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Der falsche Zeuge

Der falsche Zeuge

Titel: Der falsche Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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fest.«
    Unsere Gläser sind wieder leer.
    »Der Minister benutzt immer sein eigenes Mobiltelefon«, fährt Jódís fort, »aber ich werde dir den Gefallen tun und ihn für dich fragen, obwohl ich schon jetzt glaube zu wissen, was er antworten wird.«
    Dann lenkt sie das Gespräch auf ein völlig anderes Thema.
    »Ich habe deinen Werdegang aus der Ferne verfolgt«, sagt sie und gießt uns wieder aus der Flasche nach. »Ich finde es bewundernswert, was du bisher erreicht hast, obwohl das Justizsystem immer noch eine eingefleischte Männerdomäne ist.«
    »Einiges hat eben geklappt, anderes nicht.«
    »Mir wurde gesagt, dass du auch in Finanzangelegenheiten hervorragend arbeitest.«
    »Ich kann mich nicht beschweren.«
    »Zum Glück stehen ausgebildeten Frauen heutzutage viele Wege offen, finanziell unabhängig zu sein«, fährt sie fort und schaut mir direkt in die Augen. »Aber dann müssen wir uns auch trauen und die Gelegenheiten nutzen, die sich bieten.«
    Ich halte ihrem forschenden Blick stand. »Du meinst, zögern ist das Gleiche wie verlieren?«
    »Ja«, antwortet sie, »und nicht nur verlieren, sondern richtig viel verlieren.«
    Unser Schweigen steigert die Spannung zwischen uns.
    »Denkst du an irgendetwas Spezielles?«, frage ich schließlich.
    »Mir persönlich sind wichtige Aufgaben bekannt, die in den nächsten Jahren riesige Summen abwerfen werden, wenn man richtig vorgeht.«
    »Aha.«
    »Einige davon könnten dich interessieren.«
    »Ich habe immer Spaß daran, Geld zu scheffeln.«
    »Ich weiß, dass der Minister mit mir einer Meinung ist.«
    »Was du nicht sagst! Ihr habt also in diesem Zusammenhang über meine Person gesprochen?«
    Sie nickt.
    Was bietet Jódís mir in Wirklichkeit an? Wohl kaum einen Anteil an den Bestechungsgeldern?
    Wer weiß?
    Ich muss weiterhin ihr Spiel mitspielen. Mal sehen, wohin sie mich führt.
    »Sollen wir nicht genauer über diese bestimmten Aufgaben sprechen?«, frage ich möglichst gelangweilt.
    Jódís lächelt siegesgewiss. Als ob sie einen Riesenfisch an der Angel hätte.
    »Ich glaube, es ist besser, langsam vorzugehen«, sagt sie und nimmt einen großen Schluck des amerikanischen Feuerwassers. »Wir sprechen über eine sehr enge Zusammenarbeit, die gegenseitiges Vertrauen und Verschwiegenheit voraussetzt.«
    »Natürlich.«
    »Ich spreche über immer währende Vertraulichkeit.«
    »Immer während?«
    »Ja, denn so eine Vertraulichkeit ist die absolute Bedingung dafür, dass wir den nächsten Schritt wagen. Ganz einfach deshalb, weil es danach keinen Weg zurück gibt.«
    Sie steht auf. »Deshalb möchte ich dir genügend Zeit geben, um eine so wichtige Entscheidung zu treffen«, fährt sie fort. »Was hältst du von einer Woche?«
    »Wie du meinst.«
    Jódís geht langsam zum großen Fenster, von dem aus man über die Esja und den Faxaflói blicken kann.
    Ich folge ihr mit meinem Glas in der Hand.
    Die letzten Strahlen der Abendsonne streifen so gerade noch die höchsten Gipfel der Berge jenseits der dunklen Bucht. Autoscheinwerfer flitzen über die asphaltierte Straße nach Westen und Osten, die tief unter uns am Meer entlangführt. Trotzdem dringt der Verkehrslärm nicht durch die schallisolierten Fenster zu uns hinein.
    »Wir sind beide Einzelkinder«, sagt Jódís nach langem Schweigen. »Das ist mit Sicherheit ein Grund, warum wir unsere eigenen Wege gehen und bereit sind, alles zu versuchen, um ein gestecktes Ziel zu erreichen.«
    »Es ist doch nur dumm, sich anders zu verhalten.«
    Sie wendet sich mir zu.
    »In manchen Dingen habe ich nicht so viel Erfahrung wie du«, sagt sie. »Aber ich will auch mit Taten zeigen, dass ich es ehrlich meine.«
    Sie beugt sich vor. Küsst mich leicht auf den Mund.
    Ich starre sie an. Ringe mir ein seichtes Lächeln ab. »Was war denn das?«, frage ich.
    Sie schaut nicht weg. »Die Fortsetzung hängt von dir ab«, antwortet sie.
    Aha, da läuft der Hase lang. Ihr lag plötzlich daran, mich so schnell wie möglich für sich zu gewinnen.
    Warum denn nur?
    Um ihren Vater vor meiner gefährlichen Neugierde zu schützen? Vielleicht.
    Ihr Angebot kann man nicht missverstehen. Aber wie weit ist sie bereit zu gehen? Wäre es nicht gut, es darauf ankommen zu lassen?
    Ja. Und zwar jetzt sofort. Wir sind ja offensichtlich beide der Ansicht, dass man Gelegenheiten ergreifen soll.
    Ich leere mein Glas mit einem Schluck. Stelle es auf das Fensterbrett. Umarme dann Jódís. Drücke sie fest an mich.
    Küsse sie fest und bestimmend. Mit gut

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