Der falsche Mann
Manning.« Ich rammte ihm mein rechtes Knie in den Unterleib. Er kippte nach vorn, aber ich war da, um ihn aufzufangen. In meinen Armen sackte er in sich zusammen, aber obwohl ich nicht trainiert hatte seit der Verletzung meines linken Knies – das übrigens dank des Adrenalinschubs gut mitmachte –, gelang es mir, ihn wieder aufzurichten, indem ich die Wand zu Hilfe nahm. Das musste mit irgendwelchen physikalischen Gesetzen zu tun haben. Ich würde Tori später dazu befragen.
» Jason, was machst du da?«, fragte Tori.
» Ich erkundige mich nach Informationen. Warum gehst du nicht nach oben und schaust dich dort ein wenig um? Ist das in Ordnung für Sie, Stan, wenn meine Partnerin oben ein wenig herumschnüffelt?«
» Scheiß … auf Sie.«
» Ich nehme das als Ja.« Ich nickte Tori zu, darauf bedacht, ihren Namen nicht zu erwähnen. » Sieh dich um. Such nach einem Computer, einem Handy, Unterlagen, solchem Kram.«
Ich wartete, bis sie die Stufen hinaufgerannt war.
» Ich werde … Sie beide töten«, sagte Stanley
Ich hielt ihn mit meiner linken Hand fest. Dann rammte ich meinen rechten Ellbogen gegen sein Schultergelenk. Der Lineman in der College-Footballmannschaft hatte diesen Block den ganzen Tag lang geübt, und ich hatte ihm nach dem Training dabei Gesellschaft geleistet. Ich hatte dieses Manöver immer gemocht, ein schneller Stoß, der ohne Ausholen gleichsam aus dem Nichts kam.
Der Treffer gegen Stanleys Schulter war entweder Übelkeit erregend oder befriedigend, je nachdem aus welcher Perspektive man es betrachtete. Stanley schrie auf vor Schmerz und biss dann die Zähne zusammen. Jetzt war er richtig sauer.
» So fühlt sich ein ausgerenktes Schultergelenk an, Stan. Wie angekündigt werde ich Knochen brechen, aber bisher waren das nur ein Tritt in die Eier und eine ausgekugelte Schulter …«
Seine rechte Hand hob sich zu einem wirkungslosen Schlag. Ich packte seine Rechte mit beiden Händen. Dann bog ich seine Finger zurück und legte mein ganzes Körpergewicht hinein. Vermutlich brach ich ihm mindestens drei Finger, den Knackgeräuschen nach zu urteilen. Allerdings war es schwer, das genau zu sagen, weil die Geräusche fast gleichzeitig ertönten.
Keane stürzte zu Boden, seine linke Hand hielt die rechte umklammert. Er schrie, und weil das hier ein ruhiges Viertel war, warf ich mich auf ihn und presste meine Hand auf seinen Mund.
» Es wird noch schlimmer, Stan. Ich breche Ihnen jeden einzelnen Knochen im Leib, wenn es sein muss. Also kommen wir endlich auf den Punkt.« Ich funkelte ihn an. » Erzählen Sie mir was über die Bomben.«
82
» Jason, hör auf damit.« Tori kam die Treppe heruntergelaufen, in der Hand eine blaue Sporttasche aus Leinen. » Du bringst ihn noch um.«
» Man stirbt nicht an einer ausgerenkten Schulter«, stellte ich fest, die Knie auf Stanleys Arme gedrückt. » Oder an gebrochenen Fingern. Oder an einem gebrochenen Handgelenk. Sieht dieses Handgelenk für Sie gebrochen aus, Stan?«
Ein gebrochenes rechtes Handgelenk passte in meinen Augen vorzüglich zu gebrochenen linken Fingern, denn damit konnte er keine Waffe mehr bedienen, jetzt oder später. Stanley hatte die Augen zugekniffen und stöhnte vor Schmerz. Offensichtlich befand er sich kurz vor einem Schockzustand. Möglicherweise hatte Tori doch recht.
» Wenn du weitermachst, kriegt er noch eine Herzattacke«, sagte sie.
» Stanley. Stanley.« Ich klatschte leicht gegen seine Wange. » Die Bomben, Stan. Was wollt ihr in die Luft jagen und wann?«
Stanley Keane verlor jetzt immer mal wieder kurz das Bewusstsein. Höchstwahrscheinlich litt er unter entsetzlichen Schmerzen. Ich hatte es übertrieben. Ich hatte meiner Wut freien Lauf gelassen. Aber das war mir gleichgültig.
» Hör auf damit, Jason. Ich denke, ich hab was gefunden. Lass uns verschwinden«, sagte Tori. » Bitte.«
» Geh zum Wagen«, sagte ich. » Du musst hier nicht dabei sein.«
» Nein. Ich gehe nicht ohne dich. Komm jetzt.«
» Noch nicht.« Ich erhob mich von Stanley, schleifte ihn ins Wohnzimmer und hievte ihn in einen Sessel. Dann marschierte ich in seine Küche, schnappte mir ein Glas und füllte es mit Wasser. Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, war er in sich zusammengesackt, sein Kinn lag auf der Brust, und sein Atem ging flach.
Ich nahm einen Schluck Wasser, weil ich durstig war. Den Rest schüttete ich ihm ins Gesicht.
Es half ein bisschen. Er schüttelte den Kopf und schaffte es, mich anzusehen.
» Sie haben es in
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