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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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geflennt hatte. Jetzt war es zu spät, sich noch zu schämen.
    »Und wie?«
    »Bisher wusste niemand, dass es dieses Ding schon gibt. Diese Waffe. Aber jetzt wissen wir es. Also hat Romka uns eine Warnung zukommen lassen.«
    Er sah aus wie ein Allerweltsjunge. Man würde ihm weder Mitleid mit Fremden noch sonderliche Überzeugungskraft zutrauen.
    »Wie kommt es, dass du so schlau bist, Pat?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Pat unbeeindruckt. »Mein Vater ist Schlosser, meine Mutter Stuckateurin. Aber mein Opa war Lehrer, vielleicht komme ich nach ihm.«
    »Gehen wir wieder zu den anderen«, entschied ich, stand auf und spritzte mir ein paarmal Wasser aus dem Jacuzzi ins Gesicht. Dann schnappte ich mir ein paar Flaschen, und mit denen kehrten wir in die Küche zurück.
    Bei meinem Auftritt vorhin hatte ich zwar nicht alle Shiguljowskoje-Flaschen zerdeppert, trotzdem baute ich die mitgebrachten Flaschen nun vor Bastard auf. Die Würstchen waren schon wieder abgekühlt und mit kluger Überlegung auf Teller verteilt worden: eine Riesenportion für Bastard, der Rest für Dschingis und mich.
    »Danke, Kumpel.« Bastard hatte die Brille immer noch in Händen gehalten, setzte sie jetzt aber wieder auf. Als signalisiere er mir, dass er keine Schläge mehr erwarte. »Und sei nicht wütend auf mich! Ich würde mir ja auch wünschen, dass dein Freund noch lebt!«
    »Daran bin ich genauso schuld«, räumte ich ein und setzte mich auf meinen bisherigen Platz. Ich starrte zum Fenster raus. Es dämmerte bereits. »Dschingis …«
    »Kein Problem«, erklärte der großherzig. »Bleib ruhig hier! Ich würde mich in dem Aufzug auch nicht zu Hause blicken lassen. «
    »Das war eine Reflexhandlung«, beteuerte Bastard noch einmal in kläglichem Ton, während er die Bierflasche öffnete. »Ich bin deswegen sogar schon mal in psychotherapeutischer Behandlung gewesen … Damit ich lerne, nicht mehr automatisch zuzuschlagen …«
    »Dabei ist wohl nicht viel rausgekommen?«
    »Ich habe denen gesagt, ich schaffe es einfach nicht, mich zu beherrschen … und das hat sich dann auch gezeigt«, brummte Bastard. »Weshalb solltest du denn am Schicksal deines Freundes schuld sein?«
    »Ich kannte Romka nur aus der virtuellen Welt«, holte ich aus. Es war, als würde ich in kaltes Wasser springen. »Als der Beruf des Divers ausstarb … haben wir uns alle aus den Augen verloren. Er hat das wahrscheinlich nicht gut verkraftet. Immerhin war er daran gewöhnt, seine Familie zu unterstützen. Außerdem hatte er sich an einen bestimmten Lebensstil gewöhnt … Clubs, Mädchen, gute Kleidung, ein teures Gymnasium … in einer normalen Schule langweilte er sich nur.«
    »Hat er dich um Hilfe gebeten?« Bastard runzelte die Stirn.
    »Ja. Natürlich wollte er mich nicht anpumpen. Er hat einfach etwas gesucht, das er in der Tiefe machen könnte. Ohne sie konnte er nämlich nicht leben. Mathematisch war er keine große Leuchte. Er war ein hervorragender Diver, ein echtes Naturtalent. Aber als Hacker … da konntest du ihn vergessen. Er wollte Designer werden, und hier hätte ich ihm tatsächlich helfen können. «
    »Aber?«, fragte Dschingis.
    »Irgendwie habe ich dann nie Zeit für ihn gefunden. Außerdem habe ich beschlossen, der Junge soll ruhig mal ohne die virtuelle Welt leben, das würde ihm nur guttun. Genau das konnte er aber nicht. Auch wenn er ein Diver war.«
    »Niemand von uns kann das.« Dschingis erhob sich und ging zum Kühlschrank, der in den Bartresen eingebaut war. Er kehrte mit einer Flasche Wodka zurück. Pat schleppte unaufgefordert zwei Päckchen Saft an.
    »Du hast dich völlig richtig verhalten«, bemerkte Bastard. Er stellte das Bier ab.
    Schweigend beobachtete ich, wie Dschingis uns die Gläser mit hundert Gramm teurem dänischem Wodka füllte. Pat goss allen Saft ein, ohne ein Wort zu sagen.
    »Du nimmst auch einen?«, fragte Dschingis den Jungen.
    »In dem Fall, ja.«
    Pat zeigte keine Spur der üblichen Begeisterung eines Teenies, dem offiziell Wodka angeboten wird. Vielleicht gab er aber auch nur sehr geschickt vor, das alles lasse ihn kalt.
    Wir erhoben die Gläser. Pat hockte vorm Tisch und wollte, nun doch aufgeregt, schon anstoßen, besann sich jedoch gerade noch rechtzeitig eines Besseren und zog sein Glas mit einer Entschuldigung zurück.
    »Auf den Hacker Roman, der gestorben ist, wie es sich für einen Hacker ziemt«, brachte Bastard einen Toast aus. Dann sah er mich an.
    »Auf den Diver Romka, der ein Diver geblieben

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