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Der falsche Graf

Der falsche Graf

Titel: Der falsche Graf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edna Schuchardt
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so unerwartet, dass Marlies mehrere Sekunden brauchte, um zu begreifen, dass er sie losgelassen hatte. Zitternd richtete sie sich auf und sah angstvoll um sich. Der Schatten war verschwunden, die hauchfeinen Vorhänge blähten sich vor der weit geöffneten Balkontür. Marlies ballte die Hände zu kleinen verzweifelten Fäusten und begann zu schreien.
    ***
    Die Stimmung am Frühstückstisch war gedrückt. Dunkle Ringe unter Luitpolds Augen sprachen von einer durchwachten Nacht, er war wortkarg, beinahe unfreundlich, was bei ihm nur selten vorkam. Seine Frau Daniela wirkte ebenfalls angespannt. Sie lehnte den Toast ab, den ihr Tante Miene anbot und verlangte ausschließlich eine Tasse Kaffee trinken zu wollen. Miene goss ihr ein und schluckte die Bemerkung hinunter, dass zuviel Kaffee ungesund sei.
    "Wir hätten vielleicht doch die Polizei einschalten sollen." Daniela tat Milch und Zucker in ihre Tasse und begann nervös darin herumzurühren. "Erst dieser Autoaufbruch, jetzt der fremde Mann in Frau Pfisters Zimmer..."
    "Der angebliche Mann in Frau Pfisters Zimmer" Ungeduldig zerknüllte Luitpold seine Serviette. "Bist du sicher, dass sie sich den nicht nur eingebildet hat?"
    Daniela schüttelte den Kopf. "Frau Pfister kommt seit Jahren zu uns. Sie ist ein ruhiger, unauffälliger Gast. Nein, ich glaube nicht, dass sie sich das eingebildet hat."
    "Mein Gott, sie ist alleine!" Mit einer unbeherrschten Geste warf Luitpold die zerknäulte Serviette auf den Teller und stand auf. "Kein Kind, kein Rind, nur ihre alte Mutter, die sie tyrannisiert. Vielleicht haben ihr die Nerven einen Streich gespielt?"
    "Also, das ist doch mal wieder typisch!" Daniela war verärgert. "Wenn es ein männlicher Gast gewesen wäre, würdest du den Fall ernster nehmen."
    "Ich versuche nur, den Schaden zu begrenzen!" Luitpold blieb hinter seinem Stuhl stehen. Seine Finger umkrampften die Lehne so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. "Vor allem versuche ich, den Betrieb ungestört aufrecht zu erhalten. Wenn sich die Geschichte herumspricht, haben wir demnächst andauernd solche Horrornächte."
    "Was ist denn passiert?", mischte sich Tante Miene ein, die ausnahmsweise fest geschlafen und nichts von der nächtlichen Unruhe bemerkt hatte.
    Daniela und ihr Gatte wechselten einen Blick miteinander, dann holte Daniela tief Luft. "Frau Pfister behauptet, heute Nacht in ihrem Zimmer überfallen worden zu sein."
    "Mein Gott!" Tante Miene schaltete den Toaster aus. Es hatte sowieso niemand Appetit. "Hat sie den Täter gesehen?"
    "Ein Mann, schwarz gekleidet, mehr wusste sie nicht." Daniela trank ihren Kaffee aus und schenkte sich nach. "Poldi und ich haben versucht, sie zu beruhigen. Wir haben ihr ein anderes Zimmer gegeben, aber ich fürchte, sie wird dennoch abreisen."
    "Hat der Mann ihr irgendetwas getan, ich meine..." Tante Miene sah zwischen ihrer Nichte und deren Gatten hin und her. "Na, ihr wisst schon, was ich meine." Beide schüttelten die Köpfe. "Und wurde etwas gestohlen?"
    Wieder verneinte das Ehepaar.
    "Als ich das Zimmer betrat, standen ein paar Schubladen offen", berichtete Daniela. "Aber ich habe in er Aufregung nicht so auf die Umgebung geachtet. Ich hatte alle Hände voll zu tun, Frau Pfister zu beruhigen."
    Tante Miene schloss die Augen und versuchte, sich die Szene vorzustellen. "Wo war Frau Pfister, als ihr in ihr Zimmer kamt?"
    "Sie saß in ihrem Bett und schrie wie am Spieß." Luitpold verzog das Gesicht als würde er die Schreie immer noch hören. "Daniela hat sich sofort um sie gekümmert, während Frau Dauser und Herr Kukwa die Umgebung nach dem angeblichen Einbrecher abgesucht haben. Aber wir fanden keinerlei Hinweise auf einen Eindringling."
    "Er ist über den Balkon gekommen und auch wieder verschwunden", warf Daniela gereizt ein. Es ärgerte sie, dass ihr Mann den Fall offensichtlich nicht ernst nahm. "Frau Pfister hatte die Tür aufgelassen. Für den Eindringling war es also ein Leichtes, in den Raum zu gelangen."
    "Und wurde etwas gestohlen?"
    Luitpold sah die alte Dame scharf an. "Bitte, liebste Hermine, halte deine Spürnase da raus." Wenn er "Hermine" sagte, meinte er es absolut ernst. "Das ist kein Kriminalfall, verstehst du? Es wurde niemand verletzt, es wurde nichts entwendet, nichts ist kaputt. Frau Pfister hatte meiner Meinung nach lediglich einen Alptraum."
    Er trat zu Daniela, hauchte ihr einen Kuss auf die Schläfe und verließ eiligen Schrittes das Esszimmer. Die beiden Frauen blieben schweigend am Tisch

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