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Der Favorit der Zarin

Der Favorit der Zarin

Titel: Der Favorit der Zarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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schäbiger Egoist, dass er das hatte vergessen können?
    »Ich sehe, Sie erinnern sich«, sagte Jastykow zufrieden nickend. »Da treffen sich also zwei edle Väter auf der Bühne. Was ist denn ein kleiner Chemiekonzern schon gegen den Vulkan der Vaterliebe? Der Kurze hat Ihnen doch sicher erklärt, warum ich dieses ganze Rührstück eingefädelt habe, oder?«
    »Ja. Sie wollen die Produktion von Superrelaxan auf nehmen. Und ganz Russland von dieser Droge abhängig machen.«
    »Das hat der Kurze gesagt? Ich bin doch nicht der Antichrist und habe vor, ganz Russland zuzudröhnen.« Oleg Stanislawowitsch schüttelte den Kopf. »Was dem Kurzen so alles einfällt! Der sollte lieber in Hollywood Horrorfilme drehen. Nein, Fandorin, ich brauche nicht ganz Russland, mir reicht es, wenn ein paar Millionen Missgeburten meine Pillen schlucken und mir ihre Rubelscheinchen bringen, und zwar auf ganz legalem Weg. Verdammt noch mal, die Hälfte der Kosmetikfirmen macht doch genau dasselbe: Die drehen den Frauen eine Creme gegen Falten an, und später können die armen Dummerchen ohne diese Creme nicht leben – da würde ja ihr ganzes Gesicht schwabbelig herunterhängen.«
    Der Vorwurf, er habe gegen Russland gerichtete Absichten, brachte den Apotheker in Rage, er konnte sich absolut nicht beruhigen.
    »Und der Kurze selber? Der hat doch fast alle unsere Grandes Dames an der kurzen Leine! Einmal im Jahr müssen sie zu ihm dackeln, um sich ihre Schönheitsdosis verpassen zu lassen. Ein genialer Einfall, Hut ab. So eine Lobby muss man sich erst mal schaffen! Über seine Kundinnen kann er von deren Ehemännern bekommen, was er will. Parlamentarische Immunität und mehr als das! Wenn Mirat Leninowitsch etwas passiert, was Gott verhüten möge, dann muss man im ganzen Land die Hochglanzzeitschriften verbieten, die Hälfte unserer Schönheiten verwandelt sich dann in Kröten. Zum Weglaufen. Aber dem Kurzen ist das immer noch zu wenig. Den Iljitsch will ich!« Jastykow haute mit der Faust auf den Tisch. »Ich habe alles eingefädelt, vorbereitet und die Privatisierung durchgesetzt. Wie viel Kraft, wie viel Zeit mich das gekostet hat, ganz zu schweigen von dem Geld. Und da kommt der her und will sich ins gemachte Nest setzen.«
    Wenn man jemandem richtig zuhört und sich an seine Stelle versetzt, scheint jeder Mensch auf seine Weise Recht zu haben, dachte Nicholas. Und um diese verfluchte Neigung des Intellektuellen zur Objektivität zu verjagen, fragte er:
    »Stimmt es, dass sich der langjährige Gebrauch von Superrelaxan auf die Zeugungsfähigkeit auswirkt?«
    Die fröhliche Jeanne fand die Frage lustig, Oleg Stanislawowitsch aber nahm sie ernst.
    »Ja, und genau das gefällt mir daran am meisten. Jeder Mensch entscheidet alleine, was er mit seinem Leben machen will. Unser Land ist jetzt frei. Jeanne nimmt schließlich auch den › rosa Flamingos aber für sie ist das wie eine Tasse Kaffee. Bei Hyperaktivität der Nerven und einem irren Adrenalinspiegel hat Koks die Funktion eines Dämpfers. › Superrelaxan ‹ ist etwas für Missgeburten, die vor Lust grunzen, wenn sie sich im Dreck suhlen. Was haben wir beide von der Fortpflanzung der Missgeburten? Wenn es in meiner Macht stünde, würde ich billigem Wodka und ähnlichem Fusel kostenlos etwas von meinen Präparaten beimischen, damit die Debilen keine Kinder in die Welt setzen können.« Jastykow ergriff jovial Nicholas’ Hand und fuhr fort: »Sie sind doch ein gebildeter Mensch und machen sich Ihre Gedanken, nicht wahr? Ist denn nicht alles Unglück der Menschheit darauf zurückzuführen, dass es einfach zu viele von uns auf der Erde gibt? Dadurch sinkt der Wert des einzelnen Individuums. Nehmen Sie doch nur mal die Twerskaja Uliza in der Stoßzeit. Ein Gewimmel, dass Sie sich Vorkommen wie in einer Heringsbüchse. Wenn wir tausendmal so wenig wären, gäbe es keine Kriminalität, keine Morde, keine sozialen Missstände. Und wir hätten tausendmal so viel Achtung voreinander. Und wenn die Schwachen, Dummen, Unfähigen (eben genau die, die drogensüchtig werden) aufhörten, sich zu vermehren, würde unsere ganze biologische Gattung einen unglaublichen Entwicklungsstand erreichen. Diese neue Welt wäre wunderbar, kein Vergleich mit der jetzigen. Was lächelst du denn so, Jeanne? Habe ich etwa Unrecht?«
    »Recht hast du, Schopenhauer, völlig Recht.« Sie war aufgestanden und streckte sich über den Tisch zu ihm hin. »Komm, lass dir einen Kuss geben, du Erlöser der Menschheit.«
    Oleg

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