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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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der Hand, wann es zu Ende ist«, sagte ich. Dann streifte ich die Slipper von seinen Füßen. » Als Nächstes werde ich Ihre Zehen zu Hackfleisch verarbeiten«, sagte ich und zeigte ihm meine Stiefel.
    » Nein, Jason. Hör auf!«, rief Tori.
    » Sie haben … keine Ahnung«, murmelte Stanley.
    » Ich weiß, dass Ihre Firma das Nitromethan geliefert hat und Randys Firma das Düngemittel. Ich weiß, dass Sie eine Bombe bauen. Und das FBI weiß das ebenfalls. Sie kennen doch das FBI , Stan. Vermutlich haben Sie das genau ausgeklügelt. Die Bundesbehörden sind immer ein oder zwei Schritte hinterher, weil sie Beweise für einen Durchsuchungsbefehl brauchen, aber irgendwann sind die auch so weit. Stanley, Sie sind erledigt. Die sind Ihnen auf der Spur. Weder Sie noch Randy noch irgendjemand aus Ihrer Gruppe von Geistesgestörten wird davonkommen. Also erzählen Sie mir, was Sie vorhaben und wann es stattfindet, oder Sie werden den Rest Ihres armseligen Lebens an Krücken gehen.«
    » Ich … war … nicht eingeweiht.«
    Ich legte eine Pause ein. Er wollte mir also erzählen, dass es Sicherheitsmaßnahmen gab und nur die Akteure des betreffenden Tages in die Details eingeweiht waren. Das war immer eine gute Geheimhaltungsstrategie.
    » Sie wissen jede Menge, Sie Drecksack.« Ich packte ihn am Hemd. » Ich gehe nicht, bevor Sie es mir nicht verraten.«
    Ich wollte seine Zehen nicht zerquetschen. Aber es war eine Chance, etwas herauszufinden. Vielleicht meine einzige Chance. Also verpasste ich ihm einen weiteren Stoß gegen die Schulter, der ihn daran erinnerte, wie sehr sie schmerzte.
    Er stieß einen dumpfen Laut aus, irgendetwas Primitives, wie ein verwundetes Tier, dann sackte er gegen die Armlehne des Sessels und fauchte durch die Zähne. Jetzt war die Grenze erreicht. Er schrie nicht einmal mehr laut, er keuchte und stöhnte nur noch. Zu viel auf einmal war unerträglich.
    » Sie werden es mir erzählen. Und weil Sie vermutlich bald ohnmächtig werden, kommen wir besser gleich zum Finale. Es besteht darin, dass ich in Ihre Küche gehe, ein Schlachtermesser hole und Ihnen die Eier abschneide. Sie werden hier im Sessel verbluten, während ich dabei zusehe.«
    Ich blickte zu Tori, die mich mit offenem Mund anstarrte. Offenbar war sie sich nicht sicher, was sie da miterlebte oder wen sie miterlebte. Nicht mal ich war mir da sicher, nicht im Moment.
    Ich deutete ein Kopfschütteln an, um ihr zu signalisieren, dass ich bluffte. Doch das änderte nichts an ihrem Gesichtsausdruck.
    Stanley schluckte hart, dann wurden seine Augen leer. Einen panischen Moment lang dachte ich, er wäre gestorben. Aber er war nicht tot. Er war nur ruhig geworden.
    » Es … tut mir leid«, murmelte er. » So leid … dass ich nicht für dich da war.«
    » Was tut Ihnen leid?«, fragte ich und schüttelte ihn am Arm.
    Er verzog das Gesicht. Aus dem Nichts kamen plötzlich Tränen und strömten seine Wangen hinab, während sein Kopf auf die Armlehne sank.
    » Ich vermisse dich so«, sagte er. » Ich komme … zu dir … ich komme …«
    » Er verfällt in einen Schockzustand«, sagte Tori. » Wir müssen ihn in ein Krankenhaus schaffen.«
    Ich blickte wieder zu Stanley, der mir in die Augen sah. » Töten Sie mich«, sagte er mit erstaunlich kräftiger Stimme. » Es spielt kei… keine Rolle … mehr.«
    » Erzählen Sie es mir, Stanley. Was immer Sie vorhaben, es muss verhindert werden.«
    In null Komma nichts hatte mein Tonfall von aggressivem Drohen zu Bitten gewechselt. Dieser Mann, das hatte ich jetzt erkannt, würde nicht reden. Vermutlich konnte ich sogar die Wasserfolter anwenden, und er würde nicht auspacken. Was immer er vorhatte, er stand entschlossen dahinter.
    Worüber er da sprach – über irgendeine Tragödie in seinem Leben? –, wusste ich nicht. Aber mir war klar, dass ich ihn nicht zum Reden bringen würde, und einfach hierlassen konnte ich ihn auch nicht.
    Also hob ich ihn auf meine Arme und ging zur Tür.
    83
    Tori fand in ihrem iPhone die nächstgelegene Notaufnahme. Ich stürmte hinein, und wir wurden sofort drangenommen. Ich erzählte ihnen, mein Onkel hätte alleine einen Kühlschrank in den Keller tragen wollen und wäre dabei die Treppe hinuntergestürzt. Die Frakturen des Handgelenks, der Hände und die ausgerenkte Schulter schienen mir zu dieser Geschichte zu passen.
    Stanley konnte natürlich eine ganz andere Geschichte erzählen, aber das erschien mir wenig wahrscheinlich. Er hatte eine ziemlich schmutzige Weste.

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