Der Federmann
immer mehr in sich selbst zurück, und schließlich saß er in Gedanken wieder bei Lene auf dem Bett. Er sagte zu ihr, dass er sie an einen sicheren Ort bringen würde, und sie erwiderte etwas.
Er riss die Augen auf.
Was hatte sie zu ihm gesagt? Und was war das andere –?
Zwei Dinge, dachte er. Der Schlüssel.
Mit einem Mal sprang er auf und rannte los.
SECHSUNDZWANZIG
S ie verspürte einen Luftzug im Gesicht. Sie wollte den Kopf bewegen, aber er war zu schwer. Und nun hörte sie auch das trommelnde Vibrieren an ihrem Ohr. Es entfernte sich für eine Zeit, dann kam es wieder.
Sie wollte die Augen öffnen, doch es gelang ihr nicht. Ihr war, als lägen Gewichte auf ihren Augenlidern. Ihre Glieder waren wie Blei.
Etwas Weiches fegte über sie hinweg, berührte ihre Wangen. Sie wollte das nicht, aber sie konnte sich nicht wehren.
Ich muss aufwachen, durchfuhr es sie.
Endlich gelang es ihr, die Augen aufzureißen. Doch sie musste sie sofort wieder schließen, es war zu hell. Lichtblitze schossen in ihr Gehirn.
Da trommelte wieder etwas an ihrem Ohr, so nah, so laut.
Sie begann zu wimmern. Eine Zeit lang beruhigte es sie, ihre eigene Stimme zu hören.
Dann kam die Angst zurück, und wieder öffnete sie die Augen, diesmal langsamer, vorsichtiger.
Es war dicht über ihrem Kopf.
Es wirbelte herum, eine Feder löste sich und fiel auf sie herab.
Sie rang nach Atem.
Und dann sah sie den Vogel. Er flatterte durch den Raum, stieß immer wieder gegen die Wände.
Sie versuchte sich aufzurichten, doch etwas hielt sie zurück. Sie vernahm das Klirren von Metall.
Mit einem Mal war es still.
Sie musste sich konzentrieren, herausfinden, wo sie war.
Wenn sie die Augen zu schnell bewegte, verschwamm alles vor ihr, und ihr wurde schwindlig.
Sie schloss die Augen. Ihr war, als müsste sie fallen, hintenüberstürzen, also riss sie die Augen wieder auf.
Sie erkannte einen Vorhang. Durch einen winzigen Spalt fiel etwas Licht. Nicht weit von dem Spalt entfernt machte sie eine Bewegung aus.
Der Vogel hatte sich in dem Stoff festgekrallt und spreizte die Flügel. Sie sah, wie er nach Luft schnappte, erkannte das rote Gefieder und den schwarzen Kopf.
Schon sauste er weiter durch den Raum. Jana wollte die Arme heben, sie schützend vors Gesicht werfen, doch da war ein Widerstand. Sie hatte Schmerzen.
Plötzlich erinnerte sie sich an Franka. Sie sah all das Blut wieder vor sich.
Sie wollte schreien, doch sie brachte keinen Ton heraus.
Sie zuckte mit den Füßen, das Metall klirrte an ihren Gelenken.
Ich muss hier raus, dachte sie.
Der Vogel schoss auf sie herab.
Sie kniff die Augen zu.
Dann verlor sie das Bewusstsein.
Im Laufschritt holte er das Handy aus der Tasche und rief im Kommissariat an. Es brauchte eine Weile, bis er Stefanie Dachs am Apparat hatte. Gott sei Dank, dachte er, sie ist nicht zum Tatort gefahren, sondern gleich ins Büro.
»Stefanie, ich brauche ganz dringend ein paar Informationen. «
»Okay.«
Er schnaufte, rannte über die Hermannstraße hinweg.
»Geh ins Melderegister und check die Daten von Melanie Halldörfer.«
Er hörte, wie sie etwas auf der Tastatur ihres Computers eingab.
»Was willst du wissen?«
»Seit wann war die Halldörfer in der Fuldastraße gemeldet? «
Wieder das Klappern auf der Tastatur.
»Hast du es?«
»Moment. Hier. Sie hat sich am 1. 10. 2009 angemeldet.«
Treffer, dachte er.
»Und jetzt Michaela Reiter, Pflügerstraße.«
Es dauerte eine Weile.
Dann hörte er Stefanies Stimme am anderen Ende der Leitung.
»Sie wurde am 15.2.2010 gemeldet.«
Trojan verspürte ein Kribbeln, noch ein Treffer.
Er hatte seinen Wagen erreicht, schloss ihn auf, sprang hinein, startete und fuhr los.
Jetzt kommt es darauf an, dachte er.
»Was brauchst du noch?«
»Kannst du dir denken, oder?«
»Coralie Schendel?«
»Klar.«
»Warte.«
Er hörte, wie sie den Computer bediente.
Endlich kam die Antwort: »Sie wohnte seit dem 1.3.2010 in der Wrangelstraße.«
Er atmete tief durch. Er bog mit dem Wagen in die Karl-Marx-Straße ein.
»Das kann kein Zufall sein«, sagte sie. »Sie sind alle drei vor kurzem umgezogen.«
»Ich hoffe, dass es kein Zufall ist.«
Wir klammern uns an einen Strohhalm, dachte er. Und wieder tauchte Janas Gesicht vor seinem inneren Auge auf. Es war schmerzverzerrt. Er verscheuchte den Gedanken.
»Was ist mit Franka Wiese? Seit wann wohnte sie in der Mainzer Straße?«
»Moment.«
Nach einer Weile sagte Stefanie: »Das ist
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