Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
meiner Existenz.
Zwölf–
Die Geschichte Harloks
Chime
Jai zu Harlok von Wun kannte keine Skrupel. Um genau zu sein
existierte solch ein Wort in seiner Sprache nicht. Es fiel in einen
Bereich mit Schwäche, und die kannte Harlok noch weniger.
Sein
Herz sang, um es mit den blumigen Worten der Wun auszudrücken,
als er nun sein neues Domizil bezog, das er sich mit seiner
Skrupellosigkeit erkauft hatte.
Es
mussten gleich dutzende Rekorde in einem sein.
Der
erste, der vom Weg der Ewigen bis hin zum Kopf aufstieg.
Das
erste Mischblut im Amt des Höchsten.
Der
erste, der einen vorherigen Höchsten als gemeinen Mörder
entlarvte und der großartigen Kaiserstadt Tep die Schande
ersparte, von solch einem Unhold verwaltet zu werden.
Wohlwollend
strich er über die polierten Hölzer aus dem Süden, die
hier die Wände bedeckten.
Tragisch,
dass er das Leben seiner einzigen Tochter einbüßen musste.
Ein absolut selbstloses Opfer zur Errettung der Stadt.
Der
Ausblick war atemberaubend. Meer, soweit das Auge reichte. Nirgendwo
im Palast würde man ein Fenster finden, das nicht nach Osten
zeigte. Niemand hier wollte den Dreck, den Abschaum der niederen
Massen sehen.
Gottgleich.
Harlok lachte leise. Ja, er war gottgleich.
Doch
er hatte nicht viel Zeit zu verschwenden, die Tagesgeschäfte
würden nicht auf ihn warten und wenn er es nicht schaffte, sein
Amt innerhalb kürzester Zeit zu meistern, würde er
schneller fallen als je einer zuvor.
Sie
hatten ihn gewählt, doch es war eine Entscheidung voller Risiken
gewesen, dessen waren sie sich alle bewusst und niemand würde
zögern, den Fehler zu bereinigen, sollte sich Harlok als solcher
herausstellen.
Es
dauerte nur wenige Tage, als Harlok unter den zahlreichen kleinen
Spielchen am Hof einen großen Fisch erwischte.
Er
hatte das Gespräch nicht hören sollen, dennoch war er zur
rechten Zeit am rechten Ort gewesen und es war ihm undenkbar, dass
zwei mächtige Männer so unachtsam sein konnten.
Er
traute der Information kein bisschen, die er hier vernahm.
Einer
der beiden war der Minister Emrich Fuchsborn, ein Frostblatt und für
den Handel zuständig. Er war einer der großen Verwalter
des Kronarchipels, kaufte und verkaufte und profitierte gnadenlos.
Nun stand er hier hinter einem Vorhang und nickte bedächtig,
während sein Gegenüber einen wahren Wasserfall über
ihn hinweg rauschen ließ.
Der
andere, niemand anders als der höchst Konsul, Hal Lintae zu Wun.
Der
Mann, der nur wenige Jahre zuvor den Kaiser durch einen Putsch
gestürzt und sich auf seinen Platz gesetzt hatte.
Einen
wie ihn erwischt man nicht so einfach bei etwas. Und einer wie er
redete nicht mit solch einer Dringlichkeit auf einen seiner Minister
ein, mit Angst in der Stimme.
Harlok
traute dem nicht, doch er ging näher, lauschte. Was auch immer
sie ihn wissen lassen wollten, Schlüsse könnte er immer
daraus ziehen.
Als
er nah genug war, um das Gesprochene verstehen zu können, musste
er ein Lachen zurück halten.
Es
ging um den alten Plan, den uralten, nach dem Offizielle von Wun
versuchten Frostblatt und Kaza gegeneinander aufzubringen.
Das
war, worum es immer ging, und es gelang nie.
Zu
groß war der Hass beider Länder auf Wun in ihrer Mitte.
Die
Art und Weise, in der die beiden es nun versuchen wollten, ließen
ihn jedoch aufhorchen.
Der
alte Spielstein wurde ausgegraben, das Kronarchipel. Immer war es das
Bestreben eines Staates dort so viel Land wie möglich zu
besitzen. Die Idee der Männer, große Landmassen in
absoluter Geheimhaltung an sowohl Kaza als auch Frostblatt zu
verkaufen, sich so deren Unterstützung zuzusichern und sie
gegeneinander in den Krieg ziehen zu lassen war so offensichtlich,
dass man solch eine Strategie nie im Leben von einem Wun erwarten
würde.
Es
könnte funktionieren.
Und
nun war klar, warum dieses geheime Gespräch in seiner
Anwesenheit gehalten wurde. Sie brauchten seine Unterstützung,
oder sein Schweigen.
Harlok
hatte genug gehört und kehrte in seine Gemächer zurück.
Dort
angekommen ließ er einen Diener einen Sklaven für ihn
kaufen, ihm den Mund zu nähen und schickte das verängstigte
Ding als Geschenk zum Konsul.
Das
war das Zeichen, die Zusicherung seines Schweigens.
Nicht
aber, seiner Zurückhaltung. Er würde beobachten, warten.
Seine
Zeit würde kommen.
Harlok
konnte ein triumphales Lächeln nicht unterdrücken.
Das
hier würde interessant werden.
Nur
wenige Tage waren vergangen, als er auf ihn zu kam.
Er war ein
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