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Der Favorit der Zarin

Der Favorit der Zarin

Titel: Der Favorit der Zarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Lieblingsschlafanzug. Und dann noch eine Tafel Schokolade der Marke › Begeisterung ‹ . Die mag sie am liebsten, das hat sie noch aus dem Waisenhaus . . .«
    Und wie auf Kommando runzelten die beiden Väter die Stirn, um nicht in Tränen auszubrechen.
    Im Restaurant »Puschkin« waren sie schon beim Nachtisch: Jas-tykow aß eine Crema Milanesa mit Orangencreme, Jeanne Entremes aus tropischen Früchten.
    Auf das erneute Erscheinen des Vermittlers reagierten die beiden einmütig mit schallendem Gelächter.
    Oleg Stanislawowitsch wischte sich die Tränen ab und konnte nur mit Mühe sprechen.
    »Uff, ich kann nicht mehr . . . › Wenn er mit Mira dasselbe macht wie mit der Taschenlampe? ‹ Ich lach mich noch tot! Gar nicht schlecht, die Idee! Dass ich darauf nicht selber gekommen bin! Den Blütenstaub der Unschuld wegblasen! Da muss ich mich bei dem Kurzen für bedanken!«
    Fandorin stand wie angewurzelt und blickte auf das angeheiterte Pärchen. Sein verblüffter Gesichtsausdruck löste einen neuen hysterischen Lachanfall aus.
    »Das dritte Mal!« Jeanne kriegte sich vor Lachen kaum ein und streckte ihm drei Finger entgegen. »Immer dasselbe. Du bist doch unbelehrbar!«
    Sie stand auf, griff in die Brusttasche seines Jacketts – es handelte sich dabei um das Stück, das Nicholas aus dem »Patrick Hellmann«-Laden hatte – und holte einen kleinen Ball daraus hervor.
    Ein Mikrophon! Sie hatten die ganze Zeit mitgehört!
    Er war wirklich ein unverbesserlicher Idiot: Weder die Geschichte mit Glen noch die Geschichte mit Hauptmann Wolf hatten ihn gelehrt, ein Minimum an Vorsicht an den Tag zu legen.
    Er machte ein unbeeindrucktes Gesicht (was blieb ihm auch anderes übrig?) und sagte kalt:
    »Ich ziehe daraus den Schluss, dass Ihnen die Bedingungen von Herrn Kuzenko bekannt sind.«
    »Ja, ja«, sagte Jeanne und hob begeistert den Daumen. »Tolle Bedingungen. Das hast du prima gemacht, Nicki.«
    Oleg Stanislawowitsch nickte.
    »Ja. Gehen Sie zum Kurzen und sagen Sie ihm, ich bin einverstanden. Das mit dem Blütenstaub der Unschuld habe ich nur so dahergesagt. Die Kükenbrust und die Waisenknöchelchen von Mademoiselle Miranda reizen mich überhaupt nicht. Vorwärts! Figaro hier, Figaro da. Wir genehmigen uns jetzt einen kleinen Digestif, nicht wahr, mein Goldschatz?«
    Er dachte, er würde in der Nacht kein Auge zutun, und hatte sich mehr der Ordnung halber aufs Bett gelegt. Den Arm unterm Kopf, stellte er sich vor, wie das morgen laufen würde. Was, wenn Jastykows Bösartigkeit doch seinen Pragmatismus überwog?
    Er kniff die Augen zusammen und stellte es sich vor.
    Ein zweimaliges gedämpftes Klicken. Ein hochgewachsener Mann und ein schmales Mädchen fallen ohne Vorwarnung zu Boden. Die Leute gehen zu ihnen hin, beugen sich über sie und verstehen nicht, was passiert ist. Währenddessen machen sich die zwei oder drei Burschen mit Unschuldsmiene aus dem Staub und tauchen in der Menge unter . . .
    Erstaunlich, aber Fandorin schlief trotz dieser Bilder ein. Schuld daran war wohl seine Müdigkeit. Es war ja schon seine zweite schlaflose Nacht.
    Im Morgengrauen wachte er davon auf, dass die Tür quietschte und jemand schwerelos über den Boden huschte.
    Er döste noch und sagte sich: Altyn geht aufs Klo. Er wollte wieder einschlafen, da erinnerte er sich plötzlich, wo er sich befand. Er schoss hoch.
    An der geöffneten Tür stand Mira. Sie hatte einen rosa Schlafanzug mit Giraffen an, er ähnelte sehr dem, in dem die vierjährige Gelja schlief.
    »Pst«, sagte die nächtliche Besucherin und legte den Finger auf die Lippen.
    Sie schloss die Tür, lief lautlos über das Parkett und setzte sich auf das Bett.
    »Was machst du da?«, flüsterte er. »Wie bist du aus dem Zimmer gekommen?«
    »Ich habe an der Tür gelauscht. Ich habe gewartet, bis er aufs Klo oder sonst wohin geht. Das hat er denn auch getan.«
    »Aber in der Küche ist noch einer! Der hätte das doch hören können.«
    Mira lächelte spöttisch, in ihren Augen glänzten funkelnde Lichter.
    »Von wegen, nie im Leben. Ich kann gehen, ohne dass man einen Ton hört. Wir sind nachts immer von einem ins andere Zimmer gelaufen. Guck mal, was ich gefunden habe! Das war in dem Schlafanzug.«
    Er beugte sich über ein kleines Zettelchen. Er strengte seine Augen an und las: »Hab keine Angst, Töchterchen. Papa wird dich retten.«
    »Hast du das gesehen?«, fragte sie aufgeregt. »Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, weil ich es dir zeigen wollte. Rück mal ein

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