Der falsche Mörder
Rücken ins Bett, ziehe die Decke bis unters Kinn und gucke ihr durch die Tür nach.
Höre, wie die Haustür ins Schloss fällt.
Wälze mich im Bett. Kann nicht einschlafen.
Gehe schließlich wieder ins Bad. Hole die Jacke und den Rock. Hänge sie auf einem Bügel in den Schlafzimmerschrank.
Da klimpert etwas in der Jacke.
Ich durchsuche die Taschen. Finde Mattis Schlüsselbund.
Er könnte mir nicht gleichgültiger sein. Immerhin hat er noch ein zweites Set.
Ich lege die Schlüssel in die Nachttischschublade. Versuche weiter, etwas Nützliches zu tun. Um mich abzulenken.
Aber es wirkt nicht.
Da lege ich mich wieder ins Bett. Mache das Licht aus. Liege allein in der Dunkelheit unter meiner Decke. Versuche, das Gefühl der Leere zu verdrängen.
»Freude besteht auch darin, auf die Freude zu warten.«
Sagt Mama.
DRITTE WOCHE
31. KAPITEL
Sonntag
A dalgrímur verträgt die Einzelhaft schlecht.
Der Gefängnisaufenthalt hat deutliche Spuren hinterlassen. Er ist schlapper als sonst. Und müder. Fast apathisch. Als ob er Tranquilizer nehmen würde.
»Nimmst du hohe Dosen an Medikamenten?«, frage ich.
»Ich musste«, antwortet er, »weil ich ohne sie kein Auge zugetan habe. Ich lag nächtelang wach.«
Immer die gleiche Geschichte. Im Knast machen sich früher oder später alle über Medi-Dope her. Alles nur eine Frage der Zeit.
»Es sieht so aus, als würde sich in deinem Fall etwas tun«, sage ich.
»Ach? Was ist passiert?«
Ich reiche ihm die Kopie eines Berichtes, den ich gestern formuliert und bei den Goldjungs eingereicht habe. Dort beschreibe ich detailliert meine Beobachtungen zur Aufnahme aus der Überwachungskamera und meine Vermutung, dass der Mann auf dem Film Matti ist, der sich als jener Richter am Obersten Gericht verkleidet hat. Verlange, dass sie umgehend diese Möglichkeit untersuchen.
»Wenn du nicht mit Sjöfn am Nachmittag des besagten Tages das Gebäude betreten hast, dann war es jemand anderes. Das ist doch offensichtlich!«, sage ich. »Und derjenige welche muss ein Genie sein, um dich so treffend nachzumachen. Das ist die einzige Lösung, die Sinn macht. Und dann deuten alle Hinweise auf Matti, sowohl wegen seiner allgemein anerkannten Fähigkeiten auf dem Gebiet, als auch wegen seiner Verbindung zu Sjöfn.«
»Nimmt die Polizei das ernst?«
»Das wird sich in den nächsten Tagen herausstellen. Ich konnte ihnen allerdings noch weitere Hinweise aushändigen, aus denen hervorgeht, dass Matti ein Krimineller ist, wobei das mit deinem Fall nicht direkt etwas zu tun hat.«
Er legt das Dokument hin und guckt mich fragend an.
Ich berichte ihm von der Aufnahme, die Matti von der Gruppenvergewaltigung gemacht hat.
»Wie bist du denn an das Video gekommen?«
»Das ist mein Dienstgeheimnis«, antworte ich und lächele.
Er nimmt sich wieder die Kopie des Berichts und liest sie zum zweiten Mal durch.
»Ja, das könnte eine Erklärung für die Bilder der Überwachungskamera sein«, sagt er schließlich. »Aber warum sollte Matti Sjöfn umbringen wollen?«
»Ich habe auch dafür eine Theorie.«
»Und wie lautet sie?«
»Die Goldjungs glauben, dass Sjöfn dir das Video aus ihrem Schlafzimmer verkaufen wollte. Ich stimme ihnen insoweit zu, dass ihr ursprünglich für diesen Zweck gefilmt wurdet. Allerdings bin ich der Meinung, dass Sjöfn sich zu einem späteren Zeitpunkt geweigert hat, den Plan komplett durchzuführen und Geld zu verlangen.«
Adalgrímur steht auf. Beginnt langsam und mit schweren Schritten auf und ab zu gehen.
»Ich bin sicher, dass Sjöfn und Matti gemeinsame Sache gemacht haben und schon andere Leute auf diese Weise erpresst haben«, füge ich hinzu. »Als Sjöfn ihre Meinung geändert hat, bekam Matti mit Sicherheit einen Wutanfall, aber auch Angst vor den Konsequenzen. Er hat sein Problem gelöst, indem er sie aus dem Weg geräumt und dir die Schuld in die Schuhe geschoben hat.«
Adalgrímur bleibt am Tisch stehen.
»Willst du damit sagen, dass Sjöfns und meine Beziehung von Anfang an als Teil einer Erpressung geplant wurde?«, fragt er mit gerunzelter Stirn. »Seit Matti uns einander vorgestellt hat?«
»So sehe ich das«, antworte ich. »Aber ich habe keine Beweise.«
Er setzt sich an den Tisch. Sitzt gebeugt auf dem Stuhl. »Warum ist sie dann aus der Sache ausgestiegen?«
»Ich weiß es nicht«, antworte ich. »Vielleicht hat sie sich wirklich in dich verliebt.«
»Ich bin schon lange kein dummes Jüngelchen mehr«, sagt er und richtet sich
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