Major? Ist Ihnen
     klar, mit wem Sie reden? Meinen Sie, ich würde Julia nicht schützen?«, empörte sich Raiski, allerdings ziemlich schlaff.
    »Natürlich schützen Sie sie«, beruhigte ihn Sergej, »aber Angela haben Sie noch sicherer geschützt. Geben Sie mir bitte Julias
     Telefonnummer, ihre Privatadresse und die Adresse der Schule ihrer Tochter.«
    »Was haben Sie vor?«
    »Ich möchte überprüfen, ob alles in Ordnung ist.«
    »Sparen Sie sich die Mühe. Ich werde ständig auf dem Laufenden gehalten. Wieso überhaupt auf einmal diese Panik? Wie kommen
     Sie darauf, dass ihr Gefahr droht?«
    »Sie haben darauf bestanden, dass ich um zehn zu Angela fahre. Sie sagten, um zwölf hätte sie einen Termin in der Klinik.
     Sie wollten, dass ich mich vorher mit ihr treffe. Wahrscheinlich haben Sie darauf spekuliert, dass Angela mit ihrer Ärztin
     über meinen Besuch spricht und etwas sagt, was sie sonst niemandem mitteilt. Richtig?« Inzwischenwar Sergej vollständig angezogen. »Meinen Sie nicht, dass man aus Angela sehr bald alles herausholen wird, auch das, worüber
     sie so offenherzig mit ihrer Ärztin gesprochen hat? Haben Sie vergessen, mit wem wir es zu tun haben?«
    »Notieren Sie, Major.« Raiski seufzte müde und diktierte ihm Julias Telefonnummern. »Ich gestehe, ich habe Sie unterschätzt.«
    »Freut mich.« Sergej lächelte. Er war bereits im Bad und packte die neue Zahnbürste aus, die Natalja ihm hingelegt hatte.
     »Ich habe eine große persönliche Bitte an Sie. Lassen Sie

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