Der Favorit der Zarin
passt einfach nicht rein.«
Nicholas wurde rot und schielte hilfesuchend zu seinen Nachbarn, doch die waren die Fachsprache gewohnt und saßen mit gelangweiltem Gesicht da. Igor Iwanowitsch sagte wohlwollend:
»Wenn es nicht mehr in diese Nummer passt, kommt es eben in die nächste. Da haben wir mehr Platz.«
Cäcilia Abramowna verstand Fandorins Herumgerutsche falsch und zeigte beruhigend auf die Uhr, als wolle sie sagen: Warten Sie noch einen Moment, es dauert nicht mehr lang.
Sie war eine gepflegte Dame im Rentenalter, oder, wie sie sich selbst auszudrücken pflegte, »in der atomaren Zerfallsperiode«. Nachdem sie Philologie studiert hatte, hatte sie ihr ganzes Leben bei dem Fachblatt »Atommaschinenbau« als Korrektorin gearbeitet und war es gewohnt, einen Zeitungstext wie eine Anhäufung unzusammenhängender Worte zu behandeln, Hauptsache, die Orthographie stimmte. Früher hatte sie es mit diesen Termini zu tun, heute mit jenen, das war alles. Aber die Augen von Ziza wollten nicht mehr so richtig, und Altyn, unter deren rauer Schale sich ein weicher Kern verbarg, stellte die Alte als ihre Assistentin ein. Aber vielleicht hatte es auch gar nichts mit Mitleid zu tun, sondern mit dem makellosen Näschen der Chefin, denn Cäcilia Abramowna war einfach eine Perle. Als alleinstehende Frau hatte sie es nicht eilig, nach Hause zu kommen, zeichnete sich durch eine strikte Gewissenhaftigkeit aus und nahm die Telefonanrufe wie eine echte Lady entgegen, was dem »Eross« Respekt verschaffte und das gewisse Etwas gab. Auf ihre Chefin ließ Ziza einfach nichts kommen, und Altyn ging es mit ihrer Assistentin ebenso. Die Probleme der Familie Fandorin sah die Assistentin als ihre eigenen an, woraus man folgern konnte, dass Altyn sich ihr zu offen anvertraute, was hoffentlich nur die Kinder betraf. Aber eigentlich mochte sie Nicholas; sie nannte ihn Nikotschka.
»Ja, Nikotschka, natürlich«, sagte sie, als sie nach der Besprechung im Vorzimmer Tee tranken. »Gestern haben sich acht Personen nach dem › Land der Räte ‹ erkundigt. Einen Augenblick, ich habe alles mitstenographiert.« Sie setzte die Brille auf und nahm sich ihr Notizbuch vor. »Einer von ihnen war eindeutig verrückt, kläffte in den Hörer und sagte, er sei ein Hundemensch. Dann rief eine Dame an. Ein hoffnungsloser Fall. Sie sehnt sich nach jemand, möchte einfach mit jemand quatschen, aber sie ist Rentnerin, kann also nicht viel zahlen. Altyn Farchatowna hat gesagt, ich soll solche abwimmeln. Einem Mann, der seinen Namen nicht genannt hat, habe ich geraten, sich an einen Sexologen zu wenden. Der Mann hat ein Problem. Er ist zweiundsiebzig und verdienter Kulturarbeiter und hat eine Fünfundzwanzigjährige geheiratet; aber seine Gesundheit macht nicht mehr mit. Ich habe ihm gesagt. . .«
»Cäcilia Abramowna«, unterbrach Fandorin sie vorsichtig. »Bitte reden Sie nur von denen, denen Sie meine Adresse gegeben haben. Wie viele waren es?«
»Zwei. Ein junger Mann, der sich mit dem Problem herumquälte, ob er sich ein Eurokonto zulegen oder das Dollarkonto beibehalten soll. Ich habe ihm Ihre Adresse und die Telefonnummer gegeben. Hat er nicht angerufen?«
»Nein. Aber ich hätte ihm wohl kaum helfen können. Ich bin ja schließlich kein Spezialist für den Devisenmarkt. Und der Zweite?«
»Ein sehr anständiger Mann. Nicht mehr jung. Er hat gesagt, er habe ein kompliziertes, einfach unlösbares Problem, ihm könne nur ein Magier oder Zauberer helfen. Ich habe ihm gesagt, Nikolaj Alexandrowitsch ist so ein Magier und Zauberer, er ist teuer, aber er ist sein Geld wert.« Ziza schaute stolz auf Nicholas, denn sie erwartete ein Lob für ihr kommerzielles Geschick. »Ich habe außerdem noch gesagt, dass Sie nur mit wohlhabenden und soliden Leuten zu tun haben wollen und sich nicht mit Lappalien abgeben. Dass Ihr Business floriert, dass Sie in Arbeit ersticken und dass Sie einer unserer wichtigsten Werbekunden sind. Habe ich das richtig gemacht?«
Fandorin zuckte zusammen und fragte:
»Haben Sie ihm die Adresse der Firma gegeben?«
»Natürlich, keine Angst. Er sagte, es solle nicht am Geld scheitern, wenn er Hilfe bekommen könne. Ein kultivierter, solider Mann. Hat sich ehrlich vorgesteilt.«
»Kusnezow? Nikolaj Iwanowitsch?«, fragte Nicholas, der sich nun doch an den Vor- und Vatersnamen des »Fallschirmspringers« erinnerte.
Als habe Nicki einen guten Witz gemacht, brach Cäcilia Abramowna in Lachen aus, entgegnete aber:
»Nein, so romantisch auch
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