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Der Favorit der Zarin

Der Favorit der Zarin

Titel: Der Favorit der Zarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Eine tolle Pekesche ist das! Und auch die Mütze ist schön.«
    Er zog ihm die Mütze vom Kopf, streichelte ihn und setzte sie ihm wieder auf.
    Der war aber aufdringlich!
    Mitja strampelte in den starken Händen des Kollegienrates und schrie:
    »Lass los! Iss will deine Lebkuchen nisst! Und auch das Pferd will iss nisst!«
    Vielleicht würde ihm ja jemand zu Hilfe kommen?
    Die neben ihm sitzende Gutsbesitzerin sah sich nach ihm um und sagte zu ihren Kindern:
    »Seht mal, was für ein Schreihals. Er ist bockig und sträubt sich gegen alles.«
    Sisow trug den Widerstand leistenden Mitja schnell zur Tür.
    Das war entschieden zu viel des Guten!
    »Mama Passja!«, schrie Mitja verzweifelt. »Daniiiil!«
    Im finsteren Flur war keine Menschenseele.
    »Still, du Teufelchen! «, zischte ihn der Beamte an, legte auf einmal die Finger um seinen Hals und schnürte ihm die Luft ab, so dass Mitjas Schrei in ein Röcheln überging. »Wenn du Krach machst, drück ich dir auf die Halsschlagader!«
    »Seid Ihr verrückt geworden?«, wollte Mitja den Nowgoroder ganz ohne kindliche Lispelei fragen, aber von seinen Lippen kam nur ein Krächzen.
    Sisow schnappte sich ein Taschentuch und stopfte es ihm in den geöffneten Mund, riss sich dann die Krawatte vom Hals und band sie darüber. Erst jetzt ließ er die Kehle wieder los, aber mit einem verstopften Mund kannst du keine Reden halten.
    Er nahm ihn wieder auf den Arm und rannte durch den kalten Flur nach draußen.
    Auch da war niemand. Durch die dunkle Straße fegte ein Schneesturm. Eine trübe Funzel brannte.
    »Schnell, schnell«, knurrte der Verrückte und band seinen keineswegs zottigen und schon gar nicht mit Glöckchen behängten Goldfuchs los.
    Das Pferd war in eine Einmann-Schlittenkutsche gespannt, die wie ein auf die Seite gekippter Korb aussah.
    »Still!«, fauchte der Kollegienrat Mitja an, der sich sträubte und unartikulierte Laute ausstieß. »Ich bring dich um!«
    Er schlug den Sitz zurück; darunter war ein leerer Korb. Mit dem Kopf vorneweg wurde Mitja von Sisow da hineingestopft. Der Deckel klappte zu, und dem Lärm nach zu schließen hatte sich Sisow oben draufgesetzt.
    Mithridates versuchte, sich zu befreien. Von wegen! Zu eng, keine Chance. Er stemmte sich mit dem Rücken gegen den Sitz -der dachte nicht daran, sich vom Fleck zu rühren.
    Um Gottes willen, was sollte das?
    »Los, hüh!«
    Der Schlitten setzte sich in Bewegung, aber sie kamen nicht weit.
    Man hörte, wie sich schnelle Schritte näherten, das Pferd wieherte und blieb stehen, offenbar hatte es jemand an den Zügeln gepackt.
    »Was wollt Ihr?«, schrie Sisow. »Lasst die Zügel los!«
    »Gnädiger Herr, wo ist der Junge?«
    Das war Vondorins Stimme!
    Mitja stieß unartikulierte Laute aus und stemmte sich gegen die Wände des verfluchten Korbs. Hier bin ich! Daniel Ilarionowitsch, mein Guter, hier!
    »Was für ein Junge? Ich habe es eilig. Weg da!«
    »Der kleine Kosak meiner Bekannten. Man hat mir berichtet, Ihr habt ihn aus dem Saal getragen.«
    »Ach, der Kleine. Das weiß ich wirklich nicht. Ich habe ihm ein Fruchtbonbon gegeben, und dann ist er weggelaufen. Ein ganz schöner Wildfang. Auf Wiedersehen, gnädiger Herr. Ich muss weiter.«
    »Weggelaufen? Und was höre ich da für ein Klopfen unter Eurem Sitz?«
    Aha, er hatte es also gehört! Mitja strengte sich noch mehr an.
    »Da habe ich die verfluchten Welpen hineingesteckt, damit sie nicht erfrieren. Das geht Euch übrigens überhaupt nichts an. Was belästigt Ihr mich? Man denke, was für eine Staatsaffäre, der kleine Kosak ist verloren gegangen!«
    Daniel sagte nichts, und der Kollegienrat ließ seine Stimme drohend anschwellen:
    »Nimm die Hand weg, du Dummkopf! Ich bin hier in Nowgorod eine stadtbekannte Persönlichkeit! Kollegienrat Sisow! Mir untersteht sogar der Polizeimeister! Ich brauche ihm nur einen Ton zu sagen, dann wanderst du für eine Nacht in die Eiskammer! Los!«
    »Meiner Weggefährtin ist dieser Kosak sehr ans Herz gewachsen«, sagte Vondorin, als müsse er sich rechtfertigen. »Was soll ich ihr sagen?«
    Der Beamte hielt den Streit wohl für beendet und milderte den drohenden Unterton etwas:
    »Sagt ihr, sie soll unsere Stadt verlassen, und zwar schleunigst.«
    »Verlassen?«, fragte Daniel zweifelnd nach. »Der Kosak ist ihr Eigentum. Er kostet Geld, und seine Ausstattung ist auch nicht gerade umsonst gewesen. Die Pekesche, die Lammfellmütze, die Pelzstiefel. . .«
    Sisow unterbrach ihn ungeduldig, barsch:
    »Richtet Eurer

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