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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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habe mit ihr über meine Gefühle nach dem Verlust meines Bruders und meiner besten Freundin gesprochen.«
    »Das hättest du mir sagen sollen.«
    »Wieso? Weil du dann alles, was ich dir erzählt habe, als Symptom irgendeiner psychischen Störung hättest abtun können?« Polly widersprach mir nicht. »Ich werde mich mit ihrem Vorschlag auf keinen Fall einverstanden erklären«, fügte ich hinzu.
    Polly schüttelte energisch den Kopf.
    »Hör auf, Miranda. Sie haben dir ein sehr großzügiges Angebot gemacht.«
    »Das sollen sie erst mal vor Gericht beweisen.«
    »Miranda!« Polly packte mich so fest am Arm, dass ich fast aufgeschrien hätte. »Wenn du vor Gericht gehst, wirst du verlieren. Glaub mir, bei einem Kreuzverhör zu den Punkten, die der Detective vorgelesen hat, wirst du nicht gut abschneiden.
    Sie werden dich verurteilen, das kann ich dir versprechen. Wenn du den falschen Richter erwischst, landest du womöglich für ein paar Monate in Holloway. Möchtest du das wirklich? Das verfolgt dich den Rest deines Lebens, jedes Mal, wenn du ein Formular ausfüllst, jedes Mal, wenn du dich um einen Job bewirbst oder ein Visum beantragst.« Der mitleidige Blick, mit dem Polly mich musterte, machte mich rasend. »Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber es tut mir sehr Leid. Miranda, lass mich fünf Minuten lang deine Anwältin sein. Wir müssen ihr Angebot auf jeden Fall akzeptieren. Wie es auch aussehen mag, sie lassen dich definitiv mit einem blauen Auge davonkommen.
    Bist du einverstanden, wenn ich sie jetzt wieder hereinrufe?«
    Ich konnte vor Wut kaum sprechen. Meine Haut fühlte sich heiß und feucht an, mein Mund dagegen völlig ausgetrocknet.
    »Meinetwegen«, antwortete ich.

    Auf dem Weg nach draußen sah ich Brendan auf dem Gang stehen. Er unterhielt sich gerade mit Rob Pryor. Als er meinen Blick bemerkte, lächelte er. Er hob den rechten Zeigefinger und bewegte ihn leicht hin und her, als wäre er ein Lehrer und ich ein unartiges Kind. Dann ließ er den Finger an seinem Hals entlanggleiten. Was meinte er damit? Wollte er auf diese Weise ein Messer andeuten, mit dem jemandem die Kehle aufgeschlitzt wurde? Oder die Schlinge um Troys Hals? War das eine Warnung? Leg dich bloß nicht mit mir an.
    »Hast du das gesehen?«, fragte ich Polly.
    »Was?«
    Außer mir schien es nie jemand zu sehen.
    Als wir wieder draußen im grellen Sonnenlicht standen, meinte Polly, ich könne sehr froh sein, so glimpflich davongekommen zu sein. Ich hatte eine von Deirdre Walsh vorbereitete Erklärung unterschrieben, in der ich versprach, jede weitere Kontaktaufnahme mit Brendan oder seinen Freunden und Familienmitgliedern zu unterlassen. Polly hatte sich außerdem in meinem Namen entschuldigt und erklärt, ich hätte unter sehr großem Druck gestanden und sei deswegen bereits in psychiatrischer Behandlung. Nun streckte sie mir zum Abschied die Hand hin.
    »Das macht mir alles nichts aus«, sagte ich. Polly starrte mich verwirrt an. »Es ist sowieso kompletter Schwachsinn«, fuhr ich fort. »Eigentlich war von vornherein klar, dass Brendan bei so was besser abschneiden würde als ich. Jemand, der sich so gut aufs Lügen versteht wie Brendan, wird es immer schaffen, jemanden wie mich als Lügnerin hinzustellen. Ich glaube, du hast mir einen guten Rat gegeben. Ich musste dieses Dokument unterschreiben. Ich sollte dir also dafür danken, dass du mich vor Schlimmerem bewahrt hast. Aber eins muss ich dich unbedingt noch fragen: Glaubst du mir?«
    Polly zögerte.
    »Glaubst du mir, oder glaubst du mir nicht?«
    Sie machte eine verlegene Handbewegung.
    »Woher soll ich denn wissen, ob du die Wahrheit sagst?«
    »Weil du meine Freundin bist«, antwortete ich. »Wenn du eine wirkliche Freundin wärst, würdest du mich kennen und mir vertrauen.«
    »Tut mir Leid, Miranda«, entgegnete sie. »Sogar Freunde können krank werden.«
    Ich gab ihr die Hand. Noch am selben Abend rief Polly mich an und erklärte mir, sie müsse unseren geplanten Drink leider absagen, ihr sei etwas dazwischengekommen.

    38. KAPITEL
    Ich ging in den nächsten Zeitungsladen und besorgte mir einen Notizblock. Sie hatten nur einen in einem schrecklichen Lilaton, aber was spielte die Farbe schon für eine Rolle? Zehn Minuten später setzte ich mich an meinen Tisch und schlug den Block auf. Der erste Kugelschreiber, den ich fand, funktionierte nicht.
    Ich musste mehrere Schubladen durchwühlen, ehe ich einen zweiten fand. Entnervt fasste ich einen weiteren

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