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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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mitgeteilt, dass nähere Informationen zu den Metallspänen aus der Tasche des Hexers erst am nächsten Morgen vorliegen würden. Bedding und Saul hatten unterdessen mehr als fünfzig Hotels in Manhattan überprüft, von denen jedoch keines die APC-Türkarten benutzte, nach denen sie suchten. Sellitto hatte ferner die Posten beim Cirque Fantastique angefunkt – mittlerweile waren die beiden ursprünglichen Cops von zwei Kollegen abgelöst worden –, doch auch dort tat sich nichts Verdächtiges.
    Und was am quälendsten war – Larry Burke, der vermisste Streifenpolizist, der den Hexer in der Nähe des Kunstgewerbemarkts festgenommen hatte, blieb weiterhin verschwunden. Dutzende von Beamten suchten die gesamte West Side ab, hatten bislang aber weder irgendwelche Zeugen aufgetrieben noch Anhaltspunkte für seinen eventuellen Aufenthaltsort gefunden. Immerhin gab es eine ermutigende Nachricht: Er lag nicht tot in dem gestohlenen Mazda. Man hatte den Wagen zwar noch nicht geborgen, aber einer der Taucher war mutig durch die starke Strömung vorgedrungen und weder in der Fahrgastzelle noch im Kofferraum auf eine Leiche gestoßen.
    »Wo bleibt denn das Essen?«, fragte Sellitto und sah aus dem Fenster. Sachs und Kara waren zu einem nahen kubanischen Restaurant aufgebrochen, um für sie alle ein paar Kleinigkeiten zu holen. (Der jungen Illusionistin schien es dabei vor allem um die Aussicht auf ihren ersten kubanischen Kaffee zu gehen, den Thom ihr als »halb Espresso, halb Kondensmilch, halb Zucker« beschrieben hatte, eine offenbar unwiderstehliche Mischung, trotz der unmöglichen drei »Hälften«.)
    Der stämmige Detective drehte sich zu Rhyme und Thom um. »Habt ihr schon mal eines dieser kubanischen Sandwiches probiert? Das sind wirklich die besten.«
    Doch weder das Essen noch der Fall waren dem Betreuer nun wichtig. »Zeit fürs Bett.«
    »Es ist erst kurz nach halb zehn«, entgegnete Rhyme. »Praktisch noch Nachmittag. Und daher ist es nicht Zeit – fürs – Bett.« Es gelang ihm, beschwingt und bedrohlich zugleich zu klingen. »Da draußen läuft ein beschissener Killer frei herum, der sich ständig neu überlegt, in welchen Abständen er jemanden umbringen möchte. Erst waren es vier Stunden, dann zwei.« Er sah zur Uhr. »Und in diesem Moment begeht er vielleicht seinen einundzwanzig-Uhr-achtunddreißig-Mord. Ich weiß zu schätzen, dass dir
das
nicht gefällt, aber ich habe Wichtigeres zu tun.«
    »Nein, hast du nicht. Falls du für heute noch nicht Schluss machen willst, meinetwegen. Aber wir gehen jetzt nach oben, um ein paar Dinge zu erledigen, und dann wirst du dich eine Weile ausruhen.«
    »Ha, du hoffst doch nur, dass ich bis morgen früh durchschlafe. Nun, da irrst du dich. Ich bleibe die ganze Nacht wach.«
    Der Betreuer verdrehte die Augen. »Lincoln wird jetzt für ein paar Stunden nach oben verschwinden«, verkündete er mit entschlossener Stimme.
    »Wie würde es dir gefallen, deinen Job zu verlieren?«, fuhr Rhyme ihn an.
    »Wie würde es dir gefallen, im Koma zu liegen?«, gab Thom zurück.
    »Das ist ein Fall von Krüppelmisshandlung«, murmelte er, fügte sich jedoch in sein Schicksal. Das Risiko war ihm bewusst. Wenn ein Querschnittsgelähmter zu lange in einer Position verharrte, wenn seine Gliedmaßen abgeschnürt wurden oder wenn – wie Rhyme dies gern taktlos vor Fremden darzulegen pflegte – er pinkeln oder kacken musste, es aber schon länger nicht mehr getan hatte, bestand die Gefahr, dass es zu einer autonomen Dysregulation kam. Der daraus resultierende hohe Anstieg des Blutdrucks konnte einen Schlaganfall nach sich ziehen, der zu noch schlimmeren Lähmungen oder zum Tod führte. Ein solches Ereignis war zwar selten, bedeutete allerdings automatisch einen Krankenhausaufenthalt oder ein schnelles Grab, und so willigte Rhyme ein, die Behandlung über sich ergehen zu lassen und etwas auszuruhen. Es waren Augenblicke wie dieser – Unterbrechungen des »normalen« Alltags –, die ihn bezüglich seiner Behinderung am wütendsten machten. Und die ihn, obwohl er es niemals zugegeben hätte, zutiefst deprimierten.
    Oben im Schlafzimmer kümmerte Thom sich um die notwendigen Körperfunktionen. »Okay. Zwei Stunden Ruhe. Schlaf ein wenig.«
    »Eine Stunde«, murrte Rhyme.
    Der Betreuer wollte ihm widersprechen, aber dann sah er Rhyme ins Gesicht. Der Ärger und der trotzige Blick hätten ihn nicht im Mindesten gestört, aber er erkannte auch die tief empfundenen Sorgen, die Rhyme sich um

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