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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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aufgelesen.«
    Cooper nahm die Tüten und legte jeden der rechteckigen Streifen in eine eigene kleine Schale, um eine gegenseitige Verunreinigung zu vermeiden. Die meisten der Partikel entsprachen Amelias Kontrollproben, was bedeutete, dass sie nicht vom Täter oder Opfer stammten, sondern auf natürlichem Weg an den Tatort gelangt waren. Auf manchen der Streifen klebten jedoch Fasern, die Sachs ausschließlich dort gefunden hatte, wo der Täter entlanggegangen war oder etwas berührt hatte.
    »Unters Mikroskop damit.«
    Der Techniker nahm die Streifen mit einer Pinzette, montierte sie auf Objektträger, legte den ersten unter das Stereomikroskop – das bevorzugte Instrument zur Faseranalyse – und drückte einen Knopf. Der Anblick, der sich ihm durch das Okular bot, wurde nun zu dem großen Flachbildschirm des Computers übertragen, so dass alle es sehen konnten.
    Die Fasern erschienen als dicke gräuliche Stränge.
    Bei einer forensischen Untersuchung waren Spuren dieser Art von großer Bedeutung, denn Fasern kamen überall vor, wechselten schnell von einem Träger zum nächsten und ließen sich leicht klassifizieren. Man unterschied zwischen zwei Kategorien: natürlich und künstlich. Rhyme erkannte sofort, dass es sich in diesem Fall weder um glänzende Viskose noch um ein Polymerprodukt handelte; demnach mussten es Naturfasern sein.
    »Aber welche genau?«, grübelte Mel Cooper.
    »Sieh dir die Zellstruktur an. Ich wette, sie ist exkremental.«
    »Was?«, fragte Sellitto. »Exkrement? Wie Scheiße?«
    »Exkrement wie
Seide
. Die kommt nämlich aus dem Verdauungstrakt von Raupen. Grau gefärbt, mit matter Oberfläche. Was ist auf den übrigen Objektträgern, Mel?«
    Er überprüfte die anderen Proben ebenfalls unter dem Mikroskop und fand dort identische Fasern vor.
    »Hat der Täter graue Kleidung getragen?«
    »Nein«, berichtete Sellitto.
    »Das Opfer auch nicht«, sagte Sachs.
    Noch mehr Rätsel.
    »Ah«, sagte Cooper beim Blick durch das Okular. »Das hier dürften Haare sein.«
    Auf dem Monitor wurde eine lange braune Strähne sichtbar.
    »Und zwar menschliche Haare«, rief Rhyme, der die vielen hundert Schuppen bemerkte. Ein Tierhaar hätte höchstens ein paar Dutzend davon aufgewiesen. »Aber sie sind falsch.«
    »Falsch?«, fragte Sellitto.
    »Nun, es ist zwar Echthaar«, erklärte Rhyme ungeduldig, »aber es stammt von einer Perücke. Ganz
eindeutig
. Sieh dir mal das Ende da an. Das ist keine Wurzel, sondern
Klebstoff
. Natürlich könnte es von einer anderen Person hinterlassen worden sein, aber wir sollten es in der Tabelle vermerken.«
    »Dass er kein braunes Haar hat?«, fragte Thom.
    »Wir halten uns strikt an die Fakten«, wies Rhyme ihn zurecht. »Schreib, dass der Verdächtige vermutlich eine braune Perücke trägt.«
    »Okay, Bwana.«
    Cooper setzte die Untersuchung fort und stellte fest, dass auf zweien der Klebebänder ein winziger Erdkrümel beziehungsweise ein wenig pflanzliches Material hing.
    »Zuerst die Pflanze, Mel.«
    Bei seiner Tatortarbeit in New York hatte Lincoln Rhyme stets besonderen Wert auf die Erd-, Pflanzen- und Tierspuren gelegt, weil genau genommen nur ein Achtel der Stadt auf dem nordamerikanischen Festland, der Rest hingegen über mehrere Inseln verteilt lag. Aus diesem Grund kamen manche Mineralien, Pflanzen und Tiere je nach Bezirk und teils sogar je nach Viertel mehr oder weniger häufig vor, so dass man gewisse Spuren mit einiger Verlässlichkeit spezifischen Orten zuordnen konnte.
    Kurz darauf erschien das irgendwie künstlerisch anmutende Abbild eines rötlichen Zweigs und eines Blattstückchens auf dem Monitor.
    »Gut«, verkündete Rhyme.
    »Was soll daran denn gut sein?«, fragte Thom.
    »Es ist gut, weil es selten vorkommt. Das ist roter Hickory. Soweit ich weiß, wachsen diese Bäume hier bei uns nur im Central und im Riverside Park. Und… oh, schaut euch das an. Dieses blaugrüne Zeug.«
    »Wo?«, fragte Sachs.
    »Na, da! Siehst du es denn nicht?« Es ärgerte ihn, dass er nicht aufspringen und mit dem Finger auf den Bildschirm zeigen konnte. »Unten links. Wenn du dir den Zweig als Italien vorstellst, ist dieser Fleck Sizilien.«
    »Ich seh ihn.«
    »Was meinst du, Mel? Eine Flechte, nicht wahr? Und ich würde auf
Parmelia conspersa
tippen.«
    »Schon möglich«, sagte der Techniker zögernd. »Aber es gibt jede Menge Flechten.«
    »Doch nur wenige sind
blaugrün und grau
«, stellte Rhyme lakonisch fest. »Kaum eine, um genau zu sein. Und diese Sorte

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