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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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und sie fing an zu schluchzen.
    Seine Hände schwitzten. Bell musterte die Passanten auf dem Gehweg vor Charles Gradys Haus.
    Dutzende von Leuten.
    War einer von ihnen Weir?
    Oder jemand aus dieser verdammten Gesellschaft der Patrioten?
    Der Krankenwagen kam, und zwei Sanitäter sprangen heraus. Bevor sie das Haus betreten konnten, überprüfte der Detective sorgfältig ihre Ausweise.
    »Was soll das?«, fragte einer von ihnen beleidigt.
    Bell ignorierte ihn und achtete auf die vorbeifahrenden Fahrzeuge, die Fußgänger, die Fenster der näheren Umgebung. Als alles sicher schien, stieß er einen Pfiff aus, und Luis Martinez, der ruhige Leibwächter, lief mit dem Mädchen und seiner Mutter hinaus und stieg in den Rettungswagen.
    Chrissy zeigte noch keine Vergiftungserscheinungen, obwohl sie blass war und ständig weinte. Sie hatte einen Schokoriegel gegessen, der auf geheimnisvolle Weise in ihr Musikzimmer gelangt war. Bell konnte sich kaum eine bodenlosere Gemeinheit vorstellen, als einem Kind wehzutun, und wenngleich er für eine kurze Weile auf Constables aalglattes Gerede hereingefallen war, wurde durch diesen Zwischenfall deutlich, um was für ein verkommenes Pack es sich bei diesen so genannten Patrioten handelte.
    Unterschiede zwischen den Kulturen? Zwischen den Rassen? Nein, Sir. Es gab nur einen einzigen Unterschied: zwischen den Guten und Anständigen auf der einen Seite und den Bösen auf der anderen.
    Falls das Mädchen starb, würde Bell es sich zur persönlichen Aufgabe machen, dass sowohl Weir als auch Constable die Bestrafung erhielten, die dem Anschlag auf Chrissy entsprach – eine tödliche Injektion.
    »Mach dir keine Sorgen, mein Schatz«, sagte er nun, während einer der Sanitäter den Blutdruck des Mädchens maß. »Es wird alles wieder gut.«
    Chrissy schluchzte nur leise. Bell schaute zu ihrer Mutter, deren zärtliche Miene nicht ganz verbergen konnte, welch unbändige Wut sie empfand.
    Der Detective funkte die Zentrale an und ließ sich mit der Notaufnahme des Krankenhauses verbinden, zu dem sie unterwegs waren. »Wir treffen in Kürze bei Ihnen ein«, sagte er zu der Frau am anderen Ende der Leitung. »Hören Sie gut zu – ich möchte, dass der Eingangsbereich und der Weg zu Ihrer Entgiftungsstation von allen Leuten geräumt werden. Ich will keine Menschenseele dort sehen, es sei denn, sie trägt einen Dienstausweis mit Foto.«
    »Tja, Detective, das geht nicht«, sagte die Frau. »Bei uns ist jede Menge los.«
    »Der Punkt steht nicht zur Debatte, Ma’am.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich lasse nicht mit mir diskutieren. Ein bewaffneter Attentäter ist hinter diesem kleinen Mädchen und seiner Familie her. Falls ich also jemanden entdecke, der keinen deutlich sichtbaren Ausweis trägt, lasse ich ihm sofort und ohne große Rücksicht Handschellen anlegen.«
    »Das hier ist die Notaufnahme eines städtischen Krankenhauses, Detective«, gab die Frau gereizt zurück. »Wissen Sie eigentlich, wie viele Leute ich in diesem Moment hier vor mir sehe?«
    »Nein, Ma’am, das weiß ich nicht. Aber stellen Sie sich einfach vor, dass diese Leute alle gefesselt auf dem Bauch liegen. Genau das wird nämlich passieren, falls sie bei unserer Ankunft noch nicht von dort verschwunden sind. Und übrigens, Ihnen bleiben ab jetzt noch etwa zwei Minuten.«

…Dreiundvierzig
    »Fälle ändern ihre Farbe.«
    Charles Grady saß vorgebeugt auf einem orangefarbenen Plastikstuhl in einem Nebenraum der eigentlichen Wartezone der Notaufnahme und starrte den grünen Linoleumboden an, auf dem Tausende von verzweifelten Menschen ihre Spuren hinterlassen hatten.
    »Kriminalfälle, meine ich.«
    Roland Bell saß neben ihm. Luis stand wachsam an der Tür, und ganz in der Nähe, am Durchgang zu einem belebten Korridor, hatte ein weiterer von Bells Zeugenschutzengeln Position bezogen, Graham Wilson, ein gut aussehender, tatkräftiger Detective mit scharfem ernsten Blick und einem fast schon unheimlichen Gespür für Leute, die Waffen bei sich trugen.
    Gradys Frau und zwei Beamte hatten Chrissy in das Behandlungszimmer begleitet.
    »An der juristischen Fakultät gab es einen bestimmten Professor«, fuhr Grady fort, ohne sich ansonsten auch nur einen Millimeter zu rühren. »Er hatte früher als Staatsanwalt und dann als Richter gearbeitet. Während eines Seminars sagte er zu uns Studenten, ihm sei in all den Jahren als praktizierender Jurist kein einziger Fall untergekommen, der schwarz oder weiß gewesen sei. Es habe sich

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