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Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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Schenkt mir sogar Kaffee in meine Tasse ein.
    Raggi hat absolut keine Nerven wie Drahtseile. Er rutscht ständig auf seinem Stuhl hin und her. Weiß nicht, wohin mit seinen Händen. Spielt mit allem herum, was in Reichweite liegt. Mit dem Kuli, der Tasse, der Untertasse, dem Teelöffel, der Kaffeekanne. Und mit der grauen Akte, die auf dem Tisch liegt.
    Sie haben mich zu einer Besprechung in das beinahe Allerheiligste der Kripo-Festung geladen. Ins Büro des Vize.
    Da scheint ja viel auf dem Spiel zu stehen.
    Ich lasse sie ein bisschen zappeln. Konzentriere mich darauf, den Raum zu begutachten. Und die sauteuren Möbel.
    Denen wäre ja nie eingefallen, mal schnell wegen einer Couchgarnitur oder einem Schreibtisch zu IKEA rauszufahren. Nicht diesen Typen.
    Schließlich zahlen wir Steuerzahler die Rechnung.
    Der Vize räuspert sich. Höflich.
    Da ergreife ich die Initiative: »Ist Matti festgenommen worden?«
    Raggi weicht meinem Blick aus. Überlässt es seinem Vorgesetzten, meine Frage zu beantworten.
    Der Vize räuspert sich wieder.
    »Die Ermittlungen in diesem Fall stecken noch völlig in den Anfängen«, antwortet er.
    »Ihr habt doch trotzdem mit ihm gesprochen? Oder nicht?«
    »Doch, er kam heute Vormittag zum Verhör und hat eine Aussage gemacht.«
    »Und?«
    »Er gibt zu, das Video zu kennen, behauptet aber, dass es sich dabei um eine Theateraufführung handeln würde, beziehungsweise, dass es sich um eine gestellte Vergewaltigung handelt.«
    »Seid ihr nicht in der Lage, den Unterschied zwischen Spiel und Ernst zu erkennen?«
    »Ich zitiere nur die Aussage des Mannes.«
    »Was ist mit dem Mädchen, das vergewaltigt wurde?«
    »Matti behauptete, die Namen der Schauspieler gerade nicht parat zu haben …«
    »Der Schauspieler?«, falle ich ihm wütend ins Wort.
    »… aber er sagte, dass er die Namen vermerkt habe, und versprach, sie an uns weiterzugeben«, fährt er fort. »Wir werden dann mit diesen Leuten sprechen, natürlich auch mit dem Mädchen.«
    »Wann?«
    »Sobald wir sie ausfindig gemacht haben.«
    »Glaubst du, dass Matti in der Zeit die Hände in den Schoß legt?«, frage ich aufgebracht. »Natürlich nicht. Er ist mit Sicherheit jetzt schon dabei, diesem Mädchen alles Übel der Welt anzudrohen.«
    »Wir passen die Schnelligkeit der Ermittlungen den Ergebnissen an«, sagt der Vize.
    »Und in der Zwischenzeit läuft dieses Tier frei herum?«
    »Wir haben nichts in der Hand, um Matti festzunehmen«, antwortet Raggi. »Als Anwältin solltest du wissen, dass unsere Hände momentan gebunden sind.«
    Oh Mann!
    »Und was ist mit dem Mord?«, frage ich nach längerem Schweigen.
    »Wir haben Matti gefragt, wo er sich am Tag, als Sjöfn ermordet wurde, befand, und es scheint so, als habe er ein Alibi«, sagt Raggi.
    »Ein Alibi?«
    »Ja, wir haben jetzt bereits eine Aussage von einem Mädchen vorliegen, das mit ihm den ganzen Nachmittag verbracht hat.«
    »Schwachsinn!«
    Raggi guckt den Vize an.
    Der nickt.
    Da öffnet Raggi die graue Akte, die vor ihm auf dem Tisch liegt. Zeigt mir die Kopie eines polizeilichen Protokolls.
    Ich lese die Aussage schnell quer. Aus ihr geht hervor, dass Matti mit diesem Mädchen vom Mittag bis einschließlich Abendessen diesen Samstag verbracht hat. Hauptsächlich im Bett.
    Unterschrieben von einer Thórdís Abrahamsdóttir.
    Plötzlich wird mir klar, wer zu diesem Namen gehört: Dísa.
    »Diese Aussage ist von vorne bis hinten erlogen.«
    »Kannst du das beweisen?«, fragt der Vize.
    »Ich weiß mit Sicherheit, dass Dísa nicht mit Matti den Tag verbracht hat.«
    »Wo war sie denn?«
    »Ich habe keine Erlaubnis, hier und jetzt Angaben dazu zu machen. Aber ich weiß, dass diese Aussage erfunden ist. Matti hat kein verdammtes Alibi.«
    Sie gucken mich beide an. Versuchen, ihre Gedanken zu verheimlichen.
    Aber ich kenne sie zu gut. Weiß, dass sie mir nicht glauben.
    Die Stille wird peinlich.
    Schließlich räuspert sich der Vize wieder.
    »Wir wollten mit dir auch über einen ganz anderen Fall sprechen«, sagt er.
    Ich starre ihn an. Ohne zu antworten, »Diese beispiellose Berichterstattung der Medien, dass Geirfinnur Einarsson irgendwo in den USA lebt, beginnt, die Rechtssicherheit im Land zu bedrohen«, fährt er fort.
    »Lassen wir mal die schädlichen Einflüsse auf den Glauben der Allgemeinheit an unser Rechtssystem beiseite, die eine unverantwortliche Mediendiskussion über das Gerichtsurteil gehabt hat. Jetzt allerdings scheinen es viele als bewiesen anzusehen, dass

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