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Der Favorit der Zarin

Der Favorit der Zarin

Titel: Der Favorit der Zarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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dreitausend Rubel im Monat verdienen? Es war in Moskau doch unmöglich, von diesem Geld eine Familie zu unterhalten!
    »Und Ihr Nokia kostet sechshundert Dollar. Werden diese Handys in der Petrowka an Sie ausgegeben?«
    »In der Petrowka kriegen wir ’nen Arsch mit Ohren«, sagte Wolf höhnisch. »Ich verstehe, worauf Sie hinaus wollen, und bin bereit, darauf zu antworten. Sie bekommen jetzt ein ehrliches Geständnis. Ich verdiene mir etwas dazu, Bürger Fandorin.«
    »Und darf ich wissen, auf welche Weise?«
    »Wie alle normalen Menschen, mit dem, was ich kann. Der Arzt einer Poliklinik macht nach der Arbeit Hausbesuche bei seinen Privatpatienten, oder? Ich habe einen anderen Beruf. Und andere Patienten. Fing je ein Schaf ein Wolf im Schlaf? Ich laufe mir die Hacken ab.« Der Hauptmann lachte breit. »Was sperren Sie den Mund auf? Hier ist Russland und nicht Europa. So ist es bei uns von alters her: Der Staat gibt einem Diener das Amt. Aber für seine Ernährung muss er schon selber sorgen und zwar, wie man so sagt, je nach dem Grad seiner Verderbtheit. Keine Angst, ich bin ein ehrlicher Bulle und kein Ungeheuer, ich bringe niemand für die Knete um.«
    »Wofür bekommen Sie sie denn dann? In meinem Fall arbeiten Sie ja eindeutig nach bestem Wissen und Gewissen. Ich habe Sie mitten in der Nacht geweckt, und Sie sind trotzdem sofort gekommen.«
    Fandorin war auf alles gefasst, nur nicht auf eine eindeutige und klare Antwort.
    Aber er irrte sich.
    »Mein friedlicher Traum wurde zehn Minuten vor Ihrem Anruf unterbrochen. Eine schlechte Angewohnheit: das Handy nachts nicht auszuschalten.«
    »Und wer hat angerufen?«
    »Wollen Sie den Namen wissen? Ich weiß ihn nicht, ich kenne nur die Stimme. › Wir brauchen den Engländers sagen die. › Der hat ganz schön was auf dem Kasten, und seine Bodyguards sind auch nicht zu verachten. Eine Prämie ist Ihnen sicher. ‹ So dass ich, als Sie anriefen, schon putzmunter war. Ich zerbrach mir den Kopf über drei Fragen. Erstens: Wie ich Euch finden sollte. Zweitens: Warum nennen die Sie Engländer?«
    Die sind schon über alles auf dem Laufenden, dachte Nicholas niedergeschlagen. Was bin ich schon für ein Experte für weise Ratschläge, wenn ich selber dem Wolf in die Fänge laufe?
    »Und die dritte Frage ist«, fuhr der Milizionär nach einer Pause fort, »ob die mir nicht mal am Abend begegnen sollen.«
    »Wie, wann?«, fragte Fandorin und riss die Augen auf. »Nein, ich wollte etwas anderes fragen. Arbeiten Sie nun für die oder nicht?«
    »Ich arbeite für sie«, antwortete Wolf. »Wenn sie keine Killer sind. Aber wenn sie jemand abknipsen wollen, da mache ich nicht mit.«
    »Abknipsen wollen?«
    »Ja, das ist so ein neuer Ausdruck. Man kann es auch anders ausdrücken: über den Haufen knallen, kalt machen, umnieten, aus dem Weg räumen . . .«
    »Und Schibjakin?«, unterbrach Nicki. »Haben Ihre › Patienten ‹ den nicht ebenfalls abgeknipst?«
    »Das glaube ich nicht. Wozu hätten sie das tun sollen? Sie wollten mit dem Fallschirmspringer reden, da ist irgendetwas schief gelaufen. Entweder ist es ein Unfall gewesen und er ist heruntergefallen, oder er ist von selbst aus dem Fenster gesprungen. Das ist ein anderer Fall als Ihrer. Sie stehen auf der Abschussliste, das ist sicher. Der Anrufer hat richtig mit den Zähnen geknirscht vor Wut, und das, wo er früher doch immer so intelligent und höflich war.«
    Wahrscheinlich der junge Mann mit der dunklen Brille, dachte Fandorin und bekam eine Gänsehaut.
    »Sergej . . . entschuldigen Sie, ich habe Ihren Vatersnamen vergessen . . .«
    »Ist doch scheißegal. Nennen Sie mich einfach Sergej«, knurrte der Fahnder.
    »Sergej, ich bitte Sie. Wenn Sie wirklich nichts mit den Morden zu tun haben, dann erzählen Sie mir alles von Anfang an«, bat Nicholas leise und sah Wolf in die Augen. »Was wissen Sie über diese Leute? Wer sind sie? Was wollen sie von mir?«
    Der Hauptmann wandte die Augen ab und ließ den Rauch durch die Nase entweichen.
    »Ich hätte sie natürlich erst unter die Lupe nehmen und mir ein Bild machen müssen, mit wem ich es da zu tun habe«, sagte er bekümmert. »Das tue ich sonst immer. Aber sie haben es sehr raffiniert eingefädelt. Ich kriegte einen Anruf vom Pförtner: Wolf, du, hier ist ein Paket für dich abgegeben worden. Ich mach auf: ein Handy, dieses hier. Mit einem Bombenvertrag: Da kannst du anrufen, so viel du willst. Es ist auf meinen Namen ausgestellt, alles stimmt: Adresse, Ausweisnummer. Ich

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