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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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Gynäkologin untersucht und daraufhin zum Kinder- und Jugendnotdienst gebracht. Landsberg hatte das gesamte Team zu einer Besprechung zusammengerufen, da die Täterschaft von Moll nach den Aussagen von Lene ernsthaft in Frage gestellt werden musste. Nach einer zermürbenden Diskussion ließ sich der Chef von jedem Einzelnen noch einmal sämtliche Ermittlungsergebnisse vortragen, doch letztlich mussten sie sich eingestehen, dass sie nichts in der Hand hatten, was die Aufklärung der Mordfälle irgendwie vorantreiben könnte, zumindest nicht solange Moll weiterhin vernehmungsunfähig blieb.
    Erst im Morgengrauen waren sie auseinandergegangen, ratlos und demoralisiert. Nun war es acht Uhr früh am Dienstag, und Trojan wartete zusammen mit seinem Chef im Flur vor der Intensivstation des Krankenhauses Westend darauf, dass man sie zu Konrad Moll vorließ.

    Eine Schwester hatte ihnen mitgeteilt, der Patient werde gerade medizinisch versorgt. Sie sollten sich gedulden, aber auch nicht allzu viel Hoffnung machen, er sei nicht ansprechbar.
    Landsberg stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ob man hier rauchen darf?«
    Trojan versuchte es mit einem Grinsen. »Ich fürchte nicht, Hilmar.«
    »Vertrödeln wir unsere Zeit, was meinst du?«
    Trojan zuckte mit den Schultern. »Ich will ihm wenigstens noch einmal in die Augen schauen. Irgendwo dahinter muss doch die Wahrheit versteckt sein.«
    Landsberg spielte mit der Zigarettenpackung in der Hand.
    »Ich wünschte, er war es. Dann wären wir diesen Fall endlich los.«
    Er lief eine Weile auf und ab, drei Schritte in die eine Richtung, drei in die andere, dann blieb er dicht vor Trojan stehen. Unter seinen Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet.
    »Was sagt dir dein Instinkt, Nils?«
    »Frag mich nicht immerzu nach meinem Instinkt.«
    »Auf den war aber bisher immer Verlass.«
    Trojan atmete tief durch. »Er kann eine Maske getragen haben, eine Vogelmaske. Das würde erklären, dass Lene ihn nicht wiedererkannt hat, als er sie mit in seine Wohnung nahm.«
    »Ja, das ist auch meine Theorie. Warum schluckt jemand Glasscherben? Warum zerfetzt sich jemand die Speiseröhre? Wer tut sich das an? Doch nur wer von einer furchtbaren
Schuld erdrückt wird und seiner lebenslangen Haftstrafe entgehen will.«
    »Möglich, ja. Andererseits könnte Moll auch einfach selbstzerstörerische Tendenzen haben.«
    »Aber warum gerade in dieser Situation? Warum ausgerechnet während der Vernehmung, in dem Moment, da du ihn in die Enge getrieben hast? Erklär mir das, Nils, ich begreife das nämlich nicht.«
    »Vielleicht hat das einzig und allein etwas mit dem Mädchen zu tun.«
    »Du meinst, weil er ein Kinderschänder ist und die Konsequenzen gefürchtet hat?«
    »Ja.«
    »Es gab aber keinen sexuellen Missbrauch. Das geht doch aus dem Untersuchungsbericht der Gynäkologin hervor. Mein Gott, schlimm genug, dass man ein zehnjähriges Mädchen mitten in der Nacht dieser Prozedur unterziehen muss.«
    Trojan streckte seinen schmerzenden Rücken durch. Ihm fehlte Schlaf, unendlich viel Schlaf.
    »Und er ist auch noch nicht als Kinderschänder aktenkundig geworden.«
    »Ich weiß nicht, Hilmar, vielleicht hab ich ihn einfach zu hart angepackt.«
    »Hör auf damit. Okay, es waren nicht ganz erlaubte Vernehmungsmethoden, aber die hatten auch ihren Sinn, schließlich ging es um das Leben der Kleinen. Deswegen frisst doch keiner Glasscherben. Ich sag dir was, Nils«, er deutete mit der Hand zu der verschlossenen Stationstür hin, »dahinter liegt unser Täter, und wir können bloß hoffen,
dass er noch in der Lage dazu ist, ein Geständnis abzugeben, damit die Presse endlich Ruhe gibt.«
    Vor Trojans innerem Auge zuckten die geifernden Schlagzeilen aus den Boulevardblättern auf.
    DIE BESTIE AUS KREUZKÖLLN HAT WIEDER ZUGESCHLAGEN. WER IST DAS NÄCHSTE OPFER? WARUM UNTERNIMMT DIE BERLINER POLIZEI NICHTS?
    Zu seinem Glück war noch nichts von dem Vorfall mit Konrad Moll an die Öffentlichkeit durchgesickert, Landsberg schützte ihn, schirmte ihn ab, aber um das Ermittlungsverfahren kam er natürlich nicht herum.
    »Diesen Gefallen wird er uns nicht tun. Selbst wenn er es war, das wird er nicht tun.«
    »Scheiße.«
    »Er sprach von dieser Magda«, murmelte Trojan. »Die habe er sehr geliebt. Sie gab ihm Licht, so was in der Art hat er doch gesagt. Und das Mädchen –«
    »– hätte ihm das Licht wiedergegeben, ja«, fiel ihm Landsberg ins Wort. »Das ist doch Bullshit.«
    »Ich glaube, es geht um Phantasien, Hilmar.

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