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Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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Parfum. Ein starker, süßlicher Geruch schlägt uns entgegen, als Audur die Zimmertür öffnet.
    Zwei Dinge erhalten meine ungeteilte Aufmerksamkeit: ein übervoller Kosmetiktisch vor einem großen, runden Spiegel in einem vergoldeten Rahmen. Und das breite Bett, auf dem eine hellrosa, seidenweiche Decke liegt.
    »Die Kosmetikkönige haben an ihr wohl gut verdient«, sage ich und fange an, einzelne Stücke der Sammlung auf dem Tisch genauer zu betrachten. »Es ist ja wie in einem Kosmetiksalon.«
    »Sjöfn konnte gut schminken«, sagt Audur und geht zum Fenster, das auf der Hafenseite liegt. »Sie hat manchmal mit dem Schminken Geld verdient, wenn nichts anderes zu bekommen war.«
    Ich setze mich auf das Bett. Es gibt angenehm nach.
    Dann werfe ich einen Blick in den Kleiderschrank. Entdecke ein paar prächtige Kleider. Auch chice Jacken, Blusen, Pullover, Hosen. Die meisten Kleidungsstücke sind in starken Farben.
    »Sie hat sehr auf ihr Aussehen geachtet.«
    Ich schließe den Schrank. Setze mich wieder auf das weiche Bett. Versuche einzuschätzen, was ich sehe.
    Was sagt mir das Zimmer über Sjöfn?
    Hier gibt es viele edle Klamotten. Ein Meer von Kosmetikartikeln.
    Aber kaum etwas anderes Interessantes.
    Außer viele Fotos von ihr. Sie hat sie an der Wand rings um den Spiegel aufgehängt. Aber kein Foto von jemand anderem.
    Alles hier im Raum dreht sich nur um Sjöfn.
    Wir gehen wieder hinaus auf den Flur.
    »Hast du sie gut gekannt?«, frage ich.
    Audur zuckt mit den Achseln.
    »Wann kennt man jemanden gut?«, fragt sie zurück und schließt die Tür ab. »Spielen denn nicht immer alle Theater? Verstecken sich hinter Masken wie auf der Bühne?«
    »Wie würdest du ihren Charakter beschreiben?«
    »Ich möchte am liebsten nicht schlecht über Verstorbene reden.«
    »Manchmal ist es notwendig, die Wahrheit zu sagen.«
    Sie schweigt.
    »Ich gebe es auch nicht weiter«, füge ich hinzu.
    Audur blickt sich im menschenleeren Gang um. Guckt mich anschließend mit ihren dunkelbraunen Augen an. Fährt sich mit ihrer Zunge über die Lippen.
    »Wenn du unbedingt möchtest, dass ich es laut ausspreche, dann war Sjöfn eine unmoralische, ordinäre Hure, die nur an sich selber dachte und sich nicht um die Gefühle anderer scherte. Ich vermisse sie nicht.«
    Ihre Stimme klingt ruhig. Frei von jeglicher Erregung.
    Ihr Gesicht gibt auch keine Auskunft über die starken Gefühle, die hinter einem solchen harten Urteil stehen müssen.
    »Eine Maske ist die älteste Form der Selbstverteidigung.«
    Sagt Mama.

9. KAPITEL
    D ie Goldjungs wollen Adalgrímur Sunndal schon wieder verhören. Sie haben ihn sogar schon aus dem Gefängnis geholt.
    Ich brause in meinem Silberpfeil zum Kripo-Palast.
    Schalte auf dem Weg den Laberkasten an. Höre, dass den Nachrichtengeiern immer noch das Oberste Gericht im Kopf herumspukt. Wiederholen alle Behauptungen, die im Netz veröffentlicht wurden: Auf den Justizminister werde Druck ausgeübt, Adalgrímur umgehend zum Rücktritt aufzufordern. Falls er nicht freiwillig ginge, käme eine Suspendierung in Frage. Viele hätten sich bereits dahin gehend geäußert, dass sie es für völlig indiskutabel hielten, einen Mann, der wegen Verdacht auf Mord zu Untersuchungshaft verurteilt wurde, weiterhin im Amt am höchsten Gericht des Landes zu lassen.
    Uff!
    Merkwürdig, wer alles bereit ist zu vergessen, dass jeder Mensch so lange unschuldig ist, bis seine Schuld vor Gericht bewiesen werden konnte. Obwohl das angeblich einer der Eckpfeiler des Rechtsstaates ist.
    Ich bekomme ein paar Minuten mit Adalgrímur, bevor das Verhör beginnt. Allein der Gedanke an einen Rücktritt macht ihn wütend.
    »Wie kann eigentlich jemandem einfallen, dass ich von meinem Amt unter diesen Umständen zurücktrete?«, fragt er aufgebracht. »Dann könnte ich ja gleich öffentlich verkünden, dass ich für diesen ekelhaften Mord verantwortlich bin. Das mache ich nie.«
    »Ich fand es nur richtig, dich vorzuwarnen. Dein Rücktritt oder deine Entlassung aus dem Amt ist momentan ein beliebtes Diskussionsthema in Radio und Fernsehen. Vor allen Dingen aber im Internet.«
    »Was den Klatsch im Netz angeht, muss man auf alles gefasst sein, aber hast du auch mitbekommen, dass einflussreiche Leute diese Forderung unterstützen?«
    »Soweit ich weiß, möchte die Opposition nächste Woche die Sache in einer aktuellen Stunde debattieren.«
    »Soso, die politischen Aasfresser sind also schon unterwegs«, sagt Adalgrímur. Bitterkeit schwingt

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