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Der Favorit der Zarin

Der Favorit der Zarin

Titel: Der Favorit der Zarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Lichtkegel in die Finsternis.
    »Halt, ich schieße! Sanja, hinterher!«, brüllten die Milizionäre, aber der Trommelwirbel der Absätze hallte schon in einem Innenhof, so dass das Ziel außer Sichtweite war.
    Einer (offenbar ebenjener Sanja) wollte die Verfolgungsjagd aufnehmen, überlegte es sich aber anders und sagte:
    »Hol sie der Teufel. Ich bin doch kein Laufbursche, der über die Höfe rennt.«
    Der andere fluchte, tastete Fandorin auf die Schnelle ab und versetzte ihm ohne irgendeinen Grund einen Schlag mit dem Knüppel auf die Hüfte. Nicholas stöhnte nur auf, meldete aber keinen Protest an. Die Polizei eines jeden Landes auf der Welt würde sich unter diesen Umständen ähnlich verhalten.
    ». . . der hier . . . wird uns schon erzählen, wie diese Sportlerin heißt«, sagte ein Dritter, der mit der Taschenlampe Nickis Führerschein inspizierte. »Stimmt’s, Herr Fandorin?«
    Und noch einmal sauste der Knüppel auf seine Hüfte – nicht besonders kräftig, sondern sozusagen prophylaktisch.
    »Ich habe das Mädchen auf der Straße aufgelesen. Sie wollte trampen. Ich weiß nur, dass sie Margot heißt«, erfand Nicholas aus dem Stegreif, denn er wusste, dass diese Lüge überzeugender klang als die Wahrheit – zur Nachtzeit gab es in Moskau unzählige solcher »Tramperinnen«. »Aber das hat mit ihr nichts zu tun. In der Nähe des Klubs haben uns drei Männer überfallen, die in einem Jeep saßen. Schnell ihnen nach, das sind Verbrecher. Na, nehmen Sie doch mal endlich Ihren Knüppel weg. Ich bin Präsident der Firma › Land der Räte ‹ , hier meine Visitenkarte!«
    Gott weiß, was auf die Ordnungshüter mehr wirkte: das wohlklingende Wort »Präsident« oder der solide Name der Firma, aber man ließ ihn die Hände herunternehmen und führte ihn zum Eingang des Klubs »Cholesterin«.
    Doch der Jeep war über alle Berge, nur auf dem Bürgersteig sah man ein paar Tropfen Blut – sie stammten aus der Nase des Brillenträgers. Die Beobachtungsgabe der Türsteher erwies sich als selektiv. Fandorins Shiguli hatten sie sich gemerkt, aber die Nummer des imposanten Jeeps und selbst seine Farbe hatten sich ihnen nicht eingeprägt. Und was noch schlimmer war, beide behaupteten übereinstimmend, Fandorin und sein »halbverrücktes Mädchen« hätten sich selber auf die anständigen jungen Leute gestürzt und sie halbtot geschlagen.
    »Fahren wir zur Klärung ins Revier«, entschied der Leiter der Gruppe, sagte aber zu Nicholas: »Wenn die Geschädigten keine Anzeige erstatten, lasse ich dich morgen früh raus. Um eine Strafe kommst du natürlich nicht herum.«
    Fandorin wurde rot und flüsterte:
    »Kommen Sie, ich erledige das sofort. Ich zahle die drei- oder vierfache Höhe der Strafe. Was haben Sie davon, wenn Sie mich dabehalten? Meine Personalien haben Sie doch aufgenommen, oder?«
    Nie im Leben hätte Nicholas A. Fandorin es sich herausgenommen, einen Offizier der Miliz zu bestechen, und erst recht nicht einen, der gerade sein Amt ausübt und seine dienstliche Pflicht tut! Bisher hatte er sich nicht einmal von den Verkehrspolizisten wegen irgendeines Verstoßes gegen eine Lappalie losgekauft – statt ihm einen Fuffziger zuzustecken, verlor er wie ein Trottel jedes Mal zwei Stunden, um die Strafe bei der Sparkasse einzuzahlen, und war auch noch stolz darauf.
    Aber hier ging es um Leben und Tod. Während er im Revier säße, würden es die »anständigen jungen Leute« womöglich schaffen, sich auf ein neues Treffen vorzubereiten.
    Der Leutnant ließ sich Nickis Vorschlag durch den Kopf gehen. Er winkte einen der Türsteher heran.
    »Okay, Farbe und Nummer, scheißegal. Was war es denn für eine Marke?«
    »Der Jeep? Ein Brabus.«
    Der Milizionär nahm Fandorin am Ellenbogen und führte ihn zu dem Milizauto. Friedfertig erklärte er ihm:
    »Nein, das geht nicht. Mit einem Brabus fahren keine Anfänger. Was soll ich mir überflüssigen Ärger einhandeln? Du bleibst bis zum Morgen da, davon stirbst du nicht.«
    Sie setzten Nicki ohne Handschellen und nicht wie irgendeinen Besoffenen gesittet auf die Hinterbank.
    Lass dir etwas einfallen, lass dir etwas einfallen, wiederholte Nicholas fieberhaft. Du musst etwas tun, aber was?
    Hauptmann Wolf anrufen, ja, das war eine Idee!
    Besser ein zwar suspekter, aber doch bekannter und zurechnungsfähiger Milizionär als diese Nachtjäger mit ihren Maschinenpistolen und Knüppeln.
    Er fischte die Visitenkarte des Fahnders heraus und wählte seine Nummer.
    »Das steck mal

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