Der falsche Mann
funktioniert nicht.«
» Lightner, um Himmels willen«, sagte ich.
» Also, wenn Sie je Lust auf einen etwas reiferen Mann wie mich haben …«
Ich blieb abrupt stehen.
Joel bremste mit etwas Verzögerung ebenfalls ab. » Was hab ich denn gesagt? Du bist echt empfindlich in letzter Zeit.«
» Ich bin nicht empfindlich, Lightner. Aber eigentlich sind wir hier, um einen Tatort zu besichtigen. Daher dachte ich, wir sollten nicht einfach dran vorbeilatschen.«
» Da ist was dran.« Er drehte sich um und blickte zur gegenüberliegenden Straßenseite und dem Bücher-Antiquariat. Eine große Matte lag an der Stelle, wo Lorenzo Fowler verblutet war.
» Die Zeugen behaupten, sie hätten niemanden auf der Straße gesehen«, sagte ich. » Und er wurde nicht aus kurzer Distanz erschossen. Also kam der tödliche Schuss von der gegenüberliegenden Straßenseite, ziemlich genau von der Stelle, wo wir jetzt stehen. Vermutlich hockte der Mörder zwischen zwei Autos und lauerte Lorenzo auf. Offenbar ist Lorenzo um seinen Wagen herumgegangen und kassierte dann eine Kugel in die Luftröhre.«
Wir warteten ein paar vorbeifahrende Autos ab und hasteten dann über die Straße. Die Blutspuren waren immer noch auf der Straße zu sehen.
» Lorenzo taumelte nach dem Treffer rückwärts, den ganzen Weg bis zur Tür des Buchladens. Dann schoss man ihm in beide Kniescheiben.«
» Und der Schütze befand sich dabei immer noch auf der anderen Straßenseite?«, fragte Lightner.
» Ja. So muss es gewesen sein. Jedenfalls behaupten die Zeugen, es sei niemand über die Straße zu ihm gelaufen. Sie haben niemanden gesehen.«
» Und er hat eine Glock verwendet?«
» Eine Halbautomatik. Vermutlich eine Glock oder etwas Vergleichbares.«
Ich schwieg eine Weile und machte mir bewusst, dass ich jetzt direkt am Tatort stand. Es war immer etwas völlig anderes, den Ort persönlich zu besuchen, anstatt ihn nur von Fotos oder aus Zeugenschilderungen zu kennen.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Lightner mich aufmerksam beobachtete. Ich warf ihm einen Blick zu. Wir dachten beide dasselbe: zwei Fälle mit absoluten Präzisionsschüssen, aus beträchtlicher Distanz, mit einer Pistole?
Wir standen jetzt am Straßenrand, direkt vor dem Antiquariat. Auf dem Gehweg war immer noch eine verblasste Blutspur erkennbar, dort, wo ihn die erste Kugel getroffen hatte. » Warum ging Lorenzo überhaupt um seinen Wagen herum?«, fragte ich. » Er ist in Richtung Osten gelaufen. Das haben die Zeugen ausgesagt. Die meisten Menschen würden auf direktem Weg zur Fahrertür gehen. In dem Fall um die Vorderseite.«
» Vielleicht stand sein Wagen zu dicht am Wagen davor.«, schlug Lightner vor. » Vielleicht war nicht genügend Platz dazwischen.«
» Oder er war einfach vorsichtig«, schaltete sich Tori ein.
Ich blickte sie an und machte eine ermunternde Geste.
» Eine Frau ohne Begleitung kontrolliert immer erst ihren Wagen, bevor sie einsteigt«, fuhr sie fort. » Sie geht einmal rundherum und schaut auf den Rücksitz, ob ihr jemand auflauert.«
» Und Lorenzo war definitiv paranoid«, sagte ich. » Das kann ich bestätigen.«
Tori nickte. » Du vermutest also, dass der Täter sein Verhalten vorhersehen konnte.«
Ich blinzelte zu Joel hinüber. » Lightner, wozu brauch ich dich eigentlich noch? Tori hier ist ein Naturtalent. Du hast recht«, sagte ich dann zu ihr. » Das war ein Mafiamord. Lorenzo drohte eine Anklage, und die Capparellis haben befürchtet, er könnte einen Deal machen und Geheimnisse ausplaudern.«
» Und an dem Fall arbeitest du? Das ist ziemlich cool. Viel interessanter als quadratische Gleichungen.« Sie musterte mich. » Deshalb verteidigst du also Kriminelle.«
» Er ist ein glühender Verfechter der Menschenrechte«, sagte Lightner. » Er tut es nicht des Geldes wegen. Ebenso wie er sich mit schönen Frauen nicht wegen dem Sex trifft.«
Tori merkte auf bei der Verwendung des Plurals.
» Sie sollten zum Beispiel seine Kanzleipartnerin Shauna sehen«, erklärte er. » Auch sie eine Superbraut, aber alles streng platonisch.«
Joel weiß nie, wann es genug ist. Kein Wunder, dass alle seine Ehen Fehlschläge waren.
Wir machten uns auf den Weg zurück zu unserem Wagen. » Lightner«, sagte ich, » niemand, der nach 1960 geboren ist, verwendet noch den Ausdruck ›Superbraut‹.«
» Ich bin nach 1960 geboren.«
» Aber nicht viel.«
» In meinem Herzen bin ich eben jung geblieben.«
Tori schüttelte den Kopf. » Wozu bin ich
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