Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)
er etwas.«
Wir sahen uns an und lachten beide.
»Dann ab mit dir«, forderte mich Vika schließlich auf. »Und komm bald wieder. Vergiss nicht, dass ich hier warte.«
»Das vergesse ich nie.«
Der Helm war schwer, aber daran war ich gewohnt.
Das ließ sich nicht vermeiden.
Deep.
Enter.
Die Wände des Hotelzimmers. Proteus und der Biker liegen auf dem Bett, an der Wand hängt das Bild mit der Hütte, gemalt mit groben Pinselstrichen.
Wie sehr mir dieses Hotel zum Hals raushängt.
Es wird Zeit, mir wieder ein Haus zu bauen.
Ich hebe die Körper von Proteus und dem Biker auf, schüttle sie aus und hänge sie in den Schrank.
Dann öffne ich die Tür und verlasse das Zimmer.
Ich blicke stur geradeaus.
Ich könnte durch Deeptown gehen, ohne auf die Mauern der Häuser und die Barrieren der Sicherheitssoftware zu achten, einfach durch sie hindurch. Ich könnte mich zum gezeichneten Himmel aufschwingen, über den weiße Wolken ziehen und an dem die Sonne strahlt. Oder ich könnte mich einfach von Punkt A nach Punkt B beamen.
Derjenige, der vor Kurzem noch der Dark Diver war, lebt jetzt in mir. Und gemeinsam bringen wir einiges zustande.
Trotzdem hebe ich die Hand und halte ein Taxi an.
»Zum Labyrinth des Todes.«
»Auf schnellstem Weg?«, will der rothaarige, sommersprossige Fahrer wissen.
»Nur wenn es sich so ergibt.«
Wir fahren über den Gibson-Prospekt, Richtung amerikanisches Viertel, an der Tjurin-Straße und am Wassiljew-Platz vorbei.
Die Frage bleibt: Wer ist eigentlich dieser Gibson?
Würde ich mich bei der Kraft danach erkundigen, die nun in mir nistet, bekäme ich eine Antwort.
Nur sind sie so langweilig, diese prompten Antworten. Das ist nichts für uns Menschen.
Außerdem brauche ich meine Kraft für etwas anderes.
Während der Fahrt schließe ich die Augen und strecke mich im Netz aus. Gelange zum ersten Server, zum nächsten, schließlich zum dritten. Zu einer Suchmaschine. Eine Frage, eine Antwort. Ein weiterer Server. Das Lokalnetz in einem Krankenhaus im fernen Vancouver. Der Schutz ist solide, kann mich aber nicht aufhalten. Jetzt nicht mehr.
Ich werfe einen Blick auf die Bildschirme und informiere mich über die Computerdaten, schließe mich an die Videokamera unter der Zimmerdecke an und beobachte einen Moment lang den schlafenden Crazy Tosser.
Komm schon, werd wieder gesund!
Auf uns wartet immer Arbeit in der Tiefe .
»Das Labyrinth«, teilt mir der Fahrer mit.
Nachdem ich bezahlt habe, nehme ich mit einem Kopfschütteln den Restbetrag auf meinem Konto zur Kenntnis. So oder so, ich muss mit Crazy sprechen, wenn er wieder genesen ist. Ich werde nicht noch einmal Klaviere durch die Gegend schleppen.
Am Eingang zum Labyrinth des Todes ist nicht viel los, nur wenige Gruppen eifrig diskutierender Spieler haben sich heute eingefunden. Obwohl ich das gewusst habe, ist der Anblick ungewohnt.
»Ljonka!« Ein rotblonder Junge kommt auf mich zugerannt und hält mir die Hand hin. »Du hier! Aber stell dir vor, das Labyrinth ist heute geschlossen!«
»Ich weiß. Sie haben Probleme im letzten Level. Das Programm für den Imperator ist ausgefallen.«
»Diese Lamer«, stöhnt Ilja. »Aber wieso müssen die da gleich das ganze Labyrinth schließen? Ich stecke im zwölften Level fest. Weißt du noch, wie man das schafft?«
»Kann mich absolut nicht mehr erinnern«, antworte ich. »Was ist? Hast du dir deine Soundkarte gekauft?«
»Klar! Jetzt solltest du mal meinen Rechner hören! Bum, bum, bum! Yeah!«
Er wiegt den Kopf. Aha. Er lauscht gerade seiner Musik. Seiner sensationellen Musik. Denn in seinem Alter gibt es nun einmal nur hundsmiserable oder eben sensationelle Musik.
»Meinen Glückwunsch«, sage ich. »Hast du eigentlich gewusst, dass Dibenko nicht mal eine Soundkarte hatte? Das ist auch der Grund, warum sich das Deep-Programm ohne Ton startet.«
»Ja. Trotzdem höre ich immer etwas, wenn der bunte Schnee einsetzt. Irgendeine Musik. Allerdings sehr leise. Ich habe gedacht, dass liegt an meiner miesen Soundkarte. Aber mit der neuen ist es genauso!«
»Das liegt ja auch nicht an der Soundkarte. Das liegt an dir.«
Der Junge nickt, hat aber bereits vergessen, was ich ihm gesagt habe. So, wie er vor Energie strotzt, kann er sich nicht lange bei einem Thema aufhalten.
»Du arbeitest jetzt also für diese … Ex-Diver?«
»Für die Diver.«
»Ich werd mal bei euch vorbeikommen, einverstanden? Und du komm mich mal in der Hacker-Kneipe besuchen, ja? Es gibt aber jetzt
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