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Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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auf, »obwohl ich mich vielleicht wie eines verhalten habe. Du brauchst mich nicht zu trösten, ich halte es schon aus, sie im rechten Licht zu sehen.«
    Bitterkeit schwingt in der Stimme mit.
    »Ich werde weiterhin Druck auf diejenigen ausüben, die die Ermittlungen leiten«, sage ich und stecke die Papiere wieder in meine Aktenmappe.
    Adalgrímur steht auf.
    »Trotz allem bin ich davon überzeugt, dass dieser Albtraum früher oder später zu Ende ist«, sagt er.
    »Apropos Albtraum«, sage ich und schiebe den Stuhl an den Tisch. »Kennst du Geirfinnur Einarsson?«
    Die Frage kommt sichtlich überraschend für ihn.
    »Was für einen Geirfinnur meinst du?«
    »Den einen wahren. Jemand hat mir erzählt, dass ihr beide in den sechziger Jahren auf dem Bau des Búrfell-Kraftwerkes gearbeitet habt.«
    »Warum fragst du?«
    »Nur aus Neugier.«
    Er guckt zur Tür. Dann wieder zu mir.
    »Ich erinnere mich, dass ich nach seinem Verschwinden sein Gesicht auf den Zeitungsfotos wiedererkannt habe. Aber ich kannte ihn auch nicht besser als alle anderen, die mit mir in diesem Sommer da oben gearbeitet haben.«
    Das war ja klar.
    »Ist dir irgendwann mal die Idee gekommen, dass er irgendwo in der großen, weiten Welt noch am Leben sein könnte?«
    »Geirfinnur? Am Leben?«
    Adalgrímur starrt mich eine geraume Weile an. Sein Gesicht ist erstarrt, als wäre er zu Stein geworden.
    Dann spielen seine Nerven nicht mehr mit. Seine Schultern zucken vor nervösem, halb unterdrücktem Gelächter, das in Intervallen kommt.
    Der Gefängniswärter öffnet die Tür. Guckt zu uns herein.
    Adalgrímur geht mit ihm auf den Gang, ohne sich umzusehen.
    Es ist grau draußen, obwohl es mitten am Tag ist. Der helle Schnee kommt nicht gegen die dicken, dunklen Wolkenbänke an.
    Ich bleibe eine Weile in meinem geliebten Silberpfeil sitzen. Alleine mit meinen Gedanken.
    Adalgrímur hat Geirfinnur gekannt. Es besteht kein Grund, daran noch länger zu zweifeln.
    Diese Erkenntnis bedeutet eins: Ich muss nach Amerika fliegen. Mit meinem Gesprächspartner vom Telefon in eigener Person reden.
    Als ich mich der Stadt wieder nähere, rufe ich Harpa an. Bitte sie, mich in einer halben Stunde bei mir zu Hause zu treffen.
    Ich habe den Goldjungs noch nicht das andere Video gegeben, das ich bei Matti einkassiert habe. Jenes, auf dem man sieht, wie die Vandalen in der Wohnung des geknebelten Alten zugange sind.
    Habe den bösen Verdacht, welche Gesichter sich unter den widerlichen Schlupfmützen verstecken.
    Möchte Harpa unbedingt die Chance geben, mir alles zu sagen, was sie weiß. Bevor es zu spät ist. Für sie.
    Ich lasse sie nicht an mich heran. Biete ihr den Besucherstuhl auf der anderen Seite des Schreibtischs an. Lasse die Stille ihre Arbeit tun. Um sie nervös zu machen.
    »Jetzt hast du noch die Gelegenheit, die Wahrheit zu sagen und dich damit selber zu retten«, sage ich schließlich.
    »Aber die Frist läuft bald ab.«
    »Was meinst du?«
    »Einbruch? Vandalismus? Und jetzt zuletzt eine halb tote alte Frau?«
    Harpa erbleicht.
    »Möchtest du, dass ich versuche, dir aus diesen Schwierigkeiten herauszuhelfen?«, frage ich sie mit scharfer Stimme. »Oder möchtest du mit denen abstürzen, die dich zu dieser Untat angestiftet haben? Du hast die Wahl.«
    »Woher weißt du das?«, fragt sie leise.
    »Die Goldjungs werden bald die Wahrheit über diesen Fall herausfinden. Ich gebe dir jetzt die Gelegenheit, aufrichtig über alles zu berichten, bevor sie euch alle festnehmen.«
    »Petzen meinst du wohl?«
    Ich reiche ihr ein Formular. »Wenn du hier unterschreibst, bin ich als deine Anwältin an die Schweigepflicht gebunden.«
    Sie nimmt das Blatt in die Hand.
    »Wir können deinen Bericht schriftlich festhalten und dann gemeinsam entscheiden, wann wir damit zu den Goldjungs gehen«, fahre ich fort.
    »Aber wenn ich nichts mache?«
    »Sie werden euch kriegen«, sage ich und beuge mich über den Schreibtisch. »Die einzige Frage ist, wann.«
    Aber Harpa kann sich nicht entscheiden.
    »Ich brauche noch Bedenkzeit«, sagt sie.
    »Du entscheidest«, antworte ich. »Aber schiebe es nicht zu lange vor dir her.«
    Sie legt das Formular auf den Schreibtisch. Steht auf. Geht zur Tür.
    Kommt dann wieder zurück.
    »Ich unterschreibe«, sagt sie. »Aber der Rest muss warten.«
    Ein Schritt in die richtige Richtung … In etwa.

32. KAPITEL
    Montag
     
    D ie Goldjungs sind total gestresst. Der Vize versucht zu vertuschen, wie angespannt er ist. Wird überfreundlich.

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