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Der Favorit der Zarin

Der Favorit der Zarin

Titel: Der Favorit der Zarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Einer von ihnen stand auf und winkte mit der Hand. Nicholas ging auf ihn zu und erkannte die Männer: Sie gehörten zum Sicherheitspersonal von Trost. Der Mann, der ihn herbeigerufen hatte, zeigte schweigend auf einen fünften Tisch, der zwischen den anderen vier stand. Nicholas nickte und setzte sich. Der zweite Stuhl war frei. Herr Kuzenko war noch nicht da.
    Drei Minuten verstrichen, ohne dass etwas geschah. Nur die Kellnerin kam und fragte:
    »Gehören Sie zusammen? Möchten Sie auch einen Espresso?« Er nickte zerstreut und betrachtete die Wachmänner. Die Hälfte schaute pausenlos nach unten und hatte das Erdgeschoss im Auge, die anderen vier sahen aufmerksam nach den Nachbartischen.
    Um drei nach zwölf schoben alle für das Erdgeschoss Zuständigen auf einmal ihre rechte Hand unter die linke Achsel.
    Fandorin blickte nach unten und sah, dass Kuzenko die Glastür öffnete. Er trug einen Smoking und eine weiße Krawatte. Den Mantel hatte er offenbar im Auto gelassen. Vor dem Unternehmer ging Igor, hinter ihm folgten zwei Bodyguards.
    Angeekelt die Nase über die laute Musik rümpfend, ging Mirat Leninowitsch die Treppe hoch. Die Wachmänner bauten sich mitten auf dem Treppenabsatz auf, so dass sie die Eingänge zum Cafe einsehen konnten; der Sekretär setzte sich an einen leeren Tisch an der Seite. Das Gespräch der beiden Väter konnte unter vier Augen stattfinden.
    Sie reichten sich die Hand und schwiegen eine Weile.
    Auf den verwunderten Blick, den Fandorin auf den Smoking warf, entgegnete Kuzenko finster:
    »Ich komme direkt aus dem Hotel › National ‹ , von einem Frühstück mit einem deutschen Geschäftspartner. Ich muss ja so tun, als wäre nichts geschehen.«
    Die Kellnerin wollte Nicki den Espresso bringen, aber die Bodyguards ließen sie nicht an seinen Tisch. Einer der beiden nahm ihr die Tasse ab, stellte sie hin und setzte sich sofort wieder an seinen Platz.
    »Was für eine Arbeit damit zunichte gemacht wird«, sagte Mirat Leninowitsch und betrachtete den dampfenden Kaffee. Er sprach langsam, so als müsste er sich dazu überwinden. »Gebhardt ist außer sich. Er hat eine wichtige Entscheidung getroffen, ist bereit, ein Heidengeld in das Projekt zu stecken, und versteht nicht, warum ich mich auf einmal aus der Affäre ziehen will. Ich kann es ihm ja nicht erklären . . . Ach, Jasti, Jasti.« Kuzenko zuckte zusammen. »Haben Sie mal einen Feind gehabt? Einen richtigen Feind fürs ganze Leben? Einen, von dem Sie seit Ihrer Kindheit fast jede Nacht träumen?«
    »Nein, Gott sei Dank nicht.«
    »Dann können Sie mich nicht verstehen. Gut, entschuldigen Sie. Das tut jetzt nichts zur Sache . . . Also erstens: Wie wird Mira von ihnen behandelt?«
    »Anständig. Wir sind in verschiedenen Zimmern untergebracht, aber es ist ein Neubau, die Wände sind hellhörig. Ich würde es mitkriegen, wenn sie etwas mit ihr anstellten . . .«
    »Wie sieht der Ort aus?«
    »Sie haben mir im Auto die Augen verbunden und mich mit Handschellen gefesselt. Ein Hochhaus, irgendwo an der Peripherie. Genauere Angaben kann ich nicht machen.«
    Kuzenko nickte, als habe er genau diese Antwort erwartet.
    »Gut. Nun zu den Bedingungen. Was will er eigentlich genau?«
    »Die Sitzung, in der über den Verkauf des Iljitschowsker Chemiekombinats befunden wird, beginnt morgen um zehn. Wenn ich richtig verstanden habe, ist das so etwas wie eine Auktion. Der Ausgangspreis liegt bei. . .«
    Nicholas runzelte die Stirn, er hatte Angst, sich mit den Zahlen zu vertun.
    »Achtzig Millionen«, fiel Kuzenko ein. »Jastis Schallgrenze liegt bei fünfundneunzig Millionen. Das ist alles, was er hat mobilisieren können. Mit Hilfe des Pharmakonzerns › Grossbauer ‹ könnte ich ihn leicht überbieten. Was will er von mir? Dass ich nicht komme?«
    »Nein. Sie sind einer der wichtigsten Kandidaten. Wenn Sie nicht kommen, wird die Auktion womöglich auf einen anderen Tag verschoben. Die Beamten des Komitees für Staatseigentum könnten befürchten, man würde sie später verdächtigen, die Sache sei nicht mit rechten Dingen zugegangen. Deshalb möchte Jastykow, dass Sie auf jeden Fall kommen und sich an dem Handel beteiligen. Sie sollen den Preis auf fünfundachtzig Millionen treiben und sich dann zurückziehen. Sobald die Auktion zu Ende ist, ruft Jastykow an, und Mira und ich werden freigelassen.«
    Mirat Leninowitsch knirschte mit den Zähnen.
    »Er will sich diesen Batzen für fünfundachtzig Millionen unter den Nagel reißen? Da hat er sich

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