Der falsche Zeuge
offenem Mund.
Ich setze mich auf die Tischkante direkt vor seiner Nase, werfe ihm verliebte Blicke zu und lächele einschmeichelnd.
»Was hältst du davon, hier und jetzt Hurerei zu treiben?«, frage ich. »Auf dem Fußboden?«
Die Zeit der Wunder ist wahrscheinlich noch nicht ganz vorbei. Zumindest scheint der Gottesmann völlig sprachlos zu sein.
Ich schiebe den engen Rock langsam den Oberschenkel hoch. Stelle dann den rechten Fuß auf die Stuhlkante.
Alexander glotzt wie hypnotisiert zwischen meine Beine.
»Sollen wir es nicht einfach machen?«, fahre ich fort.
»Oder musst du erst Gott anrufen und ihn um Erlaubnis bitten?«
Ich sehe, wie Alexander knallrot wird.
Er schluckt immer wieder. Und versucht etwas zu sagen. Aber ihm fällt kein Wort ein. Plötzlich steht er auf, dreht mir den Rücken zu und durchquert mein Büro mit schnellen Schritten. In der Tür wirft er noch einmal einen Blick über die Schulter zurück.
Ich lache laut auf.
»Satans Hure!«, ruft er mit rauer Stimme. »Isebel!«
Mein höhnisches Gelächter folgt ihm nach draußen.
Fantastisch! Jetzt bin ich ihn erst mal für eine Weile los. Hoffentlich bis an mein Lebensende. Es sei denn, er bekommt den Auftrag von oben, mich zu bekehren.
Uff!
Ich knöpfe meine Bluse wieder zu und kümmere mich weiter um mein Stella-Sparschwein.
Am Abend frage ich mal nach, was Máki macht.
Er hat nicht viel über Icelandic Energy Advisors herausfinden können.
»Ich habe alle nützlichen Kontakte im In- und Ausland angezapft«, sagt er, »aber niemand will zugeben, dass er Informationen über die Tätigkeiten dieses Unternehmens schwarz auf weiß gesehen hat. Manche sagen jedoch, dass sie gerüchteweise etwas gehört haben.«
»Was für Gerüchte?«
»Du glaubst jetzt wahrscheinlich, dass ich Audólfur und Hreinn hinter jeder Ecke vermute, nachdem sie mich beim Nachrichtennetz gefeuert haben, aber es ist tatsächlich so, dass diejenigen, die überhaupt etwas zu wissen scheinen, sagen, dass die beiden in dieser Firma mitmischen, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Bushron-Konzern. Andere Quellen weisen auf Angantýr selbst oder einen namenlosen Strohmann, der für ihn arbeitet, aber das liegt bisher alles noch sehr im Nebel.«
»Ist die Firma nirgendwo eingetragen?«
»Ich habe noch nicht alle Möglichkeiten abgecheckt«, antwortet Máki. »Ich lasse meine Spezis sowohl in Luxemburg als auch in Liechtenstein Erkundigungen einziehen und bekomme in ein paar Tagen Antwort. Aber ich möchte nichts versprechen, denn die Existenz solcher Firmen wird immer wie ein Militärgeheimnis behandelt.«
»Du versuchst doch trotzdem weiterhin, etwas auszugraben?«
»Ich kann einfach nicht aufhören«, antwortet er und lacht. »Es ist schon seit langem in meinen Genen verankert, und dabei spielt es keine Rolle, ob ich gerade einen festen Job habe oder nicht. Einmal ermittelnder Journalist, immer ermittelnder Journalist.«
Máki verspricht, sofort wieder anzurufen, sobald er Neuigkeiten aus dem Ausland bekommt.
Ich finde es gut zu hören, dass er immer noch energiegeladen ist. Und forsch genug, um in jedem Mist herumzuschnüffeln, der seiner Meinung nach verdächtig riecht.
»Wer neugierig suchet, der findet.«
Sagt Mama.
33
In der Nacht zum Dienstag
Ich werte einen schnellen Blick auf meine feine goldene Uhr.
Noch eine knappe halbe Stunde bis zum Treffen.
Die Vorbereitungen sind abgeschlossen. Behaupten die Goldjungs.
Alle sollten sich bereits auf ihren Posten befinden: Schwarzjacken, Goldjungs und die Mitglieder des Sonderkommandos mit ihren Autos, Gewehren, Handys, Laptops, Funkgeräten und weit reichenden Überwachungskameras.
Der Anruf kam gestern Abend. Zwischen neun und zehn Uhr.
Ludmilla hat nur ein Wort am Telefon gesagt: »Jetzt.«
Nur wir wussten, was das bedeutet.
Ich fuhr mit Vollgas in die Innenstadt. Parkte den Silberpfeil in der Hafnarstraeti und flitzte quer über die Straße direkt hinein auf den Indoor-Flohmarkt Kolaportid. Der Verkauf lief noch auf vollen Touren. Dort gibt es eine Menge Leute, die versuchen, den Passanten alles Mögliche anzudrehen. Die unglaublichsten Sachen.
Gvendur dúllari ist wie üblich mit seinem Buch- und Zeitschriftenantiquariat an Ort und Stelle.
Ich begann sofort, nach Jules Verne zu suchen. Fand die »Reise zum Mittelpunkt der Erde« genau da im Regal, wo es vorgestern noch gelegen hatte. Zwischen Stapeln von alten Büchern. Warf dem Verkäufer einen Tausender auf den Tisch.
Hastete wieder
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