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Der falsche Prophet

Der falsche Prophet

Titel: Der falsche Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodore R. Cogswell
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Neelots gezogener schwarz angemalter Wagen ohne Fenster; er sah wie ein Leichenwagen aus.
    Kirk lief, gefolgt von McCoy, schnell darauf zu. Bergbewohner umringten das Fahrzeug und drängten die Menge zurück.
    Die Leute machten bereitwillig Platz, als die beiden Männer in ihren weißen Heilermänteln kamen. Als sie die vordere Reihe der Zuschauer erreicht hatten, dröhnten wieder die Trommeln. Auf dem Dach des Wagens öffnete sich eine Falltür, und eine schwarzgekleidete Gestalt erhob sich über die Menge. Mit gesenktem Kopf stand der Mann da, als denke er nach. Um die Hüften trug er einen breiten Ledergürtel, und rechts schwang an der Hüfte eine Keule, die einem Morgenstern ähnelte. Links hing ein schwarzes, rechteckiges Kästchen. Als der sogenannte Messias sich umwandte und hinter seiner rot-schwarzen Maske die Menge musterte, schaute Kirk unverwandt das Kästchen an.
    »Bones, schau mal«, flüsterte er, »Spock hat den Tricorder bei sich.« Kirk hob sein Gesicht zu der Gestalt auf. Er fühlte sich in seiner Heilerkleidung sicher, aber ein Blick des Messias veranlaßte ihn, sich abzuwenden. »Spock ...«, seufzte er fast unhörbar.
    Langsam hob der Mann beide Arme zum Himmel, als wolle er Götter anrufen. Dann senkte er sie und breitete sie weit aus, als wolle er die ganze Menge umarmen. Dann begann er zu sprechen. Seine Stimme war tief und leise, fast nicht zu hören, aber die Menge verhielt sich so still, als wolle sie sich kein Wort entgehen lassen.
    Die Szene wirkte sehr dramatisch, aber erst begann er so, wie jeder andere Straßenprediger auch, als er die vielen Sünden der Leute aufzählte, die dem Körper Befriedigung und Lust verschafften. Allmählich wurde die Menge unruhig.
    »Noch ein paar Minuten, dann gehen alle nach Hause«, flüsterte Kirk McCoy zu. »Was will er damit nur?«
    »Das ist ein alter Trick. Sobald sie glauben, jetzt brauchten sie nicht mehr aufzupassen, überfällt er sie förmlich.«
    Und damit hatte er recht. Plötzlich nahm die Stimme des Messias an Kraft zu, und dann dröhnte sie über den Markt wie über Verstärker.
    »Ihr seid der alten Worte müde? Gut, sie haben euch zu lange getrennt und in Verwirrung gehalten. Heute bringe ich euch neue Worte für einen neuen Tag. Und ein Zeichen sollt ihr haben, um sie zu besiegeln. Hört meine Kinder, die Götter haben nichts gegen die Lüste des Fleisches, gegen Liebe, Essen und Trinken, denn das sind Geschenke die eure Tage erhellen. Aber auf Kyros gibt es wenig Liebe, und die Armen bleiben hungrig. Wein wird die Ursache vieler Untaten, statt Quelle der Freude.
    Warum geschehen solche Dinge in einer Welt die euch die Götter zu eurer Freude erschaffen haben? Im Herzen kennt ihr die Antwort. Schaut eure Herren an die euch unterdrücken und euch des von den Göttern verliehenen Geburtsrechts berauben. Unsere Welt ist in winzige Staaten zersplittert, und jeder davon wird von gierigen Männern regiert, von Parasiten, deren Krallenhände Steuern und Strafen an euch austeilen.
    Aber die Götter haben Augen und Ohren! Und jetzt kommt ihr Zorn auf diese Parasiten herab. Ich wurde zu euch gesandt, um euch das Licht zu bringen. Ich bin der, der euch das goldene Zeitalter verheißt. Durch mich wird ganz Kyros zu einem einzigen Volk vereint, das als eines denkt und als eines die Götter verehrt. Ihr werdet mein Körper sein, und ihr seid meine Seele. Ihr seid mein Schwert, ich bin euer Schild. Durch mich werdet ihr so gesegnet, wie ihr euch es nie in euren bittersten Tagen habt erträumen können.«
    Der Messias unterstrich mit sprechenden Gebärden seine Worte, und dazu tanzten Lichter und Schatten von den Fackeln über die Gesichter der Menge und über die Häuser am Rand des Platzes.
    Donner grollte, als der Messias von seiner Vision sprach, daß es keine Armen und Reichen mehr geben werde, keine Sklaven und Herren, keine Unterdrückten und Leidenden. Und dann nahm seine Stimme einen drohenden Ton an, als er wieder zur Gegenwart zurückkehrte. Natürlich gebe es solche, die den Willen der Götter zu vereiteln versuchten, die ihre Macht nicht abzugeben gedächten, aber für die gebe es dann keine Barmherzigkeit.
    Schließlich wurde seine Stimme schrill und hysterisch, gleichzeitig aber befehlend und hypnotisch, und dazu rumpelte ferner Donner.
    Plötzlich hörte der Messias zu sprechen auf. Aus dem Kästchen an seiner Hüfte kam ein leises Surren. Er warf seine Hände über den Kopf und deutete zum östlichen Horizont. Dort war der Himmel

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