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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Riverside Inn von Bedford Junction zu Mittag gegessen hat. Von dort aus sind es nur zwei Kilometer bis zum Versammlungssaal der Gesellschaft der Patrioten in Canton Falls und ungefähr fünf bis zu Ihrem Haus.«
    Constable sah ihn ungläubig an. »Im Riverside Inn?« Er blickte zum Fenster, doch vor lauter Dreck konnte man nicht einmal erkennen, ob der Himmel blau, gelb verschmutzt oder regnerisch grau war.
    Gradys Augen verengten sich. »Was ist? Wissen Sie etwas über diesen Laden?«
    »Ich…« Sein Anwalt berührte ihn am Arm, und er verstummte. Dann berieten die beiden sich flüsternd.
    »Kennen Sie vielleicht einen der Stammgäste?«, hakte Grady nach.
    Constable sah Roth an, doch dieser schüttelte den Kopf, und der Gefangene schwieg.
    »Wie gefällt Ihnen Ihre Zelle, Andrew?«, fragte Grady nach einem Moment.
    »Meine…«
    »Ihre Zelle hier in der Untersuchungshaft.«
    »Die ist mir relativ egal. Aber das wissen Sie vermutlich.«
    »Im Zuchthaus ist es schlimmer. Und man wird Sie in Einzelhaft stecken müssen, weil sonst die schwarzen Sträflinge liebend gern Ihren…«
    »Hören Sie auf, Charles«, sagte Roth ermattet. »Das können wir uns doch wirklich schenken.«
    »Tja, Joe, es reicht mir jetzt langsam«, sagte der Staatsanwalt. »Alles, was Sie anzubieten haben, ist ›Ich habe dies nicht getan, ich habe jenes nicht getan‹. Und dass jemand ihn benutzt und ihm etwas anhängen will. Nun, wenn das tatsächlich stimmt«, wandte er sich direkt an Constable, »dann strengen Sie sich gefälligst an und liefern mir einen Beweis. Legen Sie schlüssig dar, dass die Anschläge auf meine Familie nicht auf Ihr Konto gehen,
und
nennen Sie mir die Namen der Verantwortlichen, dann können wir miteinander reden.«
    Roth und Constable berieten sich flüsternd ein weiteres Mal.
    »Mein Mandant wird einige Anrufe tätigen«, sagte Roth schließlich. »Je nachdem, was wir herausfinden, wird er danach eventuell bereit sein, eine Zusammenarbeit in Betracht zu ziehen.«
    »Das ist nicht gut genug. Ich will sofort ein paar Namen hören.«
    »Es geht nicht anders«, sagte Constable beunruhigt. »Ich muss mich erst vergewissern.«
    »Fürchten Sie, einige Freunde ans Messer liefern zu müssen?«, fragte der Staatsanwalt kühl. »Nun, Sie behaupten doch, unbequeme Fragen zu mögen. Lassen Sie mich
Ihnen
eine stellen: Was für Freunde sind das, die gewillt sind, Sie für den Rest des Lebens hinter Gitter zu schicken?« Grady stand auf. »Falls ich bis heute Abend um neun Uhr noch nichts von Ihnen gehört habe, gehen wir morgen wie geplant vor Gericht.«

…Vierunddreißig
    Die Bühne machte nicht allzu viel her.
    Nachdem David Balzac sich vor zehn Jahren aus dem internationalen Geschäft zurückgezogen und das Smoke & Mirrors gekauft hatte, war die hintere Hälfte des Ladenlokals einem kleinen Theater gewichen. Balzac besaß keine Lizenz für eine kommerzielle Bühne und durfte daher keine Eintrittsgelder verlangen, doch er veranstaltete trotzdem kleine Shows – jeden Sonntagnachmittag und Donnerstagabend –, damit seine Schüler die Gelegenheit zum öffentlichen Auftritt erhielten und erste Erfahrungen sammeln konnten.
    Und damit ihnen klar wurde, was für einen Unterschied das bedeutete.
    Kara wusste, dass zwischen dem Training und einer Vorstellung vor Publikum Welten lagen. Wenn man vor anderen Leuten auftrat, geschah etwas Unerklärliches. Schwierige Tricks, die zu Hause immer misslangen, klappten perfekt, weil ein geheimnisvoller unsichtbarer Adrenalinstrom zu fließen begann, der die Hände steuerte und öffentlich kundtat: »Du sollst es diesmal nicht versauen.«
    Umgekehrt galt, dass manchmal die simpelsten Dinge danebengingen, zum Beispiel einfache Münztricks, die man eigentlich blind beherrschte und auf deren möglichen Ausfall man nicht mal ansatzweise vorbereitet war.
    Theater und Verkaufsraum wurden durch einen hohen und breiten schwarzen Vorhang voneinander getrennt. Er kräuselte sich leicht im Luftzug, wenn jemand den Laden betrat und das leise Signal der elektrischen Türglocke erklang.
    Es war nun kurz vor sechzehn Uhr am Sonntag, und die Sitze füllten sich allmählich – wie immer von hinten nach vorn. (Bei einer Zaubervorstellung wollte
niemand
in der ersten Reihe sitzen; man konnte nie wissen, ob man nicht plötzlich zum »Freiwilligen« ernannt und auf der Bühne in Verlegenheit gebracht wurde.)
    Kara stand am hinteren Vorhang und betrachtete ihr Reich. Die schmucklosen schwarzen Wände wiesen

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