Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
folgen.
Kilorn
versuchte die Stufen und Gänge zu zählen, durch die sie ihr
Weg führte. Er gab schon nach wenigen Minuten auf. Das war eine Festung. Mehr und mehr begann er den alten Spekulationen zu
glauben, ihr eigenes Phönixheimer Schloss sei nur ein
Sommerhäuschen für einen der Fürsten aus der alten
Zeit gewesen.
Schließlich
brachten die Korridore und Wendeltreppen sie in ein Turmzimmer mit
einem spektakulären Ausblick über die gesamte Festung und
ein gutes Stück Himmel. Das freundliche Rotgewand hieß sie
warten und lehnte sich hinter ihnen an die Wand, ließ sie
jedoch keine Sekunde aus den Augen. Es dauerte auch nicht lange, da
trat ein Mädchen ein und begrüßte sie förmlich.
Jaris.
Mit
ihren langen. honigblonden Haaren sah sie wirklich jung aus, jünger
noch, als die Dame es gewesen war.
Doch
ihre eisblauen Augen sagten ihm, dass der Eindruck täuschte. Das
hier war eine Anführerin, und sie war nicht zu unterschätzen.
"Kilorn
Frostblatt, aus Phönixheim."
Sie
sprach seinen Namen mit Bedacht aus, ließ ihn sich auf der
Zunge zergehen.
Er
wusste nicht viel von den Taktiken eines Anführers, es lag in
seiner Natur. Aber jetzt in dem Moment sprach sie Macht über ihn
aus, das war ihm sofort klar.
Macht,
die sie leider hatte. Er war auf ihre Hilfe angewiesen. Ohne sie war
er nichts in diesem Land.
Vielleicht
hatte Vargo recht, Phönixheim war ein bequemer Sitz gewesen.
Er
versuchte den Gedanken abzuschütteln.
"Wir
haben eines gemeinsam.", begann er ebenfalls mit Bedacht zu
sprechen, wählte seine Worte vorsichtig.
"Wir
lieben die Menschen und können nicht länger zusehen, wie
irgendwelcher Abschaum sie mit einem Schwert in der Hand in den Ruin
treibt. Ich habe dieses Land auf meiner Reise gesehen und ich muss
sagen, es ist schlimmer als befürchtet. Der Orden hat großartige
Dinge vollbracht, aber der Süden liegt noch immer in Trümmern
und ist den Wilden vollkommen ausgesetzt. Ich kann nicht länger
auf meiner Insel sitzen, ich will etwas tun."
Jaris,
die bislang aufmerksam zugehört hatte, hob nun die Hand, gebot
ihm Einhalt.
"Es
ehrt dich, dass du helfen willst. Erzähl mir, was das Volk von
dir hält. Wie haben sie auf dem Weg hier her auf dich reagiert?"
Vargo
regte sich neben ihm, doch Kilorn legte ihm eine Hand auf den
gepanzerten Arm und lächelte Jaris stattdessen offenherzig an.
"Es
stimmt schon, dass das Volk wenig Interesse an mir zeigt. Sie mögen
meinen Ochsen lieber als mich! Aber ich glaube, dass du von mir
profitieren kannst und die Menschen sich mit der Zeit daran gewöhnen
werden, dass es da jemanden gibt, der sich um sie kümmert. Der
Orden kann vieles, aber nicht alles. Ich möchte dir Arbeit
abnehmen. Dörfer strukturieren, stärken, vereinen. Nach
altem Muster! Ich habe viele alte Dokumente in meiner Burg auf
Phönixheim. Ich weiß, wie man ein Land ordnet, auch wenn
ich nie eins hatte. Das ist es, was ich dir zu bieten habe."
Das
Mädchen schien zufrieden, aber es fiel ihm schwer durch ihre
Maske von Professionalität zu blicken.
"Deine
Leute berichteten mir von dem Feigling Cyron und seinen Irren auf den
Türmen. Was gedenkst du dagegen zu tun?"
Er
widerstand dem Drang verlegen herum zu drucksen.
"Offen
gestanden, das ist der Grund warum wir hier sind. Wenn wir eines
nicht haben, dann sind das Krieger. Wir haben Vargo hier, wir haben
Kumrad und auf Phönixheim haben wir noch einen uralten Mann, der
schon mich trainiert hat, als ich noch ein Kind war."
Er
versuchte sich an einem verlegenen Lächeln, als König und
einem Mädchen dessen Großvater er hätte sein können
gegenüber kein leichtes Unterfangen.
"Wir
haben die Theorie und das Wissen, uns fehlen die Mittel sie
umzusetzen. Mir ist bewusst, dass du deine Geläuterten für
das Volk und zum Schutz deines Ordens brauchst, aber eine andere
Möglichkeit als einen Teil von ihnen zu einer kleinen Armee
zusammenzufügen sehe ich nicht. Vorerst sollten jedoch die
Dörfer gesichert werden. Noch wissen wir nicht, wie weit
fortgeschritten die Vorbereitungen des Feiglings sind."
Jaris
nickte, ihre Miene noch immer undurchdringlich.
"Mir
gefällt was du sagst. Eins aber noch, bevor ich mich auf eine
Zusammenarbeit einlasse. Es sind meine Geläuterten, es ist mein
Volk. Ich lasse zu, dass du mir bei der Rettung dieses Landes zur
Seite stehst, aber mehr auch nicht. Dieses Land hat unglaublich unter
Königen gelitten, ich werde nicht zulassen, dass sich die
Geschichte wiederholt."
So
sehr es ihm auch
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