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Der falsche Mann

Der falsche Mann

Titel: Der falsche Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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dass du die Anklage fallen lässt, Wendy. Aber gönn uns einfach mehr Zeit. Lass uns den Prozess vertagen oder zusammen vor den Richter treten mit einem Antrag auf Einstellung wegen Verfahrensfehler. Du hast mehr als begründete Zweifel daran, dass die Person, die du anklagst, wirklich schuldig ist. Ich muss das noch mal in der Verfassung nachlesen, aber vermutlich ist das etwas, das du nicht tun solltest.«
    Sie schüttelte den Kopf. » Wenn du mir diese Information früher gegeben hättest, hätte ich sie einbeziehen und Nachforschungen anstellen können. Das hätte ich ganz sicher getan, Jason. Aber du hast sie zurückgehalten, um mich damit zu überraschen …«
    » Du weißt verdammt genau, dass Richter Nash meine Beweisführung in einer Nanosekunde zurückgewiesen hätte, hätte ich sie in dieser vorläufigen Form vorgelegt! Und du hättest ihm auch noch dafür applaudiert«, fügte ich hinzu. » Ich konnte diese Fakten nicht anführen, solange es bloße Spekulation war. Ich hätte gerne noch ein bisschen länger damit gewartet, aber weil du deine Beweisführung frühzeitig abgeschlossen hast, hieß es jetzt oder nie. Jeden Tag erfahre ich neue Dinge, Wendy, und jeden Tag wird meine Theorie weiter untermauert. Denk nur an das, was du mir da drin gezeigt hast.«
    » Gern geschehen übrigens.«
    » Ja, danke, dass du deinen Job gemacht hast. Auch wenn wir beide wissen, dass andernfalls ich Mitra hätte vorladen lassen und den Richter über die verweigerte Zusammenarbeit informiert hätte.«
    Diese Bemerkung hätte ich mir vermutlich besser verkniffen. Natürlich war es uns beiden klar, trotzdem war es besser, wenn sie das Gefühl hatte, es aus freien Stücken getan zu haben. Es ermunterte sie zu einer kooperativen Haltung und verhinderte, dass sie sich in ihre Ecke zurückzog und ich mich in meine, bevor wir im Ring wieder aufeinander einprügelten.
    » Hör zu, Wendy. Ein Kerl, den ich wegen Beihilfe zum Mord und womöglich wegen noch Schlimmerem unter die Lupe nehme, wird tot aufgefunden, bevor ich ihn vorladen kann. Es ist ein lupenreiner Mord, der als Selbstmord ausgegeben wird. Damit wir nicht erkennen, was er in Wahrheit ist – nämlich ein weiterer Beweis für eine groß angelegte Vertuschungsaktion.«
    Das alles wusste sie bereits. Ich versuchte es nur für sie noch einmal in ein klares Licht zu rücken. Es sollte ein tiefgehendes Schuldgefühl bei ihr wecken. Und hier kam der K.o.-Schlag:
    » Ein Mann hat sein Leben für sein Land riskiert und wurde dabei völlig ruiniert – schuldet ihm die Regierung, die ihn dorthin geschickt hat, da nicht wenigstens einen gründlichen Blick auf die Beweise, bevor sie ihn lebenslänglich ins Gefängnis schickt?«
    » Okay«, sie winkte ab. » Das reicht. Du hast deine Theorie, ich habe meine. Ich glaube immer noch, dass dein Mandant der Täter ist. Du glaubst es nicht. In Ordnung. Lass uns in die Schlacht ziehen. Und wäre ich nicht auf den Prozess vorbereitet, dann würdest du mir wohl auch kaum deine Schulter zum Ausweinen anbieten.«
    » Unsere Jobs haben ein unterschiedliches Profil, und das weißt du. Du hast eine höhere moralische Verpflichtung.«
    Sie deutete mit dem Finger auf mich. » Belehre mich nie wieder über meine Verpflichtungen, Jason. Ich habe die Nase voll von deinen Moralpredigten. Ich habe meinen Täter und eine schlüssige Beweisführung. Soll doch der Richter über Prozessaufschübe oder Verfahrensfehler entscheiden. Ich habe dir Zugang zu diesen Informationen über die Autopsie verschafft, und damit hat sich’s. Das war mehr als genug Entgegenkommen. Jetzt erledige du deinen Job, und ich erledige meinen.«
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und rauschte davon. Ich hatte sie noch nie so wütend gesehen. Aber es war keine verlorene Zeit gewesen. Zwar hatte ich das Gewünschte nicht erhalten, trotzdem würde sie über die Sache nachdenken. So sehr sie sich auch wehrte – sie kannte ihre Verpflichtung und war sich darüber im Klaren, dass diese über das Gewinnen eines Prozesses hinausging. Es ging um Gerechtigkeit. Ich hoffte immer noch, dass sie sich morgen auf meine Seite schlagen würde.
    Apropos. Ich blickte auf meine Uhr. Es war Sonntag Punkt zwölf Uhr mittags. In einundzwanzig Stunden würden wir uns wieder im Gerichtssaal einfinden.
    Mein Handy klingelte. Es war Joel Lightner.
    » Ich bin in der Kanzlei«, sagte er. » Wo zum Teufel steckst du?«
    Ich seufzte. » Ich? Ich bin im Schönheitssalon und lass mir die Augenbrauen

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