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Der Feigling

Der Feigling

Titel: Der Feigling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Schwein!«
    Der Feigling lehnte sich zurück,
grinste häßlich. »Großartig, mein Lieber! Völlig richtig! Besoffen. Sie werden
das nicht schaffen, wenn Bärbelchen Ihnen kein Geld gibt! Halten Sie nur bald
um ihre Hand an! Dann ist alles geregelt. Der Papa sucht einen Schwiegersohn.
Ich schreib’ ihm, es wäre einer da!« Er stand auf, schwankte leicht.
»Wiedersehen, Bärbelchen! Vergiß nicht, für den Herrn zu bezahlen! Unser Wirt
hat das nicht gern!«
    Jens sprang auf. Seine Hand schoß vor,
packte den Feigling an der Jacke. »Komm raus mit mir, du Armleuchter! Raus auf
die Straße! Dann zeig’ ich dir...«
    Alle sahen auf. Der Wirt ging mit
schnellen Schritten zur Box, stellte ab. »Schluß! Hier wird nicht gerauft!
Auseinander!«
    »Lassen Sie mich los!«
    Der Feigling hatte einen ängstlichen
Gesichtsausdruck. Barbara zitterte. Sie gönnte ihm die Niederlage, gönnte ihm
Prügel, alles.
    »Ich will hier nicht raufen«, sagte
Jens mühsam. »Ich will, daß der Kerl mit rauskommt und schnell, wenn’s geht!«
    Der Feigling versuchte, die Hand
abzuschütteln, die seine Revers zusammenhielt. »Hau ab!«
    »Los!« Zahmeis kreischte wie ein
Besessener. »Vernichte ihn! Einen Uppercut! Battling Levinsky, der Weltmeister
im Halbschwergewicht! Kämpfte zwanzig Runden wie ein Sturmwind! Das Blut
rieselte ihm über die Brust! Fritz! Bier! Nee, ich hab’ ja noch eins!«
    Der Feigling drehte sich ab, wollte die
Hand wieder wegdrücken, wollte die Theke erreichen, um in Sicherheit zu sein.
Da schlug Jens zu. Die Faust traf den Feigling genau auf den Mund. Er taumelte
zurück, fiel gegen die Kante der Theke. Schulz wich zur Seite. Jens warf sich
nach vorne, er war jünger, besser trainiert, größer als der andere. Der
Feigling wehrte sich nicht, es sah aus, als wollte er den Kopf zwischen die
Hände nehmen. Widerlich.
    Jens schlug noch einmal mit der Linken.
Der Feigling wich aus, der Schlag traf sein Gesicht nicht voll, aber er fiel
herunter auf ein Knie.
    »Hoch«, schrie Fuchs. »Hoch, Jakob! Gib
ihm!«
    Aber Hase kam nicht hoch. Jetzt sah
Barbara es deutlich, er wollte unten bleiben, wollte sich nicht wehren. Das war
der Mann, mit dem sie sich abgegeben hatte. Sie spürte nicht, wie sie
aufgesprungen war und Jens anfeuerte.
    Der Junge riß den Feigling hoch, wieder
an der Jacke. Der Stoff riß. Hase kam auf die Füße, mit krummen Beinen. Jens
schlug mit aller Kraft zu, mitten in das linke Auge. Jakob Hase flog
hintenüber, gegen einen Stuhl des Tisches, an dem sie gesessen hatten. Er blieb
auf der Seite liegen, die Hände vor dem Gesicht, er bewegte sich nicht. Durch
den Spalt seiner Finger fing er einen Blick auf, mühsam, sein Auge schloß sich.
Er hatte es richtig gemacht, er mußte unten bleiben.
    Jens atmete keuchend. Es war wieder so
still wie am Anfang, als sie gekommen waren, niemand bewegte sich, niemand
grölte mehr. Barbara bekam Furcht. Wenn sie über Jens herfielen, sie waren
fünf, vier ohne den wackligen Zahmeis, sie konnten ihn zusammenschlagen.
    Nichts geschah. Keiner regte sich,
jeder blieb stehen und sitzen, wo er war. Der Feigling lag am Boden, aber
niemand ging zu ihm, niemand half ihm. Sie ließen ihn im Stich, sie waren
Feiglinge wie er.
    »Jens«, sagte sie, »wir gehen.«
    Er rückte seinen Schlips gerade, sah im
Kreise herum. »Ja. Darf ich zahlen, Herr Wirt?«
    Barbara sah die Gesichter. Keins von
ihnen sah drohend oder bösartig aus, aber das machte alles unheimlich, völlig
unwirklich, ganz anders, als sie es schon erlebt hatte. Der Wirt sprach leise
mit Jens, er rechnete, gab Kleingeld heraus. Sie sah Schulz hinter einer Wolke,
sein Gesicht war nicht finster, fast wohlwollend. Sie hörte ihn sprechen.
    »Nun... ich muß sagen... der junge
Freund ist ein Kämpfer. Unser Mann hat verloren.« Er löste sich von der Theke,
kam zu Barbara, sie fühlte seinen Arm an ihrer Schulter und roch den Rauch.
»Nimm’s leicht, mein Kind! Er hat den Namen mit der Tat! Er heißt Hase und ist
einer. Ein Angsthase. Er kann nichts dafür!«
    »Ich weiß«, sagte Barbara. »Danke, Herr
Schulz.«
    Jens kam zu ihr. Er lachte wieder. Er
war der Sieger. »Auf Wiedersehen, meine Herren. Auf Wiedersehen, Herr Wirt.
Selten so ein gemütliches Lokal betreten. Grüßen Sie Herrn Hase von mir, wenn
er aufwacht. Beefsteak soll gut sein fürs Auge.«
    Sie gingen hinaus. Barbara sah die
Schuhe und die Absätze des Feiglings, mit schiefen Kanten. Bloß fort hier. Sie
riß die Tür auf. Schulz deklamierte

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