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Der Feigling im Dunkeln (German Edition)

Der Feigling im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Feigling im Dunkeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Remy Unmensch
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simple Akt
des Laufens erforderte all seine Aufmerksamkeit und der Ort, an dem
sonst seine Gefühle sein sollten, war dumpf vor Angst.
    Den
Gang entlang, die Treppe hinauf, ein weiterer Gang und alles voll von
Fackeln und Licht und Rauch. Jedes Detail prägte sich tief in
sein Bewusstsein ein, seine letzten Momente.
    Sie
führten ihn auf den Hof, die Sonne schien im Begriff zu sein
aufzugehen. Sie schritten durch die Massen von Novizen und
Ordensleuten und Geläuterten und anderem Abschaum hindurch und
hinauf auf ein Podest.
    Dort
angekommen schickte sich Wilhem an ihn mit einem Tritt in die
Kniekehle in die Knie zu zwingen, aber er knickte schon vorher vor
Schwäche ein.
    Den
Kopf zu heben wagte er kaum, er hörte die Schreie, Hohn und
Spott, die zu ihm herauf schallten.
    Wäre
er nicht schon am Boden, der geballte Hass, den sie ihm entgegen
warfen, hätte sicherlich dafür gesorgt.
    Dann
kamen die Ketten. Der Ring an seinem Hals wurde entfernt, er zuckte
ob des Verlusts des letzten bisschen Sicherheits, dass seinen Hals
beschützt hatte. Sie zerrten ihn noch ein Stück zurück,
bis er eine Säule an seinem Rücken spürte. Dann wanden
sich die neuen Fesseln schon um seinen Oberkörper, banden ihn
mit unnachgiebiger Härte an den groben Stein. Wilhem kniete sich
neben ihn, riss seinen Kopf ein weiteres mal an den Haaren nach
hinten und präsentierte seine hilflose Kehle der johlenden
Menge.
    Jetzt
kam die Angst. Von einem Lidschlag auf den nächsten war sie da,
griff nach ihm und hielt ihn fest. Hitze und Kälte rauschten
über ihn hinweg, Schweiß und Blut rannen seinen Körper
hinab.
    Er
hörte sich betteln und flehen, sah Jaris, wie sie die
Brennstange aus dem Feuer nahm und langsam auf ihn zu kam.
Bedrohlich. Sie genoss jeden Schritt, ergötzte sich an seiner
Hilflosigkeit.
    Als
das weißglühende Eisen sich seiner Kehle näherte
rauschte sein ganzes Leben an ihm vorbei.
    Kein
schönes Leben, sicherlich. Er sah die Gesichter, die zu den
Händen gehörten, die sich jede Nacht nach ihm ausstreckten,
ihn zurückzuholen versuchten.
    Er
wusste nicht, was ihn letztendlich mehr in den Wahnsinn trieb. Die
Hitze, die dieses Instrument ausstrahlte, oder die Bilder, die sich
von innen aus ihm heraus fraßen.
    Er
hörte sich schreien, die Stimme troff vor Angst. Seine
aufgerissenen Augen sahen nichts mehr, sein Schrei riss seine Kehle
entzwei noch bevor die Stange aufsetzte.
    Er
spürte die Ketten, die ihn in Position hielten, sich in sein
Fleisch gruben, und die Hände, die ihn an den Schultern gegen
die Wand drückten, Wilhems Griff in seinem Haar.
    Rauer
Stein, noch kühl von der Nacht, rieb an seiner Haut. Jede
Einzelheit brannte sich ihm ins Gedächtnis, er saugte es
förmlich auf. Gleich
töten sie mich, gleich höre ich auf zu existieren.
    Als
es soweit war, stürzte der Himmel ein.
    Der
Schmerz war so intensiv, so heiß, dass er ihn beinahe
übermannte. Er spürte die Schwäche, die Schwärze,
die Besitz von ihm ergriff und drohte ihn sinken zu lassen.
    Nein! Das würde er nicht zu lassen. Er würde da bleiben, in
diesem Körper, seinem Körper. Sie würden ihn nicht
austreiben, nicht mit Feuer, nicht mit einem widerlichen Brandmal.
Niemals. Er schrie mit all seiner Kraft.
    Dann
schluckte es ihn, das große Schwarz.

    Als
er erwachte lag er auf dem Rücken. Er spürte keine Fesseln
mehr. Akios kniete über ihm, betüpfelte seine Kehle mit
einer süßlich riechenden Flüssigkeit.
    Um
sie herum standen die anderen wichtigen Ordensmitglieder. Der andere
Söldner, das Mädchen, die Zwei und der alte Mann.
    Atmen
schmerzte, Schlucken ebenfalls. Das war noch da, Schmerzen. Seine
Sicht war verschwommen. Tränen. Woher? Wann hatte er geweint?
    Er
erinnerte sich nicht.
    Sein
Mund war trocken, die Kehle rau. Hatte er geschrien? Er muss
geschrien haben.
    Er
versuchte den Kopf zu schütteln. Erinnere
dich .
Es half nichts.
    In
sich war noch immer diese samtene Dunkelheit, die ihn so willig
empfangen hatte als er fiel.
    Wo
bin ich?
    Nichts
als Dunkelheit. Die Figuren entfernten sich, ihre Stimmen waren matt
und gedämpft. Gehe
ich oder gehen sie? Er konnte nicht einmal das sicher sagen.
    Das
einzige, was er neben dem Schmerz noch als sicher empfand war die
Gleichgültigkeit. Mit einem Schlag wurde sie ihm bewusst. Das
alles, es war ihm gleich.
    Wo
war er? Wer war er? Was würde passieren? Egal. Das einzig
sichere war ein dumpfer Schmerz quer über seiner Kehle. Er
spürte ihn mit jedem Atemzug, bei jedem Schluck. Schmerz,
Beweis

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