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Der Feigling

Der Feigling

Titel: Der Feigling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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nahezu erfüllt zu sein! Nahezu erfüllt!
Stehe im Falle gerichtlicher Weiterungen zur Verfügung! Gern zur Verfügung!«
    Der Wirt war zum Tisch getreten. »Was
möchten Sie trinken?«
    Der junge Mann sah Barbara an. »Wollen
wir?«
    Die Brille blitzte. »Ich denk’ schon,
junger Herr. An Gästen, die nur dahocken und die Luft verbrauchen, hab’ ich
kein Interesse.«
    »Zwei Bier und zwei Doppelte«, sagte
Barbara.
    Jens nickte mit ehrfürchtiger Miene.
»Donnerwetter! Wirklich ein anheimelnder Ort! Er hat recht. Wo die Luft hier so
knapp ist!«
    Zahmeis kreischte wieder auf. »Fritz! Ein
Bier! Ich will einen Verachtungsschluck trinken! Ein fremder Mensch an ihrer
Seite! Haha! Vierspännig werde ich ihn zu Tode schleifen lassen. Vierspännig!
Von vier erlesenen Hengsten! Jawohl!«
    »Ach, halt die Fresse«, murmelte der
Feigling.
    »Nein!« schrie der kleine Fuchs. »Recht
hat er! Ehebruch! Laß dich scheiden!«
    Der Anwalt fuchtelte mit seinem Glas
vor den Augen des Feiglings herum, vergoß Schnaps auf den Fußboden. »Bin
bereit, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen! Gegen Vorschuß, selbstredend! Wenn
ich meinen Mund nur aufmache, kostet es dich bereits hundert Mark!«
    »Mach ihn zu«, sagte der Feigling.
    Schulz wandte das Haupt mit Löwenblick.
»Du läßt es dir gefallen, daß sie mit diesem Embryo hier erscheint?«
    »Ist mir scheißegal.« Der Feigling
lallte etwas. »Fritz... Doppelten!«
    Der Wirt war am Tisch, stellte Bier und
Schnaps vor Barbarba und den jungen Mann. »Wohlsein!«
    »Vielen Dank, Herr Wirt«, sagte Jens
höflich. »Vielen Dank.«
    Wuck sah ihn nicht an und gab keine
Antwort. Sie stießen die Gläser zusammen. Barbara trank in einem Zug aus.
    »Ich mach’ ein bißchen Musik«, sagte
Jens leise. »Vielleicht fangen sie an zu tanzen.« Er stand auf und suchte an
der Box nach den Nummern, die er spielen wollte.
    Der Feigling sah ihn stehen, er blickte
zum Tisch. Barbara saß allein. Da nahm er sein Schnapsglas in die Hand und ging
unsicher auf sie zu.
     
    *
     
    Der Feigling blieb an Barbaras Tisch
stehen, unsicher, zögernd. Sie sah, wie er den Stuhl zurechtzog und
daraufrutschte.
    »Sieh da«, rief der Anwalt, »sieh da!
Er faßt sich ein Herz! Vielleicht gelingt es, das Paar zu versöhnen!«
    »Denk an den Vorschuß!« plärrte Fuchs,
der Steuerberater. Der Feigling achtete nicht auf sie. »Bist — bist du noch
    bös?«
    Seine Hand verfehlte die ihre.
    »Nein. Ich bin gar nichts mehr.«
    »Warum bist du gekommen?«
    Die Musik setzte ein. Nicht sehr laut,
aber sie übertönte ihre Stimme und die Stimmen der anderen.
    »Ich wollte euch vorführen.«
    »Dem da?«
    Jens war zurückgekommen. »Hallo,
Alterchen! Sie sitzen auf meinem Platz!«
    »Da ist noch ein Stuhl«, sagte der
Feigling.
    »Hat Sie jemand gebeten, sich
hierherzusetzen?«
    Der Feigling musterte ihn unter
schweren Lidern. »Sie sind Jens?«
    »Zu dienen, der Herr. Jens Zieler. Darf
ich meine Frage wiederholen?«
    Der Feigling nickte schwerfällig. »Sie
dürfen. Niemand hat mich gebeten. Man tut oft was, worum man — nicht gebeten
worden ist. Wer zum Beispiel hat Sie gebeten, so einen niedlichen Brief an
Barbaras Vater zu schreiben? Wer?«
    Die weichen Linien im Gesicht des
jungen Mannes verschwanden. Alles wurde härter, auch seine schmalen Hände. »Sie
werden furchtbar lachen, wie ich annehme. Mein Gewissen, wenn Ihnen bekannt
sein sollte, was das ist.«
    Der Feigling lachte furchtbar. Tränen
von Schnaps liefen aus seinen Augen und zerstoben auf der Tischplatte. »Ach,
nein. Das hab’ ich mir gedacht! Das Gewissen! Ich würde eher sagen: Klein Jens
hat ein bißchen gepetzt! Er war eifersüchtig und wollte sich wichtig machen,
weil er abgefahren ist bei diesem niedlichen Kind! Und das Ganze läuft unter
Gewissen. Heiliger Jakob, bitte für mich!«
    »Das wird auch nötig sein«, sagte Jens
drohend. »Verschwinden Sie von unserem Tisch!«
    Der Feigling hörte schlagartig auf zu
lachen. »Unserem Tisch? Verschwinden Sie aus unserem Lokal, Sie Frühgeburt!
Nehmen Sie die hier mit und schreiben Sie einen neuen Brief, wie recht Sie doch
gehabt hätten...«
    Zieler wollte aufspringen.
    Barbara hielt ihn fest.
    »Jens!«
    »Laß nur«, sagte er zwischen den Zähnen
hindurch. »Es paßt prima, dem Herrn Hase beizubringen, was er ist. Ein
verdammter Schürzenjäger, der mit seiner Glatze immer noch hinter Mädchen
herrennt und sie dann sitzenlassen möchte! Ein Feigling, der sich drückt, wenn
es soweit ist! Ein besoffenes

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