Der falsche Graf
sitzen. Erst nach einer längeren Pause nahm Miene das Thema noch einmal auf.
"Liegt das Zimmer von Frau Pfister nicht neben dem von Frau Weyrich?"
Daniela griff nach ihrer Tasse, leerte sie und stand auf.
"Halte dich bitte raus, Tante." Sie lächelte zwar, aber der Blick ihrer blauen Augen war eisig. "Wir haben Herrn Moltke Bescheid gesagt. Er wird sich darum kümmern. Diskret und ohne Hundertschaften von Polizisten. Wir müssen auf unseren Ruf achten."
Damit spielte Daniela zweifellos auf Tante Mienes letztes Abenteuer an, bei dem eine Mannschaft Bereitschaftspolizisten durch den Park gerobbt war. Um Daniela nicht noch mehr aufzubringen nickte Miene brav Zustimmung, aber hinter ihrer Stirn jagten sich die Gedanken. Dass ein Richard Moltke den Fall aufklären sollte, diese Idee war geradezu lächerlich. Der abgehalfterte Streifenpolizist (er nannte sich Privatdetektiv) war noch nicht mal in der Lage einen ausgebüchsten Elefanten in seinem Gehege zu finden, geschweige denn einen ausgebufften Verbrecher zu stellen, der aus welchem Grunde auch immer die Hotelgäste in Angst und Schrecken versetzte.
Tante Miene erhob sich, sammelte das gebrauchte Geschirr ein und trug alles in die Küche. Dort begann sie die Vorratsschränke zu durchsuchen. Eier, Kartoffelpüree, Muskatnuss, rote Bete, Delikatessgurken, Cornedbeef, alles da. Nur der Hering und die Sardellen fehlten, aber die würde sie vom Küchenchef bekommen. Es war mal wieder Zeit ein richtiges Hamburger Labskaus zuzubereiten!
15. Kapitel
Jennys buntschillernde Erscheinung leuchtete in der gediegen-eleganten Umgebung des Frühstücksraumes wie das Gefieder eines Kakadus in einer Voliere voller Spatzen. Sofort folgten ihr die Blicke aller Anwesenden sie als sie auf hohen Absätzen zu ihrem Tisch stöckelte. Sie tat als würde sie es nicht bemerken. Mit einem strahlenden Lächeln begrüßte sie ihre Schwester, reichte Simon Strauber die Hand und ließ sich auf den freien Stuhl fallen.
"Habt ihr schon gehört, heute Nacht soll jemand in das Zimmer eines Gastes eingebrochen sein?" Mit einer anmutigen Bewegung schlug Jennifer die langen Beine übereinander und sah beifallheischend in die Runde. "Irgendeine Lehrerin, ledig..." Sie kicherte. "Die soll geschrien haben wie am Spieß."
"Das hättest du wohl auch, wenn jemand mitten in der Nacht in deinem Zimmer herumschleicht", versetzte Conny nüchtern. Sie trank den Rest Kaffee aus und sah auffordernd zu Simon. "Können wir?"
"Was habt ihr denn vor?", wollte Jenny wissen.
"Wir wollen uns Schloss Linder Hof ansehen", gab Simon Auskunft, da Conny keine Anstalten dazu machte.
"Äh, wie langweilig." Jenny sah zum Büffet, das von verschiedenen Müslisorten, über Obst und Joghurt bis zum hauchzarten Schinken alles bot, was eine verwöhnte Zunge erfreuen kann. "Nee, da gehe ich lieber nach Füssen shoppen." Sie goss sich Kaffee ein. "Was ist eigentlich mit deinem Auto, Conny?"
"Wir warten immer noch darauf, dass der Hersteller das neue Schloss liefert." Conny erhob sich. Sie wollte endlich los. Der Tag versprach heiß zu werden. Sie hatte keine Lust in der Mittagshitze auf der Piste zu sein.
Aus den Augenwinkeln sah sie Klaus-Peter auf den Tisch zukommen. Eine gute Gelegenheit sich aus dem Staube zu machen und Jenny der Obhut des Grafen zu überlassen, auf den Jenny sowieso ein Auge geworfen hatte. Doch Klaus-Peter beteuerte sogleich, dass er heute einen Wellnesstag einlegen wollte, da er das Angebot bisher noch gar nicht richtig genutzt hatte.
"Oh, schade!" Nolte Jenny und zog ein Schmollmündchen. "Ich hatte gehofft, dass Sie mich nach Füssen begleiten." Mit einem koketten Wimpernschlag versuchte sie Klaus-Peter umzustimmen. "Ich wollte mir ein paar Dessous und Accessoires kaufen, da könnte ich einen Berater mit Geschmack gebrauchen."
"Tut mir Leid." Klaus-Peter blieb freundlich aber bestimmt. "Ihr Vertrauen ehrt mich und ein anderes Mal stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Aber heute möchte ich mir gerne etwas Ruhe und Erholung gönnen."
Simon und Conny warteten nicht ab, wer den Kampf gewinnen würde. Sie verließen den Frühstücksraum und starteten ihren Ausflug, während Jenny ihren Charme spielen ließ, um Klaus-Peter doch noch zu einem Bummel zu überreden.
"Geschafft!" Simon setzte sich etwas bequemer zurecht und lockerte den Griff um das Lenkrad. "Ich hatte schon befürchtet, wir hätten alle beide im Schlepptau."
Conny warf ihm einen amüsierten Blick zu. Sie wusste, dass er ein wenig
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