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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Gründe, es zu realisieren. Aber niemand von uns hatte je die Absicht, das Labor mit dieser Waffe zu verteidigen.
Schon allein deshalb nicht, weil es völlig unangemessen wäre. Wenn du Hacker abschrecken willst, reicht eine Waffe der zweiten Generation. Welcher Hacker möchte schließlich all seine kostbaren Mikrochips einbüßen?«
    »Das sehe ich nicht so«, bringe ich heraus. »Vielleicht wolltest du die Waffe einfach mal testen?«
    »Solche Tests werden unter sehr strengen Bedingungen durchgeführt«, blafft Dibenko mich an. »Dafür werden sehr gut bezahlte Freiwillige ausgesucht. Außerdem ist dann ein ganzes Heer von Ärzten anwesend, ausgerüstet mit Defibrillatoren, Tropfen, aufgezogenen Spritzen und all dem anderen Kram!«
    »Hast du dafür Beweise?«
    »Was würde dir denn genügen? Die Honorarschecks? Die von mir unterschriebenen Anordnungen? Die exakten Pläne für die Tests? Der offizielle Auftrag der Polizei von Deeptown? Die Laborberichte? «
    »Wer hat Romka getötet?« Mir ist klar, dass ich mit dieser Frage kapituliere, mir ist klar, dass jetzt ich es bin, der das Gesicht verliert.
    Doch ich glaube ihm – und etwas Schlimmeres hätte mir nicht passieren können.
    »Ein Junge von zweiundzwanzig Jahren«, gibt Dibenko Auskunft. »Ein begabter Entwickler mit einer guten Intuition. Seine Frau ist schwanger, seine alte Mutter lebt in Rostow am Don. Der Junge war sicher, dass im Prototyp Lähmungsladung steckte. Sein einziger Fehler war, dass er den Helden spielen wollte. Soll ich ihn dir jetzt ausliefern, Leonid?«
    Er schreit, brüllt mich an, und ich schweige verbissen, sitze mitten im Diver-in-der- Tiefe -Tempel, auf meinem ureigenen Territorium, und bringe kein Wort heraus.
    »Ich weiß genau, was du willst! Rache! Gerechtigkeit! Strafe für den Mörder! Und? Wie soll das aussehen? Willst du den
Mann eigenhändig erledigen? Oder Killer anheuern? Oder übergibst du ihn am Ende der Polizei? Dieser Junge ahnt noch nicht mal, dass er ein Mörder ist! Ich habe ihm gesagt, dass die Gerüchte über den toten Hacker erstunken und erlogen sind! Dass ich sie selbst gestreut habe, um weitere Hacker abzuschrecken. Andernfalls … gut, er hätte nicht Hand an sich gelegt – aber er würde als Entwickler keinen Pfifferling mehr wert sein. Seine Nerven liegen sowieso schon blank. Was ist jetzt? Soll ich ihn dir ausliefern? Dir seinen vollen Namen und die Adresse geben?«
    »Schwöre, dass er nichts von alldem gewusst hat!«, verlange ich und weiß gleichzeitig, wie unsinnig das ist. Wie kann man in einer Welt, in der alles Lug und Trug ist, einen Eid fordern? Noch dazu von demjenigen, der diese Welt geschaffen hat und das Recht hat, alles in ihr zu tun. Trotzdem bitte ich ihn darum.
    »Ich schwöre es«, sagt Dibenko. »Mir ist klar … dass du nachher meine Stimme analysieren wirst … aber ich lüge nicht. Ich lüge nicht, Leonid.«
    »Warum hast du dich darauf eingelassen, Dibenko?«, will ich wissen. »Auf eine Waffe der dritten Generation. Warum musstest du die virtuelle Welt ausgerechnet damit beglücken? Und komm mir jetzt nicht mit einem Auftrag der Polizei! Den hättest du jederzeit ablehnen können.«
    »Ich hatte Aufträge für Schock- und Lähmungswaffen!«
    »Als ob du nicht wüsstest, dass es von da aus nur noch ein halber Schritt zu einer Waffe ist, die tötet! Die Lähmung kann schließlich auch die Herzmuskulatur betreffen, der Schmerzschock kann unerträglich sein. Worauf es ankommt, ist, dass die Grenze zwischen Technik und Psyche überwunden wird. Und das schafft außer dir niemand.«
    »Niemand?« In seiner Stimme schwing Ironie mit. »Und wer hat diesen Tempel ausgerüstet?«
    Darauf erwidere ich kein Wort. Ich habe schließlich keine Ahnung, wie sich dieser Tempel verteidigt.
    »Glaub mir, ich hasse euch Diver nicht«, versichert Dibenko. »Ja, ich halte euch nicht mal für Verbrecher. Aber … nachdem ihr die Waffe der dritten Generation entwickelt habt … musste ich dafür sorgen, dass das Gleichgewicht der Kräfte gewahrt bleibt.«
    »Wer hat dir die Geschichte denn erzählt?«, frage ich.
    »Der Dark Diver.«
    Ich habe den Eindruck, dass er jetzt lächelt.
    »Du weißt, wer er ist?«, frage ich.
    »Der Dark Diver? Ich wünschte, ich wüsste es. Aber du weißt es offenbar auch nicht, oder? Deshalb hast du auch das Gerücht in die Welt gesetzt, ich hätte dir eine Waffe der dritten Generation gegeben. Das war ein Köder für ihn, oder?«
    Ich hülle mich in Schweigen.
    »Ich weiß

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