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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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meine Frage damit wirklich beantwortet war, aber wir vereinbarten einen Termin für den nächsten Tag und fanden in der Woche auch gleich noch einen Abend, an dem wir beide Zeit hatten, uns auf einen Drink zu treffen.
    Ich informierte Pryor, der keine Einwände hatte, sodass ich –
    ohne recht zu wissen, wie mir geschah – am nächsten Nachmittag vor dem Polizeirevier stand und mich mit einer meiner alten College-Freundinnen unterhielt. Ich hatte versucht, mich ein wenig schick zu machen, indem ich in eine dunkle Jacke und eine schwarze Hose geschlüpft war, aber Polly kam direkt aus ihrer Kanzlei und befand sich schon rein optisch auf einem ganz anderen Niveau der Geschäftsmäßigkeit. Sie trug einen grauen Nadelstreifenanzug und sah mit ihrem rabenschwarzen glatten Haar und ihrer braunen Haut einfach umwerfend aus. Wir umarmten uns.
    »Es tut mir Leid, dass ich mit diesem Unsinn deine kostbare Zeit verschwende. Eigentlich müssten wir in einer Minute wieder draußen sein.«

    Ein uniformierter Beamter führte uns in Pryors Büro, das bereits voller Menschen zu sein schien. Brendan war in Begleitung einer ebenfalls sehr formell gekleideten Frau mittleren Alters, die Pryor uns als Deirdre Walsh vorstellte, Brendans Anwältin. Sie musterte mich leicht irritiert, als hätte sie jemand ganz anderen erwartet. Ich stellte ihnen Polly vor und gab mir große Mühe, nicht in Brendans Richtung zu sehen.
    Pryor fragte, ob sie über die Situation Bescheid wisse.
    »Ich habe sie aufgeklärt«, antwortete ich. »Aber ich weiß ja selbst nicht genau, worum es eigentlich geht.«
    Pryor, Brendan und Walsh sahen sich an. Sie führten definitiv etwas im Schilde. Pryor fingerte einen Moment nervös an einer Akte auf seinem Schreibtisch herum. Dann schlug er sie auf.
    »Auf Mr. Blocks Bitte hin«, begann er, »handelt es sich hierbei um ein inoffizielles Treffen.«
    »Was soll das heißen?«, fragte ich.
    »Das werden Sie gleich hören«, antwortete Pryor und nahm ein Blatt aus der Akte. »Wir wissen alle mehr oder weniger, was passiert ist. Trotzdem dürfte es sinnvoll sein, die wichtigsten Vorfälle kurz durchzugehen.« Er schürzte die Lippen und zögerte einen Moment, ehe er weitersprach.
    »Letztes Jahr hatten Sie beide eine kurze intime Beziehung, die von Mr. Block beendet wurde.«
    »Das stimmt nicht«, protestierte ich.
    »Bitte, Miss Cotton, lassen Sie mich einfach …«
    »Nein. Ich werde nicht ruhig hier sitzen und zu einer solchen Lüge nicken. Es war ganz einfach. Ich habe Brendan dabei erwischt, wie er mein Tagebuch las …«
    »Bitte, Miss Cotton, Miranda, lassen Sie mich erst mal weitermachen. Sie können sich hinterher dazu äußern.«
    Ich biss die Zähne zusammen und schwieg.
    »Mr. Block zufolge hat er die Beziehung beendet. Durch eine vielleicht etwas unglückliche Fügung kam er anschließend mit Ihrer Schwester zusammen und hatte dann eine Beziehung mit einer gemeinsamen Freundin …«
    »Sie war meine Freundin«, stellte ich richtig.
    »Eine Beziehung«, fuhr Pryor fort, als hätte er meinen Einwand nicht gehört, »die tragisch endete.«
    »Für Laura«, bemerkte ich. »Nicht für Brendan.«
    Deirdre Walsh stieß eine Art wütenden Seufzer aus. Als ich sie ansah, funkelte sie zornig zurück.
    »Miranda, bitte«, sagte Pryor.
    Polly beugte sich zu mir herüber und legte mir eine Hand auf den Arm. Ich nickte. Pryor sprach weiter.
    »Ich werde die vielen Konfliktsituationen, zu denen es kam, während Brendan mit Ihrer Schwester verlobt war, nicht im Einzelnen zur Sprache bringen, sondern stellvertretend nur die Gelegenheit erwähnen, als Sie dabei erwischt wurden, wie Sie in Brendans Zimmer seine Sachen durchwühlten.«
    Ich wandte mich zu Polly um. Davon hatte ich ihr nichts erzählt. Sie verzog keine Miene.
    »Mr.
    Block räumt ein, dass seine Trennung von Ihrer Schwester ein schmerzhafter Prozess war, aber zumindest stand er danach nicht mehr mit Ihrer Familie in Verbindung. Was jedoch nur dazu führte, dass Ihr unberechenbares Verhalten ihm gegenüber noch extremer wurde. Da wären beispielsweise die wilden Anschuldigungen zu nennen, die Sie gegen ihn erhoben.
    Sie sprachen darüber mit mehreren Personen, unter anderem …
    nun ja, unter anderem mit mir. Sie beharrten sogar dann noch auf Ihren Behauptungen, als ich mir die Mühe machte, Ihnen zu erklären, dass diese Anschuldigungen – beispielsweise im Hinblick auf Lauras Tod – nachweislich falsch waren.«
    »Das stimmt einfach nicht«, widersprach ich.

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