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Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Der falsche Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Der falsche Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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aus der Tiefe heraus tötet, kann nur auf eine einzige Art und Weise funktionieren: Es wird ein bestimmtes Bild geschaffen, das aufs Unterbewusstsein wirkt. Genau wie beim Deep-Programm. Für den eigentlichen Tod sind dann Varianten denkbar: Herzstillstand, Atemstillstand oder Muskelkrämpfe, die die Atmung unterbinden.
    Eine überschaubare Zahl von Todesarten.
    Vielleicht könnte es sogar ohne Schussverletzung gehen, zum Beispiel mit irgendetwas, das eine Erschlaffung des Schließmuskels bewirkt. Es ist nicht gerade angenehm, sich vorm PC in die Hose zu scheißen. Außerdem wäre Tränengas vorstellbar. Oder ein Brechmittel. Denn für einen Menschen, der einen VR-Helm auf dem Kopf hat, hat auch Kotze fatale Folgen …
    Pat kommt mit ein paar Chipstüten zurück. Er ist ohne jede Frage stinksauer, aber niemand geht auf seine demonstrativ zusammengekniffenen Lippen ein.
    »Und?«, frage ich ganz direkt. »Hat Dibenko Erfolg gehabt?«
    »Anscheinend ja«, antwortet Maniac. »Das letzte halbe Jahr ist die Geheimhaltung derart verschärft worden, dass ich nichts herausbringen konnte. Ehrlich gesagt, habe ich da nicht weiter nachgebohrt, dafür ist mir mein Leben zu lieb. Jedenfalls führt man Vorsichtsmaßnahmen wie die Abkapselung der Labors von der Tiefe normalerweise nur beim Debuggen der Programme ein.«
    »Steckt eure Firma in dem Projekt drin?«
    »Nein. Das liegt alles bei Dibenko persönlich. Und bei einer sehr kleinen Gruppe von Mitarbeitern, von einer Firma, die Shield and Sword heißt. Die hat allerdings zwei Leute unserer Firma geheadhuntert, Experten für psychologische Manipulation. Nur deswegen habe ich überhaupt das eine oder andere herausgekriegt. Wenn auch auf indirektem Weg, denn an die beiden kommst du jetzt nicht mehr ran.«
    »Hast du mal versucht, in der realen Welt mit ihnen zu reden?«, will ich wissen.
    »Damit sie mich real ermorden?« Maniac sieht mich erstaunt an. »Wach auf, Ljonka! Wenn jemand sich auf ein solches Projekt eingelassen hat, dann macht er vor nichts Halt!«
    »Das heißt, wir wissen jetzt mit Sicherheit, dass eine Waffe der dritten Generation bereits existiert?«, bohre ich nach. »Daran zweifelt niemand mehr?«
    Niemand sagt einen Ton. Nur Bastard hüstelt und senkt den Blick. Er hat nun wirklich keinen Grund, sich für irgendwas zu schämen – schließlich hat er als Erster an die Existenz dieser Waffe geglaubt.
    »Du hast auch was rausgefunden?«, durchbricht Dschingis die Stille. »Oder?«
    »Ja«, antworte ich. »Sag mal, Schurka, hängen Shield and Sword und New boundaries irgendwie zusammen?«
    »Kaum. Shield and Sword gehört zu hundert Prozent Dibenko«, erklärt Schurka, »während er an New boundaries nur ein kleineres Aktienpaket hält.«
    »Trotzdem hätten wir damit eine direkte Verbindung.«
    »Ganz genau. Dibenko könnte die Security-Leute von New boundaries durchaus mit Waffen ausgestattet haben. Als Test, sozusagen.«
    Ungläubig schüttle ich den Kopf. Nein, das scheint mir nun doch zu weit hergeholt. »Ich könnte mir eher vorstellen, dass bei ihnen Arbeiten durchgeführt wurden, die für ihn von großer Bedeutung sind.«
    Niemand widerspricht mir – aber es stimmt auch niemand zu. All das sind reine Spekulationen.
    »Das Erstaunlichste an der Sache ist doch«, mischt sich nun Bastard ein, »dass Romka, ein ziemlich mittelmäßiger Hacker, es geschafft hat, die Daten zu klauen und so verdammt gut zu verstecken! «
    »Genau. Wie hat er das eigentlich angestellt?« Dschingis zieht verwundert eine Augenbraue hoch. »Schließlich blieb ihm gar keine Zeit, um …«
    »Er hat die geklauten Daten per Post verschickt. Mit HLD, wo ich übrigens arbeite.«
    »Heiliger Hodensack!«, ruft Bastard aus. »Das glaub ich nicht!« Kein Wunder! Welcher Hacker würde schon den offiziellen Wegen der Datenübermittlung trauen?
    »Und wohin hat er die Daten geschickt?«, kommt Maniac wieder zum Kern der Sache.
    »Zum Diver-in-der- Tiefe -Tempel.«
    »Gibt es den etwa wirklich?«
    »Es kann ihn geben.«
    Nachdem ich mir Bier eingegossen habe, schildere ich detailliert alles, was mir Crazy Tosser erzählt hatte.
    Auf die einzelnen Abschnitte reagiert jeder anders. Maniac wird immer düsterer, Bastard immer fröhlicher, vor allem als er hört, dass erst mein Durchmarsch vor zwei Jahren Dick auf die Idee gebracht hat, seinen Eingang zum Tempel im letzten Level des Labyrinths anzulegen. Pat wird vom Spielfieber erfasst; in seinem Gesicht steht offen geschrieben, was er vorhat.

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